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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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mehr teilnehmen — dies geschieht im Alter von 28 bis 30 Jahren — nicht mehr, verzichten auf eine Bemalung ihres Körpers und gehen auch nicht mehr unbekleidet. Wozu sich schmücken, wenn die Schönheit nachläßt, sagen sie. Selbst wenn sie auch nur eine kleine Krankheit haben, vielleicht einen Schnupfen, bekleiden sie sich. So auch die Mädchen. Entdekken sie, daß sie schwanger sind, tragen sie ein Lendentuch und werden nie wieder unbekleidet gehen. James Faris schreibt: «Es gibt keine Gesetze, die es den Älteren verbieten, nackt zu gehen oder sich zu schmücken. Wer es aber trotzdem versucht, läuft Ge fahr, ausgelacht zu werden. Ihr Ideal ist der gesunde und schöne Körper.» Ein Mädchen, das sich nicht eingeölt hat, fühlt sich nackt und kann darum am Dorfleben nicht teilnehmen, nicht einmal am Dorftanz, der fast jeden Abend in der Dämmerung stattfindet. Ebenso ist das mit dem Gürtel, den sie tragen. Man wird niemals ein Mädchen oder einen Mann ohne einen Gürtel sehen, auch wenn er nur aus einer Schnur und einem Palmenblatt besteht. Ohne Gürtel fühlen sich die Nuba «nackt» und schämen sich.
      Das Wissen der Nuba über den menschlichen Körper ist so differenziert, daß sie für jeden Muskel, für jede Körperhaltung einen anderen Namen haben. Die Vielzahl ihrer Worte dafür übertrifft bei weitem unseren Wortschatz. Für jede Schulter- und Bauchhaltung haben sie andere Namen. Ob beim Hocken die Fersen auf dem Boden haften oder der Körper nur auf den Zehen ruht, ob der Bauch eingezogen ist oder nach vorn gewölbt, ob die Schultern hängen, breit oder schmal sind, das alles bewerten sie. Es ist völlig ausgeschlossen, einen Nuba oder eine Nuba-Frau mit einem Fettansatz zu sehen. Sie finden das häßlich. Es ist ein Kult, den Mädchen wie Männer mit ihrem Körper treiben.
      Ihre Lieblingsbeschäftigung ist der Ringkampf, der ihnen als Vorschulung für die sehr viel härteren und gefährlicheren Messerkämpfe gilt. Die Kämpfe sind fair, aber hart und werden von Dorf zu Dorf ausgetragen — niemals untereinander. Es gibt auch große Kampffeste, zu dem alle drei Dörfer, mehr gibt es bei den Südost-Nuba nicht, ihre besten Kämpfer entsenden — eine uralte Sitte dieses Stammes. Diese Kampffeste stehen in engem Zusammenhang mir ihrem Liebesleben. Je besser ein Kämpfer ist, um so größer seine Chancen. Die Sieger genießen ein so hohes Ansehen, daß sogar verheiratete Frauen mit ihnen schlafen dürfen, wenn sie von diesem Mann ein Kind haben möchten. Der Ehemann wird es annehmen und wie sein eigenes aufziehen. Im übrigen verläuft auch hier die Ehe nach strengen Regeln. Wenn ein Mann ein Mädchen heiraten will, muß er für die Familie des Mädchens acht Jahre bis zur Heirat auf deren Feldern mitarbeiten. Trotz der strengen Regeln war die freie Liebe weit verbreitet, aber nur heimlich, wie bei den MasakinNuba.
      Ungewöhnlich bei diesem Stamm ist auch, daß nicht der Mann das Mädchen zur Frau wählt, sondern das Mädchen den Mann. Dies geschieht jährlich bei den kultischen Liebestänzen, die meist wenige Stunden nach den großen Kampffesten stattfinden. Ich er innerte mich an den Tanz, den ich vor einem Jahr in Fungor gesehen hatte, nach dem die Mädchen ihre Beine auf die Schultern der Männer gelegt hatten.
      «Werde ich einen solchen Tanz hier zu sehen bekommen?» fragte ich Jabor.
      «Wenn die Leute von den Feldern zurück nach Kau kommen, schon.»
      «Wann wird das sein?»
      Jabor zuckte die Achseln und sagte: «Bald.»
      Aber sie kamen und kamen nicht. Auch der sooft angekündigte Kampf zwischen Nyaro und Fungor fand nicht statt. Um uns diesen Kampf nicht entgehen zu lassen, fuhren wir von nun an jeden Tag nach Nyaro. Dort hieß es, es wären noch zu viele Kämpfer aus Fungor bei der Feldarbeit.
      Täglich kletterte das Thermometer höher und hatte schon 38 Grad im Schatten erreicht. Das stundenlange erfolglose Warten hinter den heißen Felsen zermürbte uns allmählich. Wir verloren jeden Appetit und spürten nur Verlangen nach Wasser. Für die Zubereitungen der Mahlzeiten waren wir zu abgespannt. Das Schlimmste aber war, seit drei Wochen warteten wir vergebens auf Suliman mit seinem Lastwagen. Ohne den Wagen und den Ersatzteilen sowie Benzin konnten wir nicht zurückfahren. Als ich Fieber bekam und das Wetter sich plötzlich veränderte, die Sonne verschwand und der Himmel sich bewölkte, wurde mir schlagartig die Gefahr der Isolierung bewußt. Als ein mit

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