Memoiren 1945 - 1987
seitdem weiß ich, daß Bienen in den Rauch fliegen und dabei sterben. Mit Schrecken fielen mir die nahebei stehenden Benzinkanister, die Gaspatronen und der ausgetrocknete Strohzaun ein! In Sekunden stünde unser Lager in einem Flammenmeer. Als wir uns aus den Decken wickelten und ins Freie taumelten, hing an einem Baumast ein Bienenschwarm, einen Meter lang, unter den Tute und zwei andere Nuba brennende Strohfackeln hielten. Der Boden war mit toten Bienen übersät, zahllose flogen noch wie irre herum. Wir alle bekamen schmerzhafte Stiche ab und waren erst von den Bienen befreit, als die Sonne unterging.
Die Unglücksserie schien nicht abzureißen. An einem Morgen während des Frühstücks geschah das Unglück. Plötzlich ein Knall, Flammen an unserem Baum, und schon brannten meine Kleider, die dort auf einer Leine hingen. Mit Decken und Sand konnte Horst das Feuer ersticken. Unser Gaskocher, längst abgestellt, war explodiert. Keine Stunde später lief ich innerhalb unseres Lagers mit dem Kopf gegen einen tiefhängenden Baumast und trug eine Gehirnerschütterung davon. Während Horst, der sich beim Löschen des Feuers die Hand verbrannt hatte, mir Kompressen um den Kopf legte und Kamillenumschläge auf die anschwellenden Augenlider, hörten wir das Herankommen großer Wagen. Sie hielten unmittelbar vor unserem Zaun. Horst schaute durch das Stroh und sagte: «Wir bekommen Besuch. Draußen stehen zwei Unimog-Fahrer, scheinen Touristen zu sein.»
Wie kamen um alles in der Welt Touristen hierher? Horst ging hinaus, um mit den Fremden zu reden. Später erzählte er mir, es seien nette Leute, die durch die Indiskretion eines Beamten erfahren hätten, wo wir arbeiten. Sie wollten mich besuchen.
Einige hatten auch den Bericht der «Neuen Zürcher» gelesen und das Büchlein des amerikanischen Wissenschaftlers James Faris, der vor Jahren ein bemerkenswertes, mit Farbfotos illustriertes Buch über die Südost-Nuba herausgegeben hatte. Nun waren sie enttäuscht, daß sie die bemalten Nuba nicht zu sehen bekamen. Am
nächsten Tag fuhren die Unimog-Fahrzeuge wieder ab.
Wir waren sehr unglücklich über diesen Besuch, nicht nur weil er uns in der Arbeit gestört hatte. Jetzt erschienen auf einmal allerlei Kinder und auch Erwachsene mit großen Geldscheinen, die wir wechseln sollten, und wir erfuhren, was die Touristen angerichtet hatten. Tute berichtete, die Fremden hätten mit Geld versucht, die scheuen Nuba vor ihre Fotoapparate zu locken. Für uns eine Katastrophe. Mit Geld bekommt man nur gestellte Fotos, und wenn man einmal damit bei Eingeborenen anfängt, ist es für einen Fotografen für immer aus. So war das mit den Masai und anderen afrikanischen Stämmen.
Da zur Zeit in Kau kaum etwas zu fotografieren war, besuchten wir Nyaro. Hier sah ich wieder die hübschen eingeölten Mädchen, aber sie liefen, wenn sie uns sahen, wie scheue Gazellen davon. Überraschenderweise waren hier die Nuba nicht so zahlreich auf den Feldern und glücklicherweise auch noch nicht durch häßliche Bekleidung entstellt. Ich atmete auf, es gab noch Hoffnung für unsere Aufnahmen.
Als ich in Nyaro den ersten Versuch zu fotografieren machte, kam ein älterer Mann auf mich zu. Wenn ich auch seine Sprache nicht verstand, begriff ich, daß er Geld wollte, denn «krusch» bedeutet arabisch «Geld», und ohne zu zahlen dürften wir hier nicht aufnehmen. Bei «meinen» Nuba hatte ich das nie erlebt. Wir wollten aber kein Geld geben, verabschiedeten uns freundlich und sagten nur «bukra», was «morgen» heißt.
Das hatten die Touristen angerichtet, für uns eine schwierige Lage. Als ich den Vorfall mit dem Omda besprach, lächelte er nur und erzählte, die Touristen mit dem Unimog wären keineswegs die ersten gewesen, schon vorher waren welche hier, die für Fotos den Nuba Geld gegeben haben. Auch James Faris, sagte er, hat ihnen für seine Tonbandaufnahmen Geld gegeben.
Der Omda kam auf einen guten Ausweg: Er fuhr mit uns nach Nyaro, und bald saßen wir mit einigen der «Ältesten» und Unterhäuptlingen in einer Nuba-Hütte beisammen. Bevor er auf unser Anliegen zu sprechen kam, wurde Marissebier herumgereicht. Dann zeigte er die Schriftstücke, die ich ihm übergeben hatte, dem Häuptling. Ich konnte nicht erkennen, ob er imstande war, die arabische Schrift zu lesen, aber ich sah, daß er beeindruckt war. Bedächtig wurden die Briefe herumgereicht, und die Mienen der anwesenden Männer hellten sich auf. Die
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