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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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Mohamed, das uns vor eine schwere Entscheidung stellte. Er hatte die Hoffnung auf einen Wagen aufgegeben, nachdem er in seinem Radio, mit dem er Khartum empfangen konnte, gehört hatte, daß es dort zu politischen Veränderungen gekommen war, die für uns ernste Folgen haben könnten. Der Außen- und der Innenminister, deren Unterstützung uns erst den Aufenthalt in Kordofan ermöglicht hatte, schienen andere Posten erhalten zu haben. Einige Generale waren entlassen worden. So konnte es sein, daß der General, an den ich meine SOS-Briefe geschickt hatte, gar nicht mehr in El Obeid war und darum der LKW nicht zurückgekommen war. Eine schreckliche Lage! Die Regenzeit konnte sich jederzeit einstellen, wie wir das schon erlebt hatten. Hier konnten wir nicht bleiben, aber wir kamen auch nicht fort. Mohamed hatte gerade noch soviel Benzin für den Landrover, daß er mit etwas Glück die kleine Ortschaft Abu Gubeiha, etwa 130 bis 140 Kilometer nördlich von uns, erreichen konnte. Dort hoffte er Benzin für die Fahrt nach El Obeid zu bekommen. Mohamed allein fahren zu lassen, hatte wenig Sinn, ich mußte mitfahren, um in Abu Gubeiha Hilfe zu erhalten. In jedem Fall mußte Horst in Kau bleiben. Niemals hätten wir es riskieren können, unser Lager mit den Kameras und dem wertvollen Filmmaterial allein zu lassen.
      Ich nahm Proviant für einige Tage und einen großen Kanister gefilterten Wassers mit, dazu eine Taschenlampe, Medikamente, meinen sudanesischen Paß und vielleicht das Wichtigste — die schriftlichen Genehmigungen der sudanesischen Regierungsstellen. In zwei Tagen wollte ich zurück sein. Für den Fall von Autopannen nahm ich auch diesmal zwei Nuba-Männer mit. Schon nach drei Stunden Fahrt krachte der Wagen, obgleich Mohamed sehr vorsichtig fuhr. Die Feder war gebrochen. Vergeblich suchte ich in der Steppenlandschaft einen schattigen Platz. Die Sonne brannte gnadenlos.
      Nach knapp zwei Stunden konnten wir langsam weiterfahren. Kurz vor Dunkelheit trafen wir, aufatmend, in Abu Gubeiha, einer kleinen Stadt mit einigen tausend Arabern, ein, wo es Polizei, einen Distrikt-Offizier, ein Postamt, einen Markt und ein Hospital gab. Mit Bestimmtheit hoffte ich, hier Benzin, Petroleum und Ersatzschläuche zu bekommen und vor allen Dingen telefonisch oder telegrafisch beim Gouverneur in El Obeid einen Wagen anfordern zu können. Ich bekam ein Bett im Resthouse, in dem auch die Beamten wohnten. Wenn einer der Männer sich waschen wollte, mußte er durch das Zimmer gehen, in dem ich schlief. Alle Araber waren ungemein freundlich und versprachen gestenreich, mich nicht im Stich zu lassen.
      Die Versprechen zerplatzten wie Seifenblasen. Mohamed war zu einer Garage gefahren, die beiden Nuba aus Kau waren irgendwo untergetaucht. Schon nach kurzer Zeit hagelte es «Hiobsbotschaften». Niemand hatte Benzin und Öl, ganz zu schweigen von Ersatzschläuchen und anderen notwendigen Ersatzteilen. Die Telefonleitung war kaputt, der Funkverkehr gestört, und selbst Telegramme konnten zur Zeit nicht aufgegeben werden.
      Einer der Beamten begleitete mich zu sämtlichen in dieser Stadt lebenden wohlhabenden Kaufleuten, um für alles Geld, das ich hatte, einen Lastwagen zu mieten — die einzig denkbare Möglichkeit, um von Kau wegzukommen. Der Versuch scheiterte. Die wenigen Kaufleute, die eigene Wagen hatten, brauchten sie selbst. Das einzige, was ich nach stundenlangen Bemühungen erreichte, war, daß mir ein arabischer Händler 80 Liter Benzin verkaufte, soviel, wie Mohamed für eine Fahrt nach Er Rahad benötigte, dem einzigen größeren Ort auf seinem Weg nach El Obeid. Dort bestand noch am ehesten eine Chance, an Benzin zu kommen, da Er Rahad eine wichtige Eisenbahnstation ist. Aber es liegt von Abu Gubeiha weit entfernt, etwa 250 bis 300 Kilometer in nördlicher Richtung. Die Pisten dorthin sollten extrem schlecht sein. Fraglich war, ob unser Landrover Er Rahad überhaupt erreichte.
      Ich bezweifelte das und noch viel mehr, ob Mohamed je wieder zurückkommen würde. Trotzdem ließ ich ihn fahren und gab ihm Briefe, Telegramme und genügend Geld mit. Die beiden Nuba hatten sich inzwischen wieder eingefunden: Cola sollte Mohamed begleiten, Jabor bei mir bleiben. Noch in der Nacht verabschiedeten sich Mohamed und Cola von mir. Ich spürte, daß der junge Soldat sich seiner Verantwortung bewußt war. Er drückte mir fest die Hand, schlug sich mit der Linken mehrmals an die Brust und sagte, als ahnte er meine Zweifel:

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