Memoiren 1945 - 1987
war, wollte ich sie doch nicht übernehmen. Die Strapazen der letzten Expedition waren noch nicht völlig überwunden, auch hatte ich mir geschworen, nie mehr so gefährliche Abenteuer zu riskieren. Im übrigen bereitete ich eine neue Tauchreise vor, da außer Collins nun auch List meine Unterwasser-Fotos kannte, und beide wollten einen weiteren Bildband mit mir machen. Dazu fehlten mir noch eine Anzahl von Aufnahmen. Diese Arbeit zog ich einer neuen Sudan-Expedition vor.
Gillhausen gelang es, meine Bedenken auszuräumen, vor allem der Zeitpunkt der Expedition würde meine Tauchreise nicht tangieren. Auch wäre sie allem Anschein nach weniger strapaziös, weil ein erstklassiger Journalist uns begleiten und den Text schreiben sollte, so daß ich mich ganz auf das Fotografieren konzentrieren könnte. Und zum ersten Mal wäre ich außerdem von allen finanziellen Belastungen befreit. Das alles machte das Angebot mehr und mehr verlockend. Während ich noch schwankte, bekam ich überraschend eine Einladung aus Khartum. Freunde teilten mir mit, etwas «Besonderes» erwartete mich dort, verrieten aber nicht was. Trotz meiner Vorbereitungen für die kurz bevorstehende Tauchreise zum Indischen Ozean entschloß ich mich, sofort in die sudanesische Hauptstadt zu fliegen. Ich könnte dort am besten feststellen, ob eine neue Expedition überhaupt eine Chance haben würde — im Sudan immer ein großes Fragezeichen. Und schließlich war ich auch gespannt, warum ich denn eigentlich diese mysteriöse Einladung erhalten hatte.
In Khartum
E s war schön, wieder hier zu sein, wenn auch dieses Mal nur für
wenige Tage. Meine Freunde hatten mich vom Flugplatz abgeholt, aber niemand konnte mir den Grund meiner Einladung nennen. Ich wohnte im Haus von Norbert und Inge Koebke. Schon bei unserer letzten Expedition hatten sie uns sehr geholfen. Nach der Turbulenz der letzten Wochen genoß ich hier die himmlische Ruhe.
Noch immer hatte ich weder von Nimeiri noch von einem seiner Mitarbeiter eine Nachricht erhalten, auch Abu Bakr wußte keine Erklärung.
Im ungeeignetsten Augenblick kam die Nachricht, Präsident Numeiri würde mich in zwei Stunden erwarten. Als der Anruf von Herrn Koebke kam, befand ich mich gerade im Schwimmbecken vom Deutschen Klub. So ein Pech. Meine Haare waren naß, wie sollte ich das schaffen. Aber Inge machte es möglich. Sie föhnte mein Haar, half beim Anziehen und raste mit dem Auto durch die Straßen zum «People’s Palace», wo ich schon erwartet wurde. Ein Beamter führte mich in das Zimmer des Präsidenten.
Als ich eintrat, bekam ich Herzklopfen. Außer Nimeiri erwarteten mich einige Minister und ein Kamera-Team. Der Präsident begrüßte mich mit einer Umarmung. Eine sonderbare, fast feierliche Stimmung lag über dem Raum. Auf einen Wink Nimeiris wurde ihm eine Lederschatulle übergeben, die er mit erwartungsvollem Lächeln an mich weiterreichte. Zögernd öffnete ich sie und sah darin einen Orden an einem breiten rosa Seidenband liegen. Nun löste sich die Spannung im Raum, alles lachte und redete durcheinander. Während ich noch leicht verwirrt den Orden betrachtete, sagte der Präsident in einer kurzen Ansprache, warum mir die Sudanesische Regierung den Orden verliehen habe. Er sprach begeistert über Inhalt und Gestaltung meiner beiden Bildbände, die es sogar Moslems erlaubten, die unbekleideten Nuba ohne Verletzung ihrer Gefühle betrachten zu können. «Deshalb und auch, weil der Sudan Ihre zweite Heimat wurde, möchten wir Sie mit diesem Orden ehren.» Mit den Worten: «We all love you very much, may God bless you», beendete er seine Rede.
Ergriffen über soviel Sympathie, ja Freundschaft, dankte ich dem Präsidenten. Am Abend war alles im Fernsehen zu sehen. Irgendwie erschien es mir irreal, wenn ich an die Augenblicke dachte, als ich in Washington bei dem Sudanesischen Botschafter um ein Visum bettelte oder in Kadugli vor einem kleinen Polizeichef auf dem Boden lag und weinte, weil er mich nicht weiterfahren lassen wollte.
Am nächsten Tag konnte ich noch mit Khalid El Kheir Omer,
dem Minister of State, über die neue Expedition sprechen. Er versprach, daß dieses Mal Geschehnisse wie bei meiner letzten Expedition nicht mehr vorkommen würden. «Schreiben Sie mir auf, was Sie brauchen, Sie werden jede Hilfe von uns erhalten. Übrigens», setzte er hinzu, «es wird Sie freuen zu hören, daß wir in England und Amerika einige Hundert Ihrer Nubabücher bestellt haben.
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