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Memoiren 1945 - 1987

Memoiren 1945 - 1987

Titel: Memoiren 1945 - 1987 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leni Riefenstahl
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seit Jahrzehnten von Colibakterien zerstört. Millionen von Bakterien sitzen in den tiefsten Falten des kranken Organs. Um sie alle für lange Zeit zu vernichten, müßten Sie
eine Roßkur über sich ergehen lassen. Zwei Monate lang müßten täglich 2 ccm Streptomycin gespritzt werden. Dieses oder ähnlich wirkende Medikamente gibt es erst seit einigen Jahren, deshalb konnte man Ihnen nicht helfen und Sie auch nicht heilen. Heute würden drei bis maximal sechs Tage genügen, um mit diesem Medikament solche Krankheiten, solange sie noch nicht chronisch sind, zu kurieren. Aber in Ihrem Fall würde eine normale Behandlung nicht mehr helfen.»
      «Und was sind das für Risiken, die eine solche Behandlung bedeuten würde?» fragte ich.
      Professor Stuccoli: «Sie können Hörschäden erleiden und sogar taub werden.»
      Impulsiv sagte ich: «Lieber Professor, seit mehr als zwanzig Jahren überfällt mich diese Krankheit immer wieder, ich nehme das Risiko auf mich, ich habe nur den einen Wunsch, von diesen unerträglichen Schmerzen befreit zu werden.»
      Der Arzt öffnete in einer Holztäfelung eine Tür, holte dahinter einige Päckchen Medikamente hervor, übergab sie mir und sagte:»Das sind sechzig Spritzen je zwei ccm Streptomycin. Sie müssen sich jeden Tag eine Spritze geben lassen, möglichst um dieselbe Zeit, und Sie dürfen nicht einen einzigen Tag auslassen, sonst ist der Erfolg in Frage gestellt. Der Spiegel», — damals verstand ich nicht, was er damit meinte, «muß immer gleichbleiben.»
      «Lieber Professor», sagte ich zögernd,»ich kann Ihnen weder die Medikamente noch Ihr Honorar bezahlen.»
      «Ich schenke sie Ihnen — Sie sind mir nichts schuldig.» Wenn ich in meinem Leben einem Menschen zu Dank verpflichtet bin, dann diesem Arzt. Seine «Roßkur» habe ich ohne Schaden überstanden, über drei Jahrzehnte hatte ich keine Rückfälle.

    Das Horoskop

    M ein Abreisetag war nun endgültig festgelegt. Am kommenden Abend ging mein Zug nach München. Renata, die ich glücklicherweise getroffen hatte, lieh mir sofort das fehlende Reisegeld. Von ihr erfuhr ich auch, warum das Projekt mit Panone und der «Capital Pictures» gescheitert war. Einer der finanzstärksten Direktoren dieser Firma, ein Schweizer Bankier, war nach einem längeren Aufenthalt in New York Anfang dieses Jahres nach Rom zurückgekehrt. Als er von dem Vertrag, den Signor Panone mit mir abgeschlossen hatte, erfuhr, soll er getobt haben. Der Bankier erklärte, daß er keinen Film mit der Riefenstahl finanzieren würde. Da Panone auf Vertragserfüllung bestand, soll der Bankier alle Firmenkonten gesperrt haben. Was dann weiter geschah, wußte Renata nicht, nur soviel, daß die Firma zahlungsunfähig wurde und daß Panone ins Ausland geflüchtet war, ohne Angabe einer Adresse.
      Mein letzter Tag in Rom. Da mein Zug erst spät abends ging, wollten wir noch einen gemütlichen Abschiedsabend verbringen. Packen brauchte ich nicht, ich hatte ja nur ein kleines Köfferchen dabei. Myrjan mußte noch einen Besuch in der Stadt machen, zu dem sie mich mitnahm. Während der Fahrt sagte sie: «Du wirst heute einen meiner besten Freunde kennenlernen, einen interessanten Mann, Francesco Waldner, er ist der bekannteste Astrologe in Rom. Er hat außergewöhnliche Fähigkeiten und schon Erstaunliches vorausgesagt. Glaubst du an Astrologie?» fragte sie mich. — «Daß die Gestirne einen großen Einfluß auf die Natur und auch auf Menschen haben, davon bin ich überzeugt, aber», sagte ich, «die Berechnungen, die von den Astrologen aus der Stellung der Sterne bei einer Geburtsstunde gemacht werden, halte ich für zu vage, zu schwierig. Ich glaube eher, daß es Menschen gibt, die bei der Errechnung von Horoskopen aus Intuition bestimmte Eigenschaften und Schicksale von Menschen erkennen können. Nach einem Horoskop würde ich mein Leben nicht ausrichten, was ich tue, das möchte ich ohne Beeinflussung machen und nicht auf unsichere Fakten bauen.»
      Herr Waldner wohnte in einem alten römischen Haus in der Nähe des Tiber. Er umarmte Myrjan und wandte sich dann mir zu.
      «Das ist Leni», sagte Myrjan, «Leni Riefenstahl — du kennst sie sicher.»
      «Ja — ja», sagte Waldner nachdenklich, «als ich noch in Meran lebte, habe ich einige Ihrer Filme gesehen. ‹Das blaue Licht›», sagte er jetzt lebhaft. «Ich erinnere mich, Sie saßen in einer Grotte und spielten mit den vom Mondlicht durchleuchteten Kristallen.»
      Wir

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