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Memoria

Memoria

Titel: Memoria Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Khoury
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einen achtjährigen Jungen und ein dreijähriges Mädchen. Karen führte ein Nagelstudio in La Mesa. Sie war vorbestraft, eine kurze Haftstrafe wegen schwerer Körperverletzung, was nicht recht zu der beinahe gesetzt wirkenden Frau zu passen schien, die ich vor mir sah. Aber vielleicht gab es ja tatsächlich so etwas wie Rehabilitation von Straftätern.
    Wir hatten kaum Platz genommen, da erkundigte sie sich schon nach Scrape und ob wir ihn gefunden hätten. Über den Mord an dem Deputy war in den Nachrichten berichtet worden, wir hatten jedoch keine Einzelheiten darüber verlauten lassen, warum er dort gewesen war. Karen hatte, als sie von dem Tatort erfuhr, eins und eins zusammengezählt, und ich beschloss, ihr etwas zu verraten, das die Presse nicht wusste – vielleicht konnte ich so eine gewisse Vertrauensbasis schaffen.
    «Sie haben ihn», sagte ich. «Sie haben den Deputy erschossen und Scrape mitgenommen. Wir wissen nicht, wo sie sind, und haben auch keinerlei Hinweise.»
    Karens Blick huschte zwischen uns dreien hin und her. In ihren Augen standen Verwirrung und Unbehagen. Und auch Angst.
    «Sie haben keine Anhaltspunkte?»
    «Darum haben wir Sie hergebeten, Mrs. Walker.»
    «Karen», unterbrach sie mich forsch, ohne zu lächeln.
    Ich atmete durch und nickte. «Also dann, Karen. Die Lage sieht folgendermaßen aus. Ihr Mann und seine Kumpel haben Aufträge für jemanden ausgeführt. Und ich rede nicht von Motorrad-Spezialanfertigungen. Ich rede von bewaffneten Entführungen, die einige Monate zurückliegen. Ich rede von Schießereien, bei denen mehrere Menschen getötet wurden. Aber das ist nicht der Grund, weshalb wir jetzt hier sind. Es geht uns nicht darum, Sie mit diesen Ereignissen in Verbindung zu bringen. Es geht uns um das, was im Clubhaus vorgefallen ist. Wir müssen die Kerle finden, die dafür verantwortlich sind, und sie aus dem Verkehr ziehen. Okay?»
    Ich wartete, bis Karen mir leicht zunickte, dann sprach ich weiter.
    «Sie haben gesehen, wozu diese Leute fähig sind. Wir wissen weder, wer sie sind, noch, worauf sie es abgesehen haben. Aber was immer es ist – anscheinend haben sie es noch nicht bekommen. Das bedeutet, solange sie auf freiem Fuß sind, ist jeder in Gefahr, der dem Club nahestand. Also auch Sie, Karen. Sie sogar mehr als jeder andere.»
    Ich schwieg einen Moment lang, um meine Worte wirken zu lassen. Vielleicht klingt es anders, aber das war kein Bluff, ich glaubte tatsächlich, dass sie in Gefahr war. Inwieweit ich mir darum im Augenblick Sorgen machte nach allem, was die Gang ihres Mannes Michelle und all den anderen angetan hatte, war eine andere Frage. Aber vielleicht war ich im tiefsten Inneren gar nicht so gespalten, was diese Frau betraf. Ich empfand keine instinktive Abneigung gegen sie. Zwar wusste ich nicht, wie viel sie über die Machenschaften ihres Mannes gewusst hatte, doch ich ging davon aus, dass sie nicht ganz ahnungslos gewesen war. Andererseits wusste ich aus Erfahrung, dass die Partnerinnen von Gewaltverbrechern häufig auf ihre Art selbst Opfer sind.
    «Wir müssen erfahren, für wen die Eagles gearbeitet haben und worin ihr Auftrag bestand», fuhr ich fort.
    Wieder huschte Karens Blick von einem zum anderen, als sei sie hin- und hergerissen. Mir war klar, dass es ihr schon Unbehagen bereitete, sich überhaupt in diesem Gebäude aufzuhalten. Ich hatte ihre Akte gesehen – natürlich war sie kein Fan der Strafverfolgungsbehörden. Sie kramte eine Packung Winston aus ihrer Handtasche, zog eine Zigarette heraus und hielt sie krampfhaft zwischen den Fingern, dann begann sie damit auf den Tisch zu tippen. Sie trug breite Silberringe an ihren kräftigen, sorgfältig manikürten Fingern. Ich bemerkte Tätowierungen an ihren Handgelenken, konnte jedoch nicht erkennen, wie weit sie hinaufreichten.
    «Sie wollen doch auch, dass wir denjenigen, der Ihrem Mann das angetan hat, fassen, Karen?», drängte ich.
    «Natürlich», erwiderte sie energisch.
    «Dann helfen Sie uns.»
    Sie klopfte heftiger mit der Zigarette auf den Tisch, dann stieß sie lange die Luft aus und wandte den Blick ab, ehe sie mich wieder ansah.
    «Ich will Immunität.»
    «Immunität? Wovor?», fragte ich.
    «Vor Strafverfolgung. Hören Sie, ich kenne das Spiel, klar? Angenommen, ich wüsste etwas und würde es Ihnen erzählen, dann wäre ich eine Komplizin oder Mitwisserin. Im besten Fall. Und sosehr ich mir auch wünsche, dass Sie die geisteskranken Wichser schnappen, die Wook das angetan

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