Memoria

konnten. Außerdem konnten so Verdachtsmomente dokumentiert werden, die Festnahmen und Fahrzeugdurchsuchungen rechtfertigten, wodurch mehr Drogengelder konfisziert wurden. Und schließlich kam es den Polizisten sehr gelegen, dass widerspenstige Verdächtige vor einer Kamera nicht so schnell handgreiflich oder auch nur beleidigend wurden.
    Leider hatten die Kameras die Männer, die es auf Scrape abgesehen hatten, nicht aufgehalten.
    Aber sie verschafften uns einen kleinen Einblick in das Geschehene, auch wenn die Gangster die wiederbeschreibbare DVD aus der innen am Autodach befestigten Konsole genommen hatten. Was sie nämlich nicht wussten, war, dass das Überwachungssystem in Fugates Wagen auch eine integrierte Festplatte hatte, die nicht nur ein Backup der DVD speicherte, sondern zusätzlich zehn Minuten vor und nach dem aufgenommenen Ereignis.
    Dieses Material stand uns nun also zur Verfügung, heruntergeladen und vorführbereit, in Farbe und hoher Auflösung.
    Wir begannen mit der Aufzeichnung der nach vorn gerichteten Kamera. Sie war kurz, aber aussagekräftig. Der Wagen des Deputy steuert auf das Tor des Lagerhauses zu. Sonst ist niemand zu sehen. Dann biegt ein großer, schwarzer Geländewagen auf das Grundstück ein, ein Chevy Tahoe, und rast direkt auf den Streifenwagen zu. Wir sehen den Wagen nur flüchtig, denn der Deputy versucht fluchend, ihm mit Lenkmanövern auszuweichen, sodass die Kamera nicht auf das herannahende Fahrzeug gerichtet ist. Dann wackelt das Bild heftig, als der Chevy den Streifenwagen rammt, dieser dreht sich um sich selbst und landet in einem Graben.
    Fugate flucht wieder, aber von diesem Punkt an ist die Aufzeichnung der nach vorn gerichteten Kamera nutzlos. Vor dem gestrandeten Fahrzeug geschieht nichts mehr. Jetzt kommt die Kamera ins Spiel, die auf den Rücksitz gerichtet ist.
    Diese Aufzeichnung ist weitaus dramatischer.
    Sie beginnt damit, dass Scrape über den Sitz rutscht, eine Hand an die Schulter gepresst. Er murmelt «sachte» und verzieht vor Schmerz das Gesicht, ehe er ruhig sitzen bleibt und sich zurücklehnt. Er sieht ziemlich mitgenommen aus. Dann fährt der Wagen los, und Scrape wird auf dem Rücksitz durchgeschüttelt. Plötzlich wird sein Gesichtsausdruck panisch, der Geländewagen rammt den Streifenwagen, und Scrape wird herumgeschleudert wie eine Puppe. Schließlich prallt er vorwärts gegen die Trennwand aus schlagfestem Glas, als der Streifenwagen in den Graben stürzt und zum Stillstand kommt.
    Und dann wird es richtig übel.
    Scrape steht das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Ein Schuss zerreißt uns schier das Trommelfell, und Blut spritzt an die Trennscheibe, als außerhalb des Blickfeldes der Kamera der Deputy aus nächster Nähe eine Kugel in den Kopf bekommt. Scrape fängt an zu schreien und weicht zurück, so weit er kann, als sich eine Gestalt, die zu diesem Zeitpunkt nicht klar zu erkennen ist, ins Wageninnere beugt, um ihn herauszuzerren. Wir hören die Geräusche der Auseinandersetzung, das Poltern von Scrapes Stiefeln gegen die Trennwand, wir verfolgen, wie die behandschuhten Hände der dunklen Gestalt nach dem schreienden Biker greifen und ihn schließlich an den Beinen aus dem Wagen zerren. Dann ist nur noch der gespenstisch leere Rücksitz zu sehen, während man im Hintergrund leise, aber deutlich genug hört, wie Autotüren zugeschlagen werden und der Tahoe mit quietschenden Reifen davonfährt.
    Nach einem Moment erschütterten Schweigens sagte ich: «Sehen wir uns das noch mal an. Den Teil, wo Scrape aus dem Wagen gezerrt wird.»
    Wir verfolgten die düstere Szene ein zweites Mal und achteten auf jede Einzelheit, die uns etwas über die Killer verraten könnte. Ich hatte gehofft, wir würden irgendwelche Merkmale des Kerls erkennen, der sich in das Fahrzeug beugte, um Scrape zu packen – dass vielleicht sein Gesicht kurz zu sehen wäre oder auch nur eine Spiegelung auf irgendetwas in dem Wagen. Aber der Kopf wurde größtenteils von dem breiten Metallrahmen der Trennscheibe verdeckt. Dann bemerkte ich etwas und drückte die Pause-Taste.
    «Da. Was ist das?»
    Ich spulte ein wenig zurück und hielt die Aufnahme bei einem Bild an, das zeigte, wie der Killer versuchte, Scrape an einem Bein zu fassen. Er trug ein dunkles, langärmeliges Oberteil, aber bei dem Kampf mit dem Biker war der rechte Ärmel hochgerutscht, sodass ich etwas am Handgelenk sehen konnte, zwischen dem Handschuh und dem Ärmelsaum.
    Ich bat den Techniker, die Stelle so scharf