Mensch, Martha!: Kriminalroman
die
Sprünge. »Na, ich meine, du wirst die Entführung deiner
Tochter in Zukunft bei deiner Arbeit immer im Hinterkopf haben.
Es wird dich behindern.«
»Äh, wie?« Daran hatte
Martha noch keine Sekunde gedacht. Sie sieht von einem zum anderen.
»Eigentlich nicht. Glaube ich.«
»Na, du wirst schon sehen!«
»Mann, du redest vielleicht
Müll!« Thomas ist sauer. Straßenberger bedenkt Becker mit
einer Grimasse.
»Ich lege nur den Finger auf
die Wunde. Und überhaupt, bin ich mal gespannt, ob da nicht noch was
nachkommt«, schwadroniert Becker weiter. »Thomas im
Krankenstand. Um Mitternacht unterwegs mit Marthas
Dienstwaffe ...«
Martha tippt sich an die Stirn.
»Und was soll da nachkommen?«
»Ihr habt euch keine
Unterstützung geholt. Man wird untersuchen, ob nicht das
Desaster durch euren Alleingang ...«
»Was soll denn das? Was
stichelst du hier so rum?« Martha ist aufgebracht. »Was passt dir
denn nicht. Du ...«
»Hört auf! Themawechsel! Da
wird nix untersucht werden!« schneidet ihr Straßenberger das
Wort ab.
»Wer weiß, wer weiß«, hängt
Becker noch an und es hört an sich wie ein abschließendes Amen.
»Ich lade dich heute Mittag in die Kantine ein«,
sagt Thomas nach der Besprechung.
»Warum denn das?«
»Ich brauche jemanden, der mir
das Fleisch schneidet.«
Thomas wusste nicht, dass es
Risotto geben wird.
Martha trägt ihm das Tablett
zum Tisch. »Thomas, ich denke darüber nach, was Becker
gesagt hat.«
»Echt? Hast du nichts anderes
zu denken?«
Doch. Ich denke an ihn.
Ständig . »Ich meine nicht das mit der Untersuchung. Das
ist Quatsch. Lass es zu einem aktenführenden Kritikgespräch kommen,
da lach ich doch. Ich meine etwas anderes.« Martha rührt
in ihrem Risotto herum. »Aber ich frage mich doch, ob alles
glimpflicher abgelaufen wäre, hätten wir die Kollegen informiert.«
»Martha, darüber denke ich
auch nach«, gibt Thomas zu. »Seit der Sekunde, als ich Radspieler
fallen sah.«
Marthas Herzschlag legt einen
Zwischentakt ein. Er fällt. Mensch gegen Blech. Der Uniformierte
ist eine halbe Sekunde zu langsam. Er schlägt auf dem Asphalt
auf. Mit dem Kopf zuerst.
»Ich glaube, nein.« Thomas
merkt, dass Martha nicht zusammenfügen kann, was er ihr
sagen will. »Martha, ich glaube, es war ein Unglück. Ich muss mir
das sagen, weil ich ...«
»Weil du was?«
»Weil ich mir vorwerfe, nicht
begriffen zu haben, dass Zeller ihn schubsen wird. Ich hätte es
durchschauen müssen.«
»Kein Mensch konnte das
ahnen.« Warum habe ich meine Hand so schnell wieder weggenommen?
Warum habe ich sie nicht auf seiner Stirn liegen lassen. Bis zum
Jüngsten Tag?
Thomas legt seine verbundene
Hand auf Marthas Unterarm. »Kein Mensch kann fehlerlos arbeiten.«
Martha seufzt. »Ich lade dich
zu einem Kaffee ein. Aber in meinem Büro.«
»Weil du beim Rauchen
Gesellschaft haben willst.«
Aus Kaffee und Zigarette wird nichts.
»Die Noll hat vor zehn
Minuten angerufen«, teilt ihnen Becker mit. »Ihr zwei
sollt zu ihr kommen.« Er blickt auf die Armbanduhr. »Ihr sollt
genau jetzt bei ihr im Büro stehen!«
Thomas schaut Martha fragend
an.
»Ich wette, es geht um das,
was ich vorhin gemeint hab«, mutmaßt Becker. An Martha gewandt
fügt er hinzu: »Und, Martha, falls es länger dauert bei der, und
wir uns heute nicht mehr sehen – bring mir bitte morgen mal wieder
ein Schinkensandwich mit.«
Martha wirft ihren Rucksack
über die Schulter. »Da muss ich dich enttäuschen. Es gibt nix
mehr. Der Betrieb meiner Eltern ist insolvent.«
Es geht um etwas völlig anderes. »Ich wollte
alles nochmals von euch hören«, erklärt sie den Termin.
Ganz dicht ist die wirklich
nicht.
Martha lässt fast
ausschließlich Thomas erzählen. Er hat einfach die besseren Worte
für das, was sich in dieser Nacht abgespielt hat.
Dann fasst Frau Noll zusammen,
was die Verhöre von Frank und Claus Zeller ergeben haben.
»Ursprünglich wollten sie diesen Briefumschlag, von dem
wir glauben, dass es ihn gar nicht gibt. Corinna hat Zeller geblufft.
Sie beharrt zwar weiterhin darauf, ihn eingesteckt zu haben,
aber dann wäre er ja da.«
Martha erfährt, dass Rebekka
nur noch eine untergeordnete Rolle gespielt hatte, nachdem ihnen
Radspielers Bankkarte in die Hände gefallen war.
Frau Noll klopft Martha auf die
Schulter, wie es eigentlich nur Männer machen. »Über
Vergangenes mach dir keine Sorge, dem Kommenden wende dich zu!
Erinnern Sie sich, Morgenstern? Und genau das werden wir jetzt
tun. Am vierten
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