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Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Titel: Mensch ohne Hund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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einem der Verhörräume der Polizei von Arlanda und wartete. Er spürte, dass er Jens Lindewall die Ohren abschneiden und ihn auf unbestimmte Zeit hinter Gittern bringen würde, sollte er sich nicht anständig benehmen.
    Neben Barbarotti saß eine blonde Polizeianwärterin und feilte sich die Nägel. Sollte Lindewall nicht innerhalb der nächsten zwei Minuten auftauchen, sah Barbarotti sich möglicherweise gezwungen, ihr die Nagelfeile aus der Hand zu reißen, sie wegzuwerfen und ihr zu erklären, dass es verboten sei, sich im polizeilichen Vernehmungsraum die Nägel zu maniküren, und zwar gemäß Staatsgesetz, Ziffer vier, Paragraph sieben, dritter Absatz, vierter Zusatz.
    Vermutlich fühlte er sich ein wenig überreizt.
     
    Jens Lindewall war braungebrannt und sah gut erholt aus. Wenn auch ein wenig beunruhigt. Er war groß, blond und durchtrainiert, trug Khakikleidung, Wanderstiefel und hatte einen Rucksack dabei. Sah ungefähr so aus, wie ein kleiner Bruder von Bruce Chatwin wohl nach einem Monat am Äquator aussehen würde. Zwei Tage alte Bartstoppeln. Blaues Tuch um den Hals geknotet. Gunnar Barbarotti musste sich eingestehen – wenn auch mit einem gewissen Maß an Abscheu und gegen seinen Willen -, dass dieser junge Mann sich vermutlich Bettgesellschaft von welchem Geschlecht auch immer beschaffen konnte, ohne sich besonders dafür anstrengen zu müssen.
    »Setzen Sie sich«, sagte er. »Ich bin Inspektor Gunnar Barbarotti. Willkommen daheim.«
    Der junge Mann starrte ihn an, und ein paar Mal zuckte ein Wangenmuskel. Aber es kam kein Wort über seine Lippen. Er stellte seinen Rucksack ab, zog einen Stuhl heraus und setzte sich. Barbarotti betrachtete ihn ruhig. Die Anwärterin steckte die Nagelfeile weg.
    »Worum geht’s?«, fragte Jens Lindewall schließlich.
    »Stimmt es, dass Sie eine sexuelle Beziehung mit einem jungen Mann namens Henrik Grundt hatten?«, fragte Gunnar Barbarotti.
    »Henrik …?«, sagte Jens Lindewall.
    »Henrik Grundt, ja. Sie hatten im Dezember eine Beziehung mit ihm, wir versuchen seit Weihnachten, Sie zu erreichen. Henrik Grundt ist verschwunden.«
    »Verschwunden?«
    »Genau. Warum haben Sie sich versteckt?«
    »Ich habe mich nicht …« Er lockerte den Knoten seines Halstuchs und verschränkte die Arme vor der Brust. Schien ein wenig mutiger zu werden. »Ich habe mich nicht versteckt. Oder … vielleicht hat das den Anschein. Aber ich fahre jeden Winter für ein paar Wochen weg und bin dann nicht erreichbar, ich wusste nicht, dass das verboten ist. Das gehört zu meinem Lebenstil, auf diese Art und Weise erlebt man alles dort, wo man ist, viel stärker, wenn der Inspek … wenn Sie verstehen?«
    »Das kann ich mir vorstellen«, sagte Gunnar Barbarotti. »Und wenn Ihre Eltern von einem Lastwagen totgefahren werden, während Sie weg sind, sollen sie sich gegenseitig begraben? Schon ganz richtig, mein Junge, Skrupel sind etwas für Spießbürger und andere Weicheier.«
    Während er diese spritzige Replik abfeuerte, spürte er deutlich, dass seine sadistische Ader das bekommen hatte, was sie an diesem totgeborenen Morgen brauchte. »Darf ich Sie jetzt bitten, auf meine Fragen zu antworten und aufzuhören, so bockig zu sein?«, fügte er noch hinzu.
    »Ja... ja, natürlich. Aber was ist denn...?«
    »Sie hatten eine Beziehung mit Henrik Grundt im November, Dezember. Geben Sie das zu?«
    »Ja.«
    »In Uppsala?«
    »Ja, ich wohne in Uppsala.«
    »Das wissen wir. Und Sie sind am 22. Dezember abends nach Südostasien geflogen?«
    »Äh … ja, das stimmt. Aber Henrik ist also verschwunden? Ist das der Grund, dass Sie …?«
    »Seit drei Wochen, ja. Die Tage vor Ihrer Abreise, die haben Sie in Ihrem Elternhaus in Hammerdal verbracht?«
    »Das stimmt, aber wie …?«
    »Ihre Reiseroute ging über Bangkok nach Kuala Lumpur, dann nach Kota Kinabalu und nach Sandakan auf Borneos Nordostseite. Und den gleichen Weg wieder zurück. Stimmt das?«
    »Wie können Sie das alles wissen …?«
    »Ich weiß es. Es braucht Sie nicht zu interessieren, wie ich es herausbekommen habe. Nun?«
    Jens Lindewall seufzte. »Ja, es ist so, wie Sie sagen. Ich bin in Sandakan vor … ich glaube, jetzt vor achtundvierzig Stunden gestartet. Ich bin inzwischen ein wenig müde, wenn Sie entschuldigen.«
    »Ich befand mich an den letzten Tagen auch diverse Stunden in der Luft«, konterte Gunnar Barbarotti. »Können Sie ein wenig über die Beziehung sagen?«
    »Die zwischen mir und Henrik?«
    »Genau die. Alle übrigen

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