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Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Titel: Mensch ohne Hund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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Nähe befand -, dann wäre es doch wohl natürlicher gewesen, wenn sie ihn zu sich nach Hause eingeladen hätte? In den Musseronvägen in Enskede, er war dort vor ein paar Jahren einmal mit seinem Vater und Henrik zu Besuch gewesen und konnte sich noch erinnern, wie es aussah. Seine Mutter war in letzter Minute verhindert gewesen, sicher irgendeine Operation, so war es meistens. Damals.
    Aber jetzt wollte Kristina ihn also am Hauptbahnhof treffen, sie würden in ein Restaurant in der Nähe gehen und sich dann dort miteinander unterhalten.
    Über was um alles in der Welt sollten sie sprechen?
    Was hatte Kristina davon, in der Kneipe mit einem ungepflegten, ängstlichen Fünfzehnjährigen zu sitzen?
    Und alles... alles nur, weil er ihr erzählt hatte, was der Nachtportier gesagt hatte. Olle Rimborg. Oder?
    Ja, genauso war es. Sie hatten am Telefon nicht länger als eine Minute gesprochen, er und Kristina. Sobald er Olle Rimborgs Beobachtungen erwähnt hatte, hatte Kristina vorgeschlagen, dass sie sich treffen sollten. Wenn er sie aus einem anderen Grund angerufen hätte (welcher immer das auch sein mochte), wäre sie sicher nicht mit so einem Vorschlag gekommen, dessen war er sich aus irgendeinem Grund ziemlich sicher.
    Was bilde ich mir eigentlich ein?, dachte Kristoffer Grundt.
    Was bilde ich mir ein?
    Und er wusste, dass das Gefühl von Unwirklichkeit, das ihn wie eine dunkle Wolke umgab, vielleicht auch ein wenig mit Uppsala, mit dem Konsum, mit Berit und Ingegerd zu tun hatte – aber in erster Linie doch mit der denkbaren Antwort auf genau diese Frage.
     
    Er hatte vergessen, dass sie schwanger war.
    Vielleicht hatte er es auch gar nicht gewusst. Bei der Beerdigung im August war nichts zu sehen gewesen, und er konnte sich nicht daran erinnern, dass seine Mutter oder sein Vater jemals etwas in der Richtung erwähnt hätten.
    Aber wahrscheinlich fiel es ihm nur nicht ein. Auf jeden Fall hatte sie jetzt einen richtig dicken Bauch. Zuerst erkannte er sie fast nicht wieder, was aber nicht am Bauch lag. Sie trug einen roten Dufflecoat und eine rote Baskenmütze, und irgendetwas war anders mit ihrem Haar.
    »Kristoffer.«
    Mit ihrem Gesicht auch. Sie sah … sie sah älter aus. Oder irgendwie erschöpft.
    »Hej«, sagte er und streckte die Hand vor. Sie ignorierte sie und nahm ihn stattdessen in den Arm.
    »Schön, dich zu sehen, Kristoffer.«
    Das klang nicht so, als ob sie es wirklich meinte. Wenn sie überhaupt etwas meinte, dann sicher nicht, dass es schön war.
    »Ja … danke … gleichfalls.«
    Er hatte Probleme, die Worte herauszubringen. Spürte, wie sie in seiner Kehle festsaßen. Er war gezwungen, sie Stück für Stück herauszuholen. Schade, dass man nicht gelernt hat, sich in Rauch aufzulösen, dachte er finster. Dann würde ich das jetzt tun.
    Aber als er sie verstohlen betrachtete, musste er sich eingestehen, dass es ihr noch schlechter ging als ihm. Tatsächlich. Wenn Kristoffer fand, die Situation sei peinlich, so war das nichts gegenüber dem, was Kristina empfand. Eigenartige nervöse Zuckungen durchfuhren ihr Gesicht, und die ganze Zeit zwinkerte sie mit den Augenlidern. Zu behaupten, die Situation sei ihr unangenehm, war untertrieben.
    Sie sagte nichts. Nach der flüchtigen Umarmung standen die beiden wie festgewurzelt einander gegenüber und starrten sich an. Mit einem Meter Abstand. Das empfanden beide als ziemlich merkwürdig, aber ihr ging es damit am schlechtesten, daran herrschte kein Zweifel.
    »Wie geht es dir?«, brachte er ganz automatisch hervor.
    Sie schluckte angestrengt. Dann legte sie ihm eine Hand auf den Arm.
    »Komm, ich weiß, wo wir hingehen können.«
    Sie sagte es nicht laut. Ihre Stimme trug nicht, es wurde nur ein Flüstern.
    Das Restaurant hieß Il Forno, es dauerte nur wenige Minuten bis dort. Keiner von beiden sprach auf dem kurzen Fußweg ein Wort. Es war noch nicht einmal sechs Uhr abends, so dass sie problemlos eine abgetrennte Nische ganz hinten in dem großen Lokal fanden. Kristoffer stellte fest, dass es italienisch war, rotweißgrüne Flaggen hingen vereinzelt herum, und eine Standarte für Juventus. Aber es gab nicht nur Pizza, es schien kein besonders billiges Lokal zu sein.
    »Lass uns erst etwas bestellen. Du hast doch Hunger?«
    Sie bestellten sich etwas, zwei Mal Lasagne, ein Mineralwasser und eine Cola. Dann entschuldigte Kristina sich und ging zur Toilette.
    Sie blieb mindestens zehn Minuten fort, und inzwischen kam das Essen. »Entschuldige«, sagte sie,

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