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Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Titel: Mensch ohne Hund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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Wahrheit wusste, er konnte es ihr ansehen, sie starrte ihn mit einem Blick an, der bis zum Bersten voll war mit … ja, er wusste nicht so recht, womit, nur, dass es etwas schrecklich Grauenhaftes war, nackt und ungeschützt, und jetzt, genau in diesen unwiderruflichen Sekunden, beugte sie sich weit über den Tisch zu ihm vor, ihre verzweifelten Augen schwebten nur fünfzehn, zwanzig Zentimeter vor seinen, und jetzt … jetzt sagte sie das, das, von dem er plötzlich wusste, dass er es bereits gewusst hatte. Nein, sie sagte es nicht, sie flüsterte, denn in ihr gab es keine Stimme mehr.
    »Kristoffer, es war Jakob, der deinen Bruder getötet hat.«
     
    Es verging eine Weile. Lang, kurz, er wusste es nicht. Sie rührte sich nicht, er rührte sich nicht. Eine Gruppe, zwei Frauen, zwei Männer, betrat das Lokal und ließ sich an einem Tisch in der Nähe nieder – aber das war ein Tisch in einer anderen Welt, und die Menschen gehörten auch in eine andere, äußerst fremde Welt. Unter der Glaskuppel gab es nur ihn und Kristina, seine Tante, die die Wirklichkeit mit ihrem geflüsterten, unerbittlichen Wahrheitshammer zertrümmert hatte … genau diese sonderbaren Worte und Bilder flatterten in seinem Kopf vorbei und versuchten sich verständlich zu machen, wie unbekannte Zugvögel auf dem Irrweg. Glaskuppel? Wahrheitshammer?
    Zugvögel?
    Und Fragen. In der gleichen Art und Weise, wie die Worte in ihm vor einer Stunde gestockt hatten, stockten jetzt die Fragen, eine andere Art fremder, unruhiger Vögel, plötzlich verspürte er Atemnot und gleichzeitig etwas, das in seiner Brust tickte, etwas, das damit drohte, ihn von innen zu zersprengen, wenn er nicht aus der Lähmung herauskäme, die schnell unter der Glaskuppel anwuchs. Zum Schluss drangen die selbstverständlichsten Fragen an die Oberfläche.
    »Warum?«
    Sie starrte ihn an.
    »Weil …«
    Sie zögerte. Suchte seinen Blick für eine Art Bestätigung offenbar. Bestätigung dafür, dass er … dass er alt genug war, ja, genau mit der Überlegung schienen ihre grünen Augen in ihn eindringen zu wollen, sie suchte nach einem Zeichen dafür, ob es für ihn möglich war, zu verstehen. Und er verstand, dass er damit würde leben müssen. Was sonst konnte er tun? Ihre unausgesprochene Frage beantworten. Ich bin bereit, versuchte er zu sagen, wortlos. Erzähl mir jetzt, was passiert ist, Kristina.
    Sie holte tief Luft, ließ die Luft in einem feinen, langsamen Strom wieder nach draußen, und ganz am Ende dieses Stroms, kurz bevor die Luft zu Ende war, kam es.
    »Weil er uns überrascht hat, Kristoffer.«
    »Was?«
    »Henrik und mich.«
    »Henrik und …?«
    »Ja. Jakob ist zurückgekommen und hat mich und deinen Bruder im Bett gefunden.«
    Nachdem das gesagt war, konnte er unmöglich entscheiden, ob er das vorher bereits geahnt hatte oder nicht. Vielleicht hatte er des Rätsels Lösung in einer Art Luftblase in sich getragen, die dagelegen hatte – einfach nur dagelegen hatte – und darauf gewartet, zu platzen. Auf jeden Fall war es nicht Verwunderung, die er spürte, nein, eher … Bestätigung? War dem so? Hatte er es eigentlich, in irgendeinem dunklen Winkel seines hoffnungslosen Gehirns, gewusst?
    Nein, dachte er. Nicht in meinen wildesten Träumen hätte ich mir denken können, dass …
    Aber das waren auch nur wieder fremde Wortvögel. Kristina unterbrach ihre unkontrollierte Flucht, indem sie sich noch weiter über den Tisch beugte. Sie ergriff seine beiden Hände.
    »Ich trage so eine große Schuld, Kristoffer. Ich bin es nicht wert, weiter zu leben. Und trotzdem habe ich damit fast ein Jahr gelebt. Ich fordere gar nicht Vergebung oder Verständnis, es ist meine Schuld, dass Henrik tot ist, ich habe … ich habe euer aller Leben auf dem Gewissen. Ich bin diejenige, die schuld ist an all der Trauer. Wenn du wissen willst, wie verzweifelt ein Mensch sein kann, dann schau mich an, Kristoffer.«
    Er schaute sie an und begriff, dass es stimmte.
    »Ich habe ja nichts davon erzählen können. Ebba … deine Mutter … hätte es nicht ertragen. Ich weiß nicht, ob du es erträgst, Kristoffer, aber als du angerufen und mich gefragt hast, ja … Ich habe gedacht, die beste Lösung … die einzige Lösung … könnte nur sein, dass niemand jemals erfährt, was passiert ist. Das ist keine Feigheit, Kristoffer, denk nach, es war aus Rücksicht auf … auf euch alle. Es … es ist mir so schlecht gegangen.«
    Sie ließ seine Hände los und fiel vornüber auf den Tisch, aber

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