Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)
Paris. Aber ein gemeinsames Frühstück am Mittwoch liegt im Rahmen der Möglichkeiten.«
»Im Rahmen der Möglichkeiten? Wir sind doch erst am Mittwochabend wieder zu Hause.«
»Ja, natürlich.« Er sah sie jetzt nicht mehr an, musterte stattdessen seine Fingernägel. Zählte er sie nach, oder was tat er da? »Kristina, du weißt, dass ich mich für dieses Spektakel zur Verfügung stelle, aber soweit ich verstanden habe, könnte ich doch am Dienstagabend zurückfahren. Oder nachts. Du und Kelvin, ihr könnt mit dem Zug zurückkommen oder mit Walter fahren. Er wird ja wohl auf jeden Fall irgendwann mittwochs zurückfahren … super, dass er trotz allem kommt.«
Super?, dachte sie. Was zum Teufel ist wohl super an Walter? Sie trank ihr Glas aus und bereute, nicht um zwei Striche gebeten zu haben. Oder vier.
»Wenn ich es recht verstanden habe«, fuhr Jakob fort, »dann war nicht die Rede davon, dass wir die ganze Nacht zusammensitzen müssen. Und wir wohnen ja im Hotel, da müssen es die anderen gar nicht erfahren, wenn ich etwas früher abreise. Oder was meinst du?«
Sie holte tief Luft und nahm Anlauf. »Wenn das mit diesem Jefferson so wichtig ist und du dich sowieso schon entschieden hast, dann brauchst du doch gar nicht erst hier zu sitzen und dich mit mir beraten, Jakob.«
Sie gab ihm eine Sekunde lang die Gelegenheit zu protestieren, aber er nippte nur an seinem Whisky und nickte interessiert.
»Und woher soll ich denn wissen, was sie geplant haben? Das ist der vierzigste Geburtstag meiner Schwester und der fünfundsechzigste meines Vaters. Es ist das erste Mal, dass du die ganze Familie triffst und wahrscheinlich auch das letzte Mal, schließlich wollen sie das Haus verkaufen und an die Rentnerküste ziehen. Die Familie hat ihren Skandal. Papa hat sein Leben lang danach gestrebt, eine Art kleinbürgerliche Stütze der Gesellschaft und ein Ehrenmann zu sein, und dann stellt sich sein einziger Sohn im Fernsehen hin und wichst vor der Kamera … nein, ich weiß nicht, was uns da unten erwartet, aber wenn du mit einem amerikanischen Großmogul frühstücken musst, dann will ich dich nicht daran hindern.«
Er entschied sich für den einfachsten Weg. Nahm sie beim Wort, ignorierte den ironischen Unterton gänzlich. »Gut«, sagte er kurz und neutral. »Ich habe neun Uhr am Mittwoch vorgeschlagen. Dann werde ich gleich mal anrufen und die Sache bestätigen.«
»Und wenn die Feier erst nach Mitternacht zu Ende ist?«
»Ich werde auf jeden Fall direkt danach losfahren. Nachts brauche ich nur drei Stunden. Vier, fünf Stunden Schlaf, die genügen mir.«
»Mach, was du willst«, sagte Kristina. »Wer weiß, vielleicht fahren Kelvin und ich auch mit dir zurück.«
»Nichts würde mich mehr freuen«, erklärte Jakob mit einem erneuten, sanften Lächeln. »Willst du nicht noch einen kleinen Schluck? Die ist gut, diese Eselsmilch.«
Nachts wachte sie um halb drei Uhr auf und konnte eine Stunde lang nicht wieder einschlafen. Das war normalerweise nicht der richtige Zeitpunkt für gute Gedanken, und es bestätigte sich auch dieses Mal wieder.
Es wird nicht gutgehen, dachte sie. Auf Dauer wird es zwischen Jakob und mir nicht gutgehen. Wir spielen nicht im selben Stück.
Unsere Instrumente passen nicht zusammen … langsam, aber fast wie von Geisterhand stiegen die Argumente und Metaphern an die Oberfläche … Wir befinden uns nie im selben Raum, wir reden nicht dieselbe Sprache, Öl und Wasser, niemals kommt ihm ein Gedanke, der denen ähnlich ist, die ich drehe und wende. In fünf Jahren … in fünf Jahren werde ich als alleinstehende Mutter in der Schule auf meinem ersten Elternabend sitzen. Und warum um alles in der Welt sollte es mich noch interessieren, mich nach einem neuen Kerl umzusehen? Ich gebe auf.
Ich habe zu große Ansprüche, dachte sie eine Minute später.
Genauso würde Ebba es ausdrücken. Die Musterschwester Ebba. Sei nicht so verflucht stur, Schwesterchen. Sei lieber froh über das, was du hast, es hätte doch wahrlich schlimmer kommen können.
Nicht, dass Kristina ihre Probleme jemals mit Ebba diskutiert hätte.
Aber einmal angenommen doch. Zu große Ansprüche, und du erwartest zu viel, würde sie behaupten. Wieso bildest du dir ein, dass irgendein Mensch – und dann noch ein Mann! – etwas davon haben würde, in deiner verwirrten Feministinnenseele herumzuirren? Schau dir doch nur das Manuskript an, mit dem du dich herumschlägst! Alle anderen im Team setzen sich brav hin und
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