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Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Titel: Mensch ohne Hund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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abgestoßen, kommt nahe heran, wird abgestoßen.
    Zu nahe und verbrennt? Wem oder was zu nahe?
    In ungefähr dieser Stimmung befand er sich – aber in einer anderen In-Kneipe und mit einem Teilzeitjob bei der Gratiszeitung Metro -, als er im Monat Mai 2005 eine Anzeige im Aftonbladet las und sich für die Fernsehsendung »Die Gefangenen auf Koh Fuk« bewarb, die für alle Zeiten schlimmste Entscheidung in seinem Leben, die er je getroffen hatte.
    Zumindest besitze ich eine Espressomaschine, dachte er und kippte Pulver für eine weitere Tasse nach. Die meisten Menschen auf der Welt besitzen keine Espressomaschine.
    Er wurde davor bewahrt, sich in einer weiteren Analyse über die traumatischen Mahlströme des Oktobers und Novembers zu ergehen, da das Telefon klingelte.
    »Wie geht es dir eigentlich?«
    Es war haargenau die Frage, die auch seine Mutter ihm gestellt hatte, und er gab exakt die gleiche Antwort.
    »Es geht so.«
    »Willst du nicht mit uns mitfahren? Wir haben Platz genug, weißt du.«
    »Nein, danke. Ich fahre selbst. Muss noch einiges erledigen, bevor ich aufbreche.«
    »Das kann ich mir denken.«
    Was meinte sie damit? Gab es Dinge, die er erledigen musste? Von denen alle anderen wussten, dass er sie erledigen musste, nur er selbst war auf diesem Auge blind?
    »Ja, dann«, schloss er. »Wir sehen uns morgen Abend.«
    »Walter?«
    »Ja?«
    »Nein, das können wir besprechen, wenn wir uns sehen.«
    »Ja, okay. Bis dann.«
    »Bis dann. Tschüs solange.«
    »Tschüs.«
    Genau das erwarten sie, dachte er plötzlich, als er den Hörer aufgelegt hatte. Dass ich mir das Leben nehme. Alle. Max von der Zeitung. Mein Therapeut. Deshalb will er nach jeder Sitzung gleich bezahlt werden. Sogar meine Schwester.

4
    J akob Willnius schob den Rollladen vor dem Barschrank hoch und holte den Laphroaigh heraus.
    »Möchtest du?«
    »Schläft Kelvin?«
    »Wie ein Stein.«
    »Aber nur ein Strich. Was war das mit Jefferson?«
    Kristina lehnte sich auf dem großen, wie eine Banane geschwungenen Fogiasofa zurück und versuchte zu entscheiden, ob sie wütend war oder nur müde.
    Oder ob es sich vielleicht um eine Art Vorwarnung vor der großen Wut handelte. Eine mentale Aufladung vor dem unbenannten Konflikt, der zweifellos die nächsten Tage prägen sollte. Ich muss es ignorieren, dachte sie. Es ist lächerlich und meiner unwürdig, ich lasse meine Seele einfach hier und spiele mit. Ich bin ein erwachsener Mensch, und es ist doch nur eine einmalige Sache.
    Jakob stellte zwei Gläser auf den Tisch und setzte sich neben sie.
    »Er hat aus Oslo angerufen.«
    »Jefferson?«
    »Ja. Er schafft es auf jeden Fall, nach Stockholm zu kommen. Es wäre äußerst wichtig, wenn ich ihn noch vor Weihnachten für ein paar Stunden treffen könnte.«
    Die Wut wurde innerhalb von nur einer Sekunde real.
    »Was willst du mir damit sagen?«
    Jakob betrachtete sie, während er das Glas in seiner Hand drehte. Unergründlich wie eine Katze, die auf einen Fernsehtext glotzt, dachte sie. Wie üblich. Es war keinerlei Ironie in seinem Lächeln zu erkennen, das genau die gleiche Krümmung wie das Sofa aufwies, es war keine Berechnung in seinen blassgrünen Augen zu finden, in denen sie früher einmal gern barfuß herumgelaufen wäre, und es war natürlich dieser scheinbare Mangel an Widerstand, der es so schwer machte, ihn zu besiegen. Und der dazu führte, dass … Sie wandte ihren Blick von ihm ab und dachte nach … der dazu führte, dass das Drehbuch für den bevorstehenden Konflikt sich ausschließlich in ihr selbst befand. Das war ungerecht, äußerst ungerecht. Sie war dieser primitiven Elastizität, oder wie immer man es auch nennen mochte, vor vier Jahren verfallen, und dieser paradoxe Gedanke, dass es genau diese Eigenschaften sein würden, die sie eines Tages dazu brächten, ihn zu verlassen, blitzte kurz in ihrem Kopf auf. Und das nicht zum ersten Mal. Du passt besser in einen Film, Jakob Willnius, dachte sie. Viel besser.
    »Prost, Kristina«, sagte er. »Ja, ich will damit sagen, dass es ziemlich dumm wäre, die Gelegenheit sausen zu lassen, jetzt wo die Amerikaner bereit sind, zehn Millionen in das Samsonprojekt zu investieren, nur weil man bei einem widerwärtigen Familienessen in Kymlinge hockt. Widerwärtig ist ein Zitat einer wohlunterrichteten und besonnenen Beobachterin, was ich aber vielleicht …«
    »Ich verstehe. Und wann genau soll dieser Jefferson kommen?«
    »Dienstagabend. Am nächsten Tag fliegt er weiter zu einem Essen in

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