Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)
dass die Getränke mit einer feinen Dosis Amphetamin versetzt waren, damit die Lüste anschwollen. Nach dem Wettkampf und dem Fest war es den Teilnehmern erlaubt, im Schutz der Dunkelheit zwei Stunden lang am Strand vollkommen frei miteinander umzugehen. Mit Hilfe infraroter Filmtechnik konnten bei dieser Gelegenheit nicht weniger als zwei offensichtliche Kopulationen registriert und den Zuschauern präsentiert werden. Wer genau die Akteure waren, war dagegen nicht auszumachen, was umso mehr Platz für herrliche Spekulationen bot. Bereits jetzt – bei der dritten Sendung – war die Zuschauerzahl auf mehr als eine Million gestiegen: 1 223 650, eine nicht unwesentliche Zahl, da sie in Kronen ausgedrückt den ersten Teil der versprochenen Siegesprämie ausmachte.
In Sendung Nummer 4 sollten zwei Dinge verraten werden: zum einen die absolute Gewinnsumme (1 223 650 plus die Zuschauerzahl dieses Abends, die sich auf sagenhafte 1 880 112 belief, zusammen also gut über drei Millionen Kronen), zum anderen das Ziel der Sendung »Die Gefangenen auf Koh Fuk« überhaupt. Und darin zeigte sich die wirklich kreative Größe von Lindmanner-Krantze.
Es ging nämlich darum, einander zu befruchten. Ganz einfach.
Aus irgendeinem Grund waren die Abendzeitungen von Anfang an begeistert gewesen von Koh Fuk – oder Fucking Island, wie es bereits ziemlich am Anfang umgetauft worden war – und hatten nach der ersten Sendung alle einen festen Reporter und Fotografen (mit infraroten Möglichkeiten) hinuntergeschickt. Vielleicht lag das Interesse an einer halb bestätigten Geschichte, wonach zwei der weiblichen Schönheitsköniginnen jeweils, wenn auch zu unterschiedlichen Zeitpunkten, Kontakt mit einem landesweit bekannten Bankräuber gehabt hatten, was einen guten Synergieeffekt ergab. Vielleicht lag es auch daran, dass sich die übrigen Dokusoaps des Herbstes als ziemlich mittelmäßige Eintopfgerichte mit verstaubten Konflikten und platten, nur halbnackten Vorhersehbarkeiten herausstellten – vielleicht lag es aber auch an etwas ganz anderem. Auf jeden Fall war klar, dass Fucking Island der große Fernseherfolg des Herbstes war.
Und dass der Knackpunkt selbst einfach genial war, darin waren sich die meisten Kritiker rührend einig. Ein Kind zu zeugen.
Außerdem gab es anderthalb Millionen Kronen für die Mühe. Drei, wenn man beschloss, zusammenzubleiben und eine Familie zu gründen. Aus Sicht der Frauen ging es darum, die Erste zu sein, die ihre Schwangerschaft von einem mitreisenden Ärzteteam bestätigt bekam. Von Männerseite: derjenige zu sein, der das Ei besagter Frau befruchtet hatte und das mittels einer DNS-Analyse des Fruchtwassers bestätigt bekam.
Kein Tauziehen mehr. Kein Handstand und keine Schubkarre. Sonnenbaden nur noch in Maßen.
Dafür: faulenzen, baden, Schnaps und freies Kopulieren, wo immer und wann immer sich die Gelegenheit bot.
Und eine Kameraüberwachung von selten erlebtem Umfang.
Und Interviews. Und Lügen. Und Zusammenbrüche. Und psychologische Beratung und Dreckschleudern und noch mehr Schnaps.
Ein Schwall von Leserbriefen. Moralische Entrüstung. Drei verschiedene Minister, die sich in drei verschiedenen Morgenprogrammen distanzierten.
Und annähernd zwei Millionen Zuschauer bei Sendung Nummer fünf, als es noch zu früh war, um irgendeine Schwangerschaft konstatieren zu können (was logisch war und ein Geniestreich in der Kunst intelligenter Verzögerung), bei der aber auf alle fünf Männer und Frauen getippt werden konnte. Sowohl individuell als auch als Paar der Woche. Bei den Frauen bekam eine großbrüstige, an nicht weniger als vierzehn Stellen silikonisierte, braunäugige Frau aus Schonen, die mit zwei der Männer, vielleicht sogar mit dreien gefilmt worden war, die höchste Quote – rund 2,40 -, während der äußerst virile Ruderer unter den Herren mit gut dreifacher Quote der Favorit war. Walter Hermansson pendelte zwischen 15 und 25 und kam eigentlich nie in die Nähe des Mannes auf dem vorletzten Platz, das war der Skifahrer, der sich meistens zwischen 8 und 12 hielt.
Nach der siebten Sendung, die am 5. November ausgestrahlt wurde, gab ein Doppel von Walter und einer entschieden aggressiven, halbnackten Luciakönigin aus Grums eine Quote von 158, nachdem es zu einer schallenden Ohrfeige gekommen war und einer kraftvollen Beschimpfung von Letzterer, wonach sie Walter die Hoden abbeißen werde, wenn er nur noch einmal in ihre Nähe käme.
Und es war dann in der folgenden,
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