Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)
verschiedenen Stellen biegsam.«
Und darüber lachte zumindest der Großvater Karl-Erik richtig herzlich.
Kristina und Konsorten trafen zehn Minuten später als Zweite ein. Der kleine Kelvin drehte der versammelten Mannschaft augenblicklich den Rücken zu und klammerte sich an Mamas Bein fest. Kristina trug einen neuen, gelben und sehr großstädtischen Wollmantel, sah aber müde aus; Rosemarie machte sich sofort geistig eine Notiz, dass sie mit ihr über möglichen Blutmangel sprechen wollte – obwohl sie genau wusste, dass sie in dieser Beziehung nie zum Zuge kommen würde – oder es überhaupt wollte. Vertrauliche Gespräche mit Kristina gab es nicht mehr, seit das Mädchen so um die zwölf Jahre alt war, und vielleicht (so korrigierte Rosemarie ihren ersten Eindruck) war es ja auch gar nicht die Frage von tatsächlicher Müdigkeit. Vielleicht handelte es sich eher um Langeweile, wobei sie sich fragte, ob das mit dem Wiedersehen des Elternhauses zu tun haben konnte oder es tiefere Ursachen gab.
Jakob Willnius war auf routinierte Weise charmant und trug einen Wollmantel, der auch nicht so recht nach Kymlinge passte. Er brachte außerdem ein ganz besonderes Geschenk für den frischgebackenen Pensionär mit – und betonte immer wieder, dass das nicht das richtige Geschenk sei, das bekomme dieser natürlich erst am folgenden Tag -, worum es ging, war eine Flasche Otium, haha, nämlich ein Single Malt Whisky namens Laphroaigh. Gelagert in Eichenfässern seit Christi Geburt. Jeder Tropfen reines Gold; war man sparsam, konnte die Flasche ein halbes Jahr halten; trank man einen Zentiliter zu viel, konnte man fliegen, haha.
Um deutlich zu zeigen, wie wenig er diese hauptstädtische Rarität zu schätzen wusste, öffnete Karl-Erik umgehend die Flasche und bot allen an. Alle, ausgenommen die Enkelkinder (wovon die beiden Grundt-Jungen sich noch in ihrem Zimmer einrichteten und Kelvin unter dem Tisch saß und seinen rechten Daumen betrachtete), bekamen einen Schluck und murmelten artig etwas von dem charakteristischen Rauchgeschmack – ausgenommen Rosemarie, die ihren üblichen Kommentar abgab, dass sie noch nie verstanden habe, was eigentlich an Whisky so besonders sei.
»Die Frau ist ein Rätsel«, lächelte Jakob Willnius.
»Ist Walter noch nicht gekommen?«, fragte Kristina.
»Nein«, antwortete ihre Mutter. »Aber er hat gestern angerufen und versprochen, gegen sieben Uhr hier zu sein.«
»Es ist Viertel nach«, sagte Kristina.
»Das weiß ich auch«, erwiderte Rosemarie. »Nun, ich glaube, ich muss noch mal für einen Moment in die Küche.«
»Brauchst du Hilfe?«, fragte Ebba.
»Nein, nein, vielen Dank«, sagte Rosemarie und hörte selbst, dass das abweisender klang als beabsichtigt. War sie jetzt schon genervt? Hatte sie jetzt schon Probleme, es auszuhalten? Es wäre schrecklich, wenn ihre Kinder das spürten. »Aber du kannst vielleicht die Jungs in einer Viertelstunde herunterholen«, fügte sie in einer versöhnlicheren Tonlage hinzu. »Wir müssen ja nicht hungrig herumsitzen, nur weil Walter nicht kommt.«
»Nein, das finde ich auch«, stimmte Ebba zu.
»Hm«, räusperte sich Jakob Willnius. »Und jetzt soll es also nach Spanien gehen, wie ich gehört habe?«
»Andalusien«, präzisierte Karl-Erik und rutschte vertraulich zehn Zentimeter näher an seinen Schwiegersohn heran. »Ich weiß nicht, ob es dir bekannt ist, aber diese Gegend hat eine unerhört reiche Geschichte. Granada. Córdoba, Sevilla … Ronda nicht zu vergessen. Der maurische und der jüdische Einschlag, ich habe vor, in aller Bescheidenheit dort ein bisschen zu forschen. Eine Bestandsaufnahme des Erbes von …«
Es klingelte an der Tür.
Wichs-Walter war eingetroffen und die Schar somit vollzählig.
Die Brüder lagen auf ihren Betten in dem zwölf Quadratmeter großen Zimmer. Die Tapeten waren dunkelgrün mit schmalen, vertikalen Kanten in einem etwas helleren grünen Farbton. Es gab einen Schreibtisch mit drei Schubladen und zwei identische kleine Lampen, in deren Holzfuß in verschnörkelten Buchstaben der Ortsname »Smögen« eingebrannt war. An der Tür zu dem eingebauten Wandschrank hing ein großer Kalender von 1988 mit dem Motiv der hiesigen Fußballmannschaft Reimer. Grüne Trikots, grüne Hosen.
Kristoffer starrte an die Decke, die weiß war, und dachte an Linda Granberg. Henrik komponierte auf seinem Handy eine SMS. Ein gerade einsetzender, leiser Regen schlug gegen das Fenster, klang wie ein Flüstern aus dem
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