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Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Mensch ohne Hund: Roman (German Edition)

Titel: Mensch ohne Hund: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Håkan Nesser
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immer danach handelte, aber man hatte den Durchblick. Später, je älter man wurde, umso mehr verdunkelte es sich. Wurde trüber und schwerer auszumachen.
    Verdammte Scheiße, dachte Gunnar Barbarotti und betrachtete den schlaksigen Jüngling, der ihm gegenübersaß.
    »Wie geht es dir?«, fragte er.
    »Ich habe nicht gut geschlafen«, sagte Kristoffer Grundt.
    »Das kann ich mir vorstellen«, sagte Gunnar Barbarotti. »Dir gefällt es nicht besonders hier in Kymlinge, oder?«
    »Nicht besonders«, gab Kristoffer Grundt zu. »Aber wenn nur Henrik zurückkommt, dann …«
    »Wir werden tun, was wir können«, versprach Gunnar Barbarotti. »Deshalb möchte ich dich noch einiges fragen. Über Henrik diesmal, im Augenblick lassen wir deinen Onkel beiseite.«
    »Bitte schön«, sagte Kristoffer Grundt.
    Er ist nicht dumm, dachte Gunnar Barbarotti. Ich muss das im Kopf behalten. »Ja, ich habe mir nämlich einiges überlegt«, begann er. »Trotz allem muss dein Bruder sich doch Dienstagnacht freiwillig von hier fortbegeben haben. Wir glauben nicht, dass ihn jemand gekidnappt hat. Also, wie beurteilst du die Sache, war das ein plötzlicher Einfall, dass er sich davongemacht hat?«
    Kristoffer überlegte einen Moment.
    »Nein«, sagte er dann. »Das glaube ich natürlich nicht.«
    »Also muss er geplant haben, wegzugehen«, fuhr Gunnar Barbarotti fort. »Oder er hat einen Anruf von jemandem bekommen, der ihn gebeten hat, irgendwohin zu kommen.«
    »Darüber haben wir doch gestern schon gesprochen.«
    »Ich weiß. Aber es kommt ja vor, dass einem später noch bestimmte Dinge einfallen. Du bist dir sicher, dass du kein Telefonklingeln gehört hast, nachdem du am Dienstagabend eingeschlafen bist?«
    »Ich habe nichts gehört.«
    »Auch wenn man schläft, können ja solche Signale … sozusagen durchdringen.«
    »Ja, klar. Aber ich kann mich nicht erinnern, etwas gehört zu haben.«
    »Weißt du, wie Henriks Handy klingelt?«
    Kristoffer Grundt überlegte.
    »Nein, ich glaube nicht. Ich weiß, wie es bei uns zu Hause in Sundsvall klang, aber er hat es bestimmt geändert … außerdem hat er ein neues Telefon.«
    »Und du hast nie sein Handy klingeln gehört?«
    »Doch, einmal, es hat geklingelt, als wir hergefahren sind … weder Mama noch Papa hatten ihr Handy dabei, und meine Oma … oder mein Opa haben einmal angerufen. Aber ich kann mich nicht mehr an das Signal erinnern. Es war wahrscheinlich ganz normal.«
    »Ein ziemlich normales Signal?«
    »Ja.«
    »Nicht so etwas wie Pferdewiehern oder Kirchenglocken oder so etwas?«
    »Nein, das wäre mir auf jeden Fall aufgefallen.«
    »Gut. Dann lassen wir das erst einmal. Stellen wir uns stattdessen vor, dass Henrik plant, irgendwann nachts wegzugehen. Vielleicht liegt er nur da und wartet darauf, dass du einschläfst. Verstehst du?«
    »Ja, natürlich.«
    »Was ich mich frage: Warum hast du nichts davon gewusst?«
    »Wieso? Warum sollte er mir etwas sagen?«
    »Ich habe nicht gesagt, dass er etwas gesagt haben sollte. Aber dir hätte doch etwas auffallen müssen.«
    »Und warum?«
    »Weil ihr ein Zimmer teilt. Ihr müsst doch die ganze Zeit zusammengewesen sein. Müsst eine Menge miteinander geredet haben … ja, ich glaube wirklich, dass du mir etwas zu sagen haben müsstest.«
    »Aber ich habe Ihnen nichts zu sagen.«
    »Ich meine nicht, dass du es im Voraus gewusst hast. Aber wenn du dich erinnerst: Gab es wirklich nichts, was Henrik gesagt oder getan hat, das einen Hinweis darauf gegeben hat, welche Pläne er hatte?«
    »Nein.«
    »Ein noch so winziges Detail?«
    »Nein.«
    »Hast du darüber schon nachgedacht?«
    »Ich habe ziemlich viel nachgedacht.«
    »Hat er irgendwelche Personen hier in Kymlinge erwähnt?«
    »Nein.«
    »Weißt du, ob er außer euren Großeltern jemanden hier kannte?«
    »Ich glaube, er kannte kein Schwein hier. Warum sollte er auch? Wir sind ja fast nie hier gewesen. Ich kenne jedenfalls niemanden.«
    Gunnar Barbarotti machte eine kurze Pause. Er spürte einen Hauch von Hilflosigkeit vorbeiziehen und einen Abdruck auf seiner Seele hinterlassen. »Und dennoch muss es etwas geben«, sagte er langsam und mit Nachdruck. »Da musst du mir doch recht geben, oder? Henrik muss eine Art Plan gehabt haben, und ich finde es merkwürdig, dass dir überhaupt nichts aufgefallen ist … du verstehst doch, dass ich auf die winzigste Ahnung aus bin?«
    Er wartete erneut ein paar Sekunden, um dem Jungen die Möglichkeit zu geben, seine Annahme zu bestätigen. Aber

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