Menschen lesen: Ein FBI Agent erklärt, wie man Körpersprache entschlüsselt
lernen, idiosynkratische nonverbale Verhaltensweisen zu erkennen und zu deuten.
Universelle nonverbale Verhaltensweisen sind eine spezielle Gruppe von Körpersignalen, die bei allen Menschen mehr oder weniger gleich sind. Daneben gibt es aber noch eine zweite Gruppe von Ausdrucksformen, nämlich idiosynkratische nonverbale Verhaltensweisen. Dabei handelt es sich um Signale, die bei jedem Menschen mehr oder weniger individuell ausgeprägt sind.
Um ein Gespür für idiosynkratische Gesten zu bekommen, sollte man erst einmal bei jenen Menschen nach Verhaltensmustern Ausschau halten, mit denen man regelmäßig verkehrt (Freunde, Familienmitglieder, Mitarbeiter, Lieferanten). Je besser man jemanden kennt oder je länger man mit ihm beziehungsweise ihr bereits zu tun hat, umso leichter wird dies fallen. Denn mit vielen Verhaltensweisen dieser Menschen ist man bereits vertraut, kann auf sie zurückgreifen und seine Schlüsse ziehen. Wenn Sie zum Beispiel feststellen, dass sich Ihr halbwüchsiger Sohn vor einer Klausur am Kopf kratzt und auf die Lippe beißt, könnte dies ein zuverlässiger Hinweis auf seine Nervosität oder unzureichende Prüfungsvorbereitung sein. Diese Gesten sind womöglich ein fester Bestandteil seines Verhaltensrepertoires in Stresssituationen, die Sie auch in anderen vergleichbaren Situationen immer wieder entdecken werden und die Sie somit als idiosynkratische Zeichen von emotionalem Stress interpretieren können. Denn grundsätzlich gilt: Das beste Anzeichen für künftiges Verhalten ist vergangenes Verhalten.
5. Gebot: Du sollst im Umgang mit anderen versuchen, ihr Normalverhalten zu ermitteln. Um eine Vorstellung vom Normalverhalten der Menschen zu bekommen, mit denen man regelmäßig interagiert, muss man wissen, wie sie gewöhnlich aussehen, sitzen, wo sie ihre Hände ablegen, wie sie ihre Füße hinstellen. Es empfiehlt sich, ihre Körperhaltung und normale Mimik, ihre Kopfhaltung und sogar die Stelle, an der sie normalerweise persönliche Gegenstände wie ihre Geldbörse platzieren, zu kennen. Sie sollten in der Lage sein, zwischen einem »normalen« und einem »angespannten« Gesichtsausdruck zu unterscheiden (siehe Abbildungen 1 und 2).
Wenn man das Normalverhalten nicht kennt, geht es einem so wie den Eltern, die nie in den Rachen ihres Sprösslings blicken, bis er einmal krank wird. Sie rufen den Arzt an und versuchen zu beschreiben, wie der Hals aussieht, haben aber keinen Vergleichswert, weil sie nie in den Hals ihres Kindes geblickt haben, als es noch gesund war. Nur wenn man den Normalzustand kennt, ist man auch in der Lage, Abweichungen zu erkennen und zu identifizieren.
Selbst wenn Sie jemandem nur einmal begegnen, sollten Sie stets versuchen, sich vom ersten Moment an ihr oder sein ursprüngliches Verhalten einzuprägen. Nur so können Sie feststellen, ob er oder sie davon abweicht - was Ihnen wiederum wichtige Informationen liefern kann (siehe Kasten 5).
Abbildung 1: Achten Sie darauf, wie das Gesicht im entspannten Zustand aussieht. Die Augen wirken entspannt und die Lippen sind gut sichtbar.
Abbildung 2: Ein angespanntes Gesicht wirkt nervös und leicht verkrampft, die Augenbrauen sind zusammengezogen und die Stirn ist in Falten geworfen.
6. Gebot: Du sollst versuchen, immer nach multiplen Tells Ausschau zu halten - Verhaltensweisen, die in Kombination oder in Folge auftreten. Ganz deutlich werden die Dinge, wenn Sie multiple Tells oder eine ganze Reihe körperlicher Verhaltensweisen beobachten, auf die Sie sich verlassen können. Diese Signale fügen sich zusammen wie die Teile eines Puzzles. Je mehr Puzzleteile Sie besitzen, desto besser stehen die Chancen, dass Sie sie zu einem stimmigen Gesamtbild ergänzen können. Wenn ich beispielsweise sehe, wie ein geschäftlicher Mitbewerber Verhaltensweisen zeigt, die auf
Stress hindeuten, und kurz darauf Gesten erkenne, mit denen er sich selbst zu beruhigen versucht (Beruhigungsgesten siehe Seite 53 ff.), kann ich mir ziemlich sicher sein, dass er sein Angebot aus einer Position der Schwäche heraus unterbreitet.
7. Gebot: Du sollst nach Verhaltensänderungen
Ausschau halten, die auf eine Veränderung der Gedanken, Gefühle, Interessen oder Absichten hinweisen. Plötzliche Veränderungen des Verhaltens können darauf hinweisen, dass jemand Informationen verarbeitet oder auf emotionale Ereignisse reagiert. Ein Kind, das sich ganz aufgeregt darauf freut, einen
Kasten 5
WAS IST HIER LOS?
Stellen Sie sich einen
Weitere Kostenlose Bücher