Menschen lesen: Ein FBI Agent erklärt, wie man Körpersprache entschlüsselt
Augenblick lang vor, dass Sie der Vater beziehungsweise die Mutter eines achtjährigen Jungen sind, der im Rahmen eines großen Familienfests darauf wartet, seine Verwandten zu begrüßen. Wie jedes Jahr warten Sie bei dieser Gelegenheit mit Ihrem Sohn darauf, an die Reihe zu kommen und den Anwesenden Guten Tag zu sagen. Er hat in der Vergangenheit nie gezögert, loszurennen und den anderen Familienangehörigen um den Hals zu fallen. Diesmal jedoch verharrt er an Ort und Stelle und bewegt sich keinen Zentimeter, als er an der Reihe ist, Onkel Harry zu umarmen.
»Was ist denn los?«, fragen Sie flüsternd und schubsen ihn sanft in
Richtung Onkel. Ihr Sohn aber sagt gar nichts und reagiert nur äußerst widerstrebend auf Ihr körperliches Signal. Was sollen Sie tun? In
diesem Fall ist es zunächst wichtig, festzustellen, dass das Verhalten
Ihres Sohns von seinem Normalverhalten abweicht. Denn früher hat er nie gezögert, seinen Onkel in die Arme zu schließen. Warum also diese Verhaltensänderung? Dass er stocksteif neben Ihnen steht, deutet darauf hin, dass er sich bedroht fühlt oder etwas Negatives spürt. Vielleicht gibt es ja auch gar keinen logischen Grund für seine Angst, aber bei aufmerksamen und - in vernünftigen Maßen - vorsichtigen Eltern sollten die Alarmglocken schrillen. Das im Vergleich zu früheren Situationen abweichende Verhalten Ihres Sohns deutet an, dass seit der letzten Begegnung möglicherweise etwas Negatives zwischen ihm und seinem Onkel vorgefallen ist. Vielleicht war es nur eine kleine Meinungsverschiedenheit, jugendliche Unbeholfenheit oder die Reaktion auf eine Vorzugsbehandlung, die der Onkel einem anderen Verwandten hat zuteil werden lassen. Andererseits kann dieses Verhalten auch auf einen viel ernsteren Hintergrund hinweisen. Der entscheidende Punkt ist, dass jede Abweichung vom Normal- beziehungsweise ursprünglichen Verhalten eines Menschen ganz grundsätzlich ein Indiz dafür ist, dass etwas im Argen liegt, das, wie in diesem besonderen Fall, genauer unter die Lupe genommen werden sollte.
Freizeitpark zu besuchen, wird sein Verhalten schlagartig ändern, wenn es plötzlich erfährt, dass der Park geschlossen ist. Bei Erwachsenen ist es nicht anders. Wenn man am Telefon eine schlechte Nachricht erhält oder etwas Belastendes sieht, spiegelt der Körper diese Veränderung sofort wider.
Unter gewissen Umständen können Veränderungen im Verhalten eines Menschen auch ein Interesse oder eine bestimmte Absicht offenbaren. Die genaue Beobachtung solcher Änderungen versetzt Sie somit in die Lage, Handlungen und Reaktionen einer Person gewissermaßen vorherzusehen. Und damit sind Sie klar im Vorteil - vor allem wenn die bevorstehende Handlung Ihnen oder anderen Schaden zufügen könnte (siehe Kasten 6).
8 . Gebot: Du sollst lernen, falsche oder irreführende nonverbale Signale zu erkennen. Um sicher zwischen authentischen und irreführenden Hinweisen unterscheiden zu können, bedarf es einiger Übung und Erfahrung. Denn hierfür ist nicht nur ein planvolles Beobachten erforderlich, sondern vor allem auch sorgfältiges Beurteilen. In den folgenden Kapiteln werde ich Ihnen erläutern, wie man anhand subtiler
Unterschiede im Verhalten eines Menschen einzuschätzen lernt, ob er Ihnen gegenüber aufrichtig ist oder nicht.
9. Gebot: Du sollst den Unterschied zwischen Behagen und Unbehagen erkennen. Fast mein ganzes Erwachsenenleben lang habe ich mich mit nonverbalem Verhalten befasst und ich bin zu dem Schluss gekommen, dass wir uns vor allem auf zweierlei konzentrieren sollten: Behagen und Unbehagen. Diese Einteilung ist ganz entscheidend - und eine wichtige Methode, nonverbales Verhalten zu deuten. Hinweise darauf, ob sich jemand wohlfühlt oder nicht, helfen dabei, Ihr Gegenüber besser einzuschätzen. Wenn Sie sich beispielsweise einmal nicht sicher sind, was ein bestimmtes Verhalten zu bedeuten hat, dann fragen Sie sich einfach, ob das Verhalten eher Behagen ausdrückt (wie Zufriedenheit, Freude, Entspannung) oder ob es vielmehr auf Unbehagen (wie Unmut, Unzufriedenheit, Stress, Nervosität, Anspannung) schließen lässt. Meistens werden Sie in der Lage sein, das beobachtete Verhalten einer dieser beiden Kategorien zuzuordnen.
10. Gebot: Du sollst diskret sein, wenn du andere beobachtest. Die Analyse nonverbalen Verhaltens macht es erforderlich, Menschen gezielt zu beobachten und ihre nichtsprachlichen Verhaltensweisen genau zu studieren. Bei der Beobachtung anderer sollten Sie
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