Menschen lesen: Ein FBI Agent erklärt, wie man Körpersprache entschlüsselt
trotzigen, impertinenten Halbwüchsigen vor, der von seiner Mutter zu einem teuren Pullover befragt wird, der im Einkaufszentrum gestohlen wurde, und Sie haben eine ziemlich genaue
Vorstellung von den Defensivtaktiken, die derjenige zum Einsatz bringt, der sich unwohl in seiner Haut fühlt.
Jemand, der Ihnen die Unwahrheit sagt oder etwas verheimlicht, wird zudem versuchen, Körperkontakt zu vermeiden. Während meiner beruflichen Laufbahn konnte ich immer wieder beobachten, dass dies besonders auf Informanten zutraf, die übergelaufen waren und nun gegen Bezahlung falsche Informationen lieferten. Da aufrichtige Personen ihre Mitmenschen gelegentlich berühren, um ihre Äußerungen zu akzentuieren, ist dieses Distanzverhalten ein überaus nützlicher Hinweis darauf, dass eine Person nervös ist. Bemerkt man während eines Gesprächs, dass jemand seine Bewegungen immer weiter reduziert oder womöglich gänzlich einstellt - vor allem sobald ihm wichtige Fragen gestellt werden, die er beantworten muss -, kann dies auf ein Täuschungsmanöver hindeuten (Lieberman, 1998, 24). Wenn Sie einen Freund oder Familienangehörigen zu einer ernsten Angelegenheit befragen müssen und die Situation es zulässt, sollten Sie in Erwägung ziehen, sich dicht neben die betreffende Person zu setzen und, falls möglich, sogar ihre Hand zu halten. Auf diese Weise können Sie im Verlauf des Gesprächs leichter feststellen, ob sie Berührungen auszuweichen versucht.
Ein Mangel an Berührungen bedeutet freilich nicht automatisch, dass jemand eine täuschende Absicht verfolgt, immerhin ist körperlicher Kontakt in manchen zwischenmenschlichen Beziehungen auch nicht unbedingt angemessen. Außerdem kann es sein, dass jemand einer Berührung ausweicht, weil er Sie nicht mag - denn wir berühren grundsätzlich Menschen nicht gern, die wir nicht mögen oder respektieren. Kurzum: Art und Dauer der Beziehung zur jeweiligen Person spielen bei der Beurteilung eines distanzierenden Verhaltens ebenfalls eine wichtige Rolle. Konzentriert man sich auf das Gesicht, sollte man nach subtilen Verhaltensweisen Ausschau halten, etwa nach einer Grimasse oder einem verächtlichen Blick (Ekman, 1991, 158-169). Beobachten Sie auch, ob in einem ernsten Gespräch der Mund einer Person zittert oder sich vor Unbehagen verzieht. Jeder Gesichtsausdruck, der zu lange anhält oder auffallend häufig wiederholt wird, ist generell beachtenswert - ob es sich nun um ein Lächeln, ein Stirnrunzeln oder einen überraschten Blick handelt. Ein solches gekünsteltes Verhalten während eines Gesprächs oder einer Befragung zielt darauf ab, Meinungen zu beeinflussen, und wirkt eher unglaubwürdig. Wenn Menschen bei einem Fehler oder einer Lüge ertappt werden, hält ihr Lächeln oft eine halbe Ewigkeit an. Dieses falsche Lächeln ist kein positives Signal, sondern vielmehr ein Ausdruck von Unbehagen.
Wenn wir etwas hören, das uns nicht gefällt, schließen wir oft unsere Augen, um es auszublenden. Die verschiedenen Formen der Blickvermeidung sind insofern genauso aussagekräftig wie ablehnende Gesten - etwa das Verschränken der Arme vor der Brust oder das Abwenden des Oberkörpers, wenn jemand etwas sagt oder tut, mit dem wir nicht übereinstimmen. Diese Varianten des Vermeidungsverhaltens werden unbewusst ausgeführt, kommen vor allem in öffentlichen Frage- oder Verhörsituationen vor und stehen normalerweise in Bezug zu einem bestimmten Thema. In solchen Situationen lässt sich gelegentlich auch ein Flattern der Augenlider beobachten (Navarro & Schafer, 2001, 10).
An den Augen kann man sehr gut erkennen, wie jemand bestimmte Informationen aufnimmt und welche ihm gegebenenfalls unangenehm sind, dennoch dürfen wir von solchen Signalen nicht unmittelbar auf Täuschung oder Lüge schließen. Ganz deutlich: Ein Ausweichen oder ein Vermeiden von Augenkontakt deutet nicht auf Täuschung hin (Vrij, 2003, 38-39). Es wäre blanker Unfug, so etwas zu behaupten - und zwar aus den Gründen, die wir bereits im vorigen Kapitel besprochen haben.
Tatsache ist, dass etwa Trickbetrüger und andere Verbrecher sogar häufiger Augenkontakt suchen als die meisten anderen Menschen; sie fixieren ihr Opfer regelrecht mit ihrem Blick. Die Forschung beweist eindeutig, dass Menschen, die es gewohnt sind, rücksichtslos Macht auf andere auszuüben (wie Psychopathen, Häftlinge und Gewohnheitslügner), beim Lügen und Vorspiegeln falscher Tatsachen den Augenkontakt sogar noch verstärken (Ekman, 1991,
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