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Menschen wie Götter

Menschen wie Götter

Titel: Menschen wie Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Snegow
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Maschine der „Steinbock“ hoffnungslos sei. Der Wahnsinn der ersten beiden, so sagte ich, bleibe im Rahmen ihrer Spezialsphäre. Sie hätten die Vernunft verloren, nicht die Persönlichkeit, sofern man bei einer Maschine von Persönlichkeit sprechen könne. Trotz allem blieben sie denkende Aggregate, allerdings schlecht denkende, falsch und verwirrt denkende. Die Maschine der „Steinbock“ dagegen habe aufgehört, Maschine zu sein, sie betrachte sich als Mädchen, als unglückliches, lasterhaftes Mädchen. Und sie sei aufs Reimeschmieden verfallen! Könne man sich einen größeren Irrsinn vorstellen?
    „Romero teilt gewiß nicht deine Ansicht, daß das Verfassen von Versen die höchste Form von Wahnsinn sei“, bemerkte Oleg.
    „Ich spreche von Maschinen, nicht von Menschen.
    Die Menschen begeistern sich oft für merkwürdige und nutzlose Beschäftigungen. Sie haben einen eigenen Begriff von Wahnsinn. Viele stellten ihn sich, zumal in alten Zeiten, als etwas Erhabenes vor. Sagte man nicht: ,Ich bin wahnsinnig glücklich’ oder ,Sie ist wahnsinnig hübsch’? Ein Physiker behauptete einst, in der Wissenschaft seien nur die Wahnsinnsideen richtig. Leider ordnet sich das menschliche Bewußtsein nicht immer der Logik unter. Die Maschinen aber sind immer logisch, nützlich und vernünftig, dadurch unterscheiden sie sich von ihren Schöpfern.“
    Oleg hatte gegen meine Erklärung nichts einzuwenden.
    „Ellon, du kümmerst dich um die Wiederherstellung der denkenden Maschinen“, sagte er. „Dennoch darf sich das Labor nicht von den anderen Arbeiten abhalten lassen. Wie steht’s um die Experimente mit dem Kollapsan?“
    „Atomare Zeit verändern wir mühelos.“
    „Das ist zu wenig. Irina, komm mal her“, rief Oleg.
    Ich hatte schon oft bemerkt, daß sich Irina zurückzog, sobald Besuch erschien. Oleg sagte so bewegt wie selten: „Meine Freunde, Irina und Ellon. Ich fürchte, wir bringen das Sternenflugzeug nicht aus dem Kern heraus, wenn wir nicht einen physikalischen Prozeß finden, der es erlaubt, uns der feindlichen Beobachtung der Ramiren zu entziehen. Gebt mir die Möglichkeit, wenigstens für eine Weile der Gleichzeitigkeit mit den Gegnern zu entfliehen. Möglicherweise gab es sie nicht im ,Früher’, oder es wird sie im ,Dann’ nicht geben, aber im Jetzt’ sind sie zugegen, und sie sind stärker als wir ... Habt ihr mich verstanden, Freunde?“
    Irina nickte nur. Ellon sagte: „Ich bin bereit, die Experimente mit der Makrozeit zu beginnen. Dazu brauche ich einen toten Gegenstand und ein Lebewesen. An toten Gegenständen herrscht kein Mangel, aber wo nehme ich einen lebenden Organismus her?“
    „Nimm Mizar, Ellon“, riet ich. „Auch früher wurden Hunde für Experimente benutzt. Mizar ist zwar ein denkendes Tier, und wir werden ihm das Wesen des Experiments erklären müssen, um seine Zustimmung zu erhalten ... “
    „Sprich du mit Mizar“, unterbrach mich Ellon.
    „Wir Demiurgen sehen die Tiere nicht als ebenbürtig an, wie ihr Menschen das zu tun liebt.“
    „Irina, übernimm du die Verhandlungen mit Mizar! Du hast recht, Ellon, der Mensch verhält sich auch einem Tier gegenüber menschlich.“
    Ich bezweifle, daß Ellon meinen Tadel verstand.
    Irina versprach, mit Mizar zu sprechen. Ich trat wieder zu der Schiffsmaschine der „Steinbock“.
    „Kennst du mich? Erinnerst du dich? Hörst du mich?“ Als Antwort sang sie ein Liedchen in klirrendem Diskant, der mit ihrem früheren sicheren Bariton nicht die geringste Ähnlichkeit hatte.
    Der Anblick der großartigen, vor kurzem noch so vernünftigen Maschine, die sich plötzlich einbildete, ein Lebewesen zu sein und auf irrsinnige Weise nur die Beziehungen zwischen Mann und Frau gelten ließ, stimmte mich so traurig, daß mir beinah die Tränen kamen.

2
     
    Am Abend besuchte mich Romero.
    Er setzte sich in einen Sessel, klemmte sich den Spazierstock zwischen die Knie und starrte zerstreut auf den Bildschirm. Dort war immer noch die gleiche Landschaft der Weltenhölle zu sehen ein Lichtstrudel satanisch rasender Gestirne. Und plötzlich wurde mir mitleidsvoll bewußt, was ich früher nicht beachtet hatte: Romero wurde alt. Er erlaubte sich zwar immer noch kein graues Härchen, weder auf dem Kopf noch im Bart, aber die Falten ließen sich nicht verbergen. Sein noch schönes gepflegtes Gesicht wirkte müde. Ich spürte, daß er gebrochen war und Trost brauchte. Fast scherzhaft fragte ich: „Ein interessantes Abenteuer, nicht wahr,

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