Menschen wie Götter
Pawel?“
Er blickte mich lange mit den großen dunklen Augen an, und ich erinnerte mich plötzlich, was Mary einmal gesagt hatte: „Pawel ist so gut gebaut, so elegant, so wohlerzogen, er hat die schönsten Augen, die ich je bei einem Manne sah, und er machte mir den Hof, was du dir nicht einfallen ließest. Und ich wußte nichts Besseres, als mich in dich Liederlichen bis über beide Ohren zu verlieben!“
„Admiral, Sie neigen zu ungeheuerlichen Paradoxen“, entgegnete er. „Eine Tragödie ein interessantes Abenteuer zu nennen ... !“
„Wenn Sie allerdings an Petri und seine Kameraden denken ... “
„Ich spreche von Ihnen und von mir, scharfsinniger Eli! Welch nicht wiedergutzumachende Torheit! In den siedenden Kern zu fliegen wie ein Falter ins Licht! Schwache Falter in den grausamen Händen der Feinde!“
„Die Falter gehen Ihnen wohl nicht aus dem Kopf, Pawel?“
„Ja, sie gehen mir nicht aus dem Kopf, erwiderte er bitter. „Seit dem Augenblick, da die Ramiren die , Schlangenträger’ vernichteten, sage ich mir immer wieder, daß wir Falter sind, die ins Feuer taumeln.
Und wissen Sie, was ich Ihnen sagen werde? Dieses selbe Wörtchen servierte mir unsere Schiffsmaschine.“
„Sie waren im Laboratorium?“
„Ich komme gerade von dort. Ich fragte, was sie über die Zeitrisse in dieser seltsamen Welt denke, die sich Galaxiskern nenne. Und sie antwortete ... Was meinen Sie, hochweiser Freund, was sie antwortete?“
„Wahrscheinlich trällerte sie unsinnige Verse.“
„Ja, Verse. Folgende:
Wie ein Falter gaukle ich durchs Leben,
find’ auf keiner Blume Ruhe mir,
sollt’ ich einer meine Seele geben,
freudetrunken brächt’ ich sie nur dir ... “
„Ein banales kleines Couplet. Interessant ist allenfalls, daß sich die Schiffsmaschine nicht mehr einbildet, ein dummes Mädchen zu sein, sondern ein zügelloser Geck.“
„Nein, mein alter Freund, interessant ist etwas anderes. In meinem Gehirn tauchte das Wort ,Falter’ auf, und die Maschine benutzte es. Sagt Ihnen das nichts, Eli?“
„Nicht das mindeste.“
„Das sollte es aber, Admiral. Nun, Sie haben sich ja nie für die alten Bräuche interessiert, das ist eben Ihre Natur. Ist Ihnen bekannt, Eli, daß meine Diplomarbeit an der Universität den Titel trug: ,Die sentimentale Poesie des Kleinbürgertums Ende des neunzehnten Jahrhunderts der alten Ära’? Und daß in dieser Diplomarbeit sämtliche Verschen zitiert sind, mit denen unsere verdrehte Schiffsmaschine operiert?“
„Das ist tatsächlich interessant.“
„Ich freue mich, daß Sie sich der Hauptsache nähern. Der Schlag der Ramiren führte zur Persönlichkeitsspaltung unserer armen übergeschnappten Maschine.“
„Zeitspaltung, Pawel.“
„Ja, Sie haben recht, zur Zeitspaltung. Sie ist in zwei Epochen zugleich. Physisch ist sie hier, bei uns.
Doch mit allen Assoziationen, mit ihrem Verständnis ist sie in der Vergangenheit. Wir alle sind durch unsere Strahlungen mit ihr verbunden; ich bin ebenfalls, wie Sie wissen, in ihr kodiert. Offensichtlich hat sie auch früher meine Gehirnimpulse wahrgenommen, meine Kenntnisse, meine Vorstellungen von der Vergangenheit, aber in ihrer praktischen Arbeit konnte sie aus diesem Vorrat nichts benutzen. Doch jetzt, da sie zurückgeworfen ist, operiert sie nur mit den Kenntnissen, die sich auf die Vergangenheit beziehen.
Sie fragten, ob sie Sie kenne, gaben ihr die Gleichungen Ngoros ein, aber in der Vergangenheit, die ihre Gegenwart geworden ist, gab es Sie nicht, existierte Ngoro nicht. Der Wahnsinn der Schiffsmaschine besteht darin, daß sie physisch ,hier’ und Jetzt’ ist, doch intellektuell ,dort’ und früher’.“
„Die anderen Schiffsmaschinen weisen andere Wahnsinnsformen auf, Pawel.“
„Jeder wird auf seine Weise verrückt, lieber Admiral. Das bezieht sich nicht nur auf uns Menschen, sondern auch auf die Maschinen.“
Ich sagte: „Ihr Gedanke eröffnet eine interessante Möglichkeit, die Schiffsmaschinen wiederherzustellen.“
Er entgegnete voller Bitterkeit: „Ich sehe eine andere Möglichkeit voraus: Wir alle werden bald den Verstand verlieren.“
Und er erinnerte an Oan und dessen kranke Zeit.
„Die Perspektive, die der Verräter androhte, ist Wirklichkeit geworden: Wir sind in der kranken Zeit. Es war ein großer Irrtum, daß wir, in Welten dahinjagend, wo die Disharmonie der Zeit Gesetz ist, hofften, diese Strafe werde uns selbst verschonen. In dem Chaos des Kerns garantiert die
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