Menschen wie Götter
setzte mich. Die allgemeine stumme Bestürzung quälte mich, nicht deshalb, weil ich auf Verteidigung aus war, nein, aber ich konnte nicht aus dem Leben scheiden, wenn der Saal bestürzt schwieg. Oleg fragte, ob man mit mir einverstanden sei, ob man Einwände habe, und erhielt keine Antwort. Romero sagte leise etwas zu Mary, sie nickte.
„Also, wer möchte sprechen?“ fragte Oleg.
Plötzlich explodierte Oshima. Die Selbstbezichtigungen des Admirals seien Unsinn! Seine Nerven seien zerrüttet, lange habe er sich zusammengenommen, nun könne er nicht mehr, seine Frau solle ihn pflegen, weiter sei nichts nötig.
Und wieder erhob sich Romero. „Ich sagte schon, daß Eli bei guter Gesundheit ist. Und die Fakten, über die er uns instruierte, sind zu bedeutsam, als daß wir sie einfach abschütteln dürften. Ich verlange Erörterung.“
„Nun gut, fangen Sie an“, schlug Oleg vor.
„Ja, ich beginne, wenn kein anderer das tun will.
Einerseits stimme ich dem zu, was der Admiral sagte, andererseits protestiere ich. Ich bin einverstanden, daß Oan kein einfacher Toter ist, sondern ein schlau spezialisierter Apparat zur Verbindung mit den Ramiren. Und ich unterstütze die Meinung des Admirals, daß es auf dem Schiff Informanten gibt und einer von ihnen der Admiral selbst ist.“
„Mit anderen Worten - Sie unterstützen die Anklage?“ präzisierte Oleg.
„Keineswegs!“
„Bei soviel Berührungspunkten mit dem, was der wissenschaftliche Leiter vorgetragen hat ... “
„Es gibt mehr Punkte, in denen wir nicht übereinstimmen. Ich nenne die wichtigsten. Oans Leiche ist ein Sendeapparat, aber wohl kaum der einzige. Die Ramiren mußten berücksichtigen, daß wir Oan vernichten könnten, sagen wir, daß wir ihn verbrennen und die Asche zerstreuen. Solange sich Oan auf dem Schiff befand, installierte er wahrscheinlich noch andere lauschende, spähende und gedankenerratende Anlagen, wir werden sie schwerlich alle finden. Nun das zweite: Ich bezweifle, daß der Admiral die einzige Informationsquelle der Ramiren ist. Die gleichen Erwägungen, er kann sterben, den Verstand verlieren.
Der Admiral meint, daß er Oan dubliere. Wer garantiert, daß nicht jeder von uns in diesem Sinne den Admiral dubliert? Selbstverständlich ist er der wichtigste Informant, allerdings übernimmt er sich, wenn er sich einbildet, der einzige zu sein.“
„Sie sehen die Sachlage noch düsterer als der wissenschaftliche Leiter“, bemerkte Oleg.
„Sie werden bald erkennen, daß es nicht so ist. Der Admiral ist kein Spion! Schon deshalb nicht, weil er es nicht freiwillig wurde, denn Spion zu sein ist ein Beruf, kein Unglücksfall. Jeder von uns ist vielleicht genau so ein Spion wie Eli. Sollen alle deswegen hingerichtet werden? Somit ist das Verbrechen nicht erwiesen und die Strafe, für die wir gestimmt haben, sinnlos. Ich sehe keinen Anlaß, unseren Freund Eli zu bestrafen! Außerdem gibt es noch einen äußerst triftigen Grund, weshalb wir den Vorschlag des Admirals entrüstet zurückweisen müssen. Darf ich dabei verweilen?“
„Selbstverständlich, Romero!“
Der Saal hatte geschwiegen, als ich sprach, und gelärmt, als Romero seine Gegenargumente vortrug, nun verfiel er wieder in gespanntes Schweigen. Hier möchte ich erklären, daß ich mein Diktat unterbreche und eine Aufzeichnung einschiebe. Ich brauchte Romeros Lobpreisungen an meine Adresse auch nicht anzuführen, ich tue es, weil sich aus seiner Rede wichtige praktische Schlußfolgerungen ergaben.
Romero sagte, an mich gewandt: „Admiral, ich kenne Sie von Kindheit an, und ich höre nicht auf, über Sie zu staunen. Sie sind gewöhnlich und ungewöhnlich zugleich. Das Geheimnis besteht darin, daß Sie stets den Umständen entsprechen. In durchschnittlicher Situation sind Sie der Durchschnittlichste der Durchschnittlichen; kein Freund, nicht einmal die scharfsinnigste akademische Maschine würde Sie aus der Masse von Ihresgleichen herausfischen. Ist nicht eben dies geschehen, als die Ora-Expedition zusammengestellt wurde? Aber es braucht nur nach einem Gewitter zu riechen, da verändern Sie sich. Da erwachen Sie gleichsam aus der Gewöhnlichkeit, springen aus ihr heraus. Sie sind, so scheint es mir manchmal, für große Erschütterungen geboren. Wir verlieren mitunter den Kopf in schwierigen Situationen, öfter noch kämpfen wir energisch dagegen, überwinden sie mannhaft, spannen alles in uns an, um ihnen gewachsen zu sein, doch Sie sind ihr Mann, Sie sind stets auf der
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