Menschenopfer - Gibert, M: Menschenopfer
brauchen den Sascha«, brummte der Hauptkommissar mürrisch.
*
Zwei Stunden später stand nahezu zweifelsfrei fest, dass dem Brand in der Hütte mit Benzin nachgeholfen worden war. Sascha Zacharias, ein junger Mitarbeiter der Kriminaltechnik und der in diesen Fragen versierteste Kollege des Polizeipräsidiums Kassel, kam mit einem transparenten Beutel in der Hand auf Lenz und Hain zu, die frierend der Arbeit ihrer Kollegen zugesehen hatten. Rolf-Werner Gecks hatte sich etwa eine Stunde zuvor in Richtung Präsidium verabschiedet.
»Natürlich müssen wir die endgültige Analyse mit dem Gaschromatographen beim LKA abwarten, aber nach meiner Meinung wurde bei der Entstehung des Brandes eindeutig mit Benzin nachgeholfen. Hier in dem Beutel befinden sich verkohlte Holzreste, bei denen ich den Spritgeruch noch mit der bloßen Nase wahrnehmen kann.«
»Gut gemacht, Sascha«, bedankte Lenz sich und warf einen Blick in den Garten, wo gerade die sterblichen Überreste der Toten in die bereitstehenden Leichenwagen geladen wurden. Dr. Franz, der Gerichtsmediziner, stand dabei und überwachte den Abtransport. Als alles erledigt war, gesellte er sich zu den Polizisten.
»Tut mir leid, dass ich Sie so lange warten lassen musste, meine Herren, aber Ihre Göttinger Kollegen hatten mich zwei Minuten vor Ihrem Anruf wegen eines erfrorenen Berbers angefordert. Den kann ich allerdings erst sezieren, wenn er aufgetaut ist, was bei den armen Teufeln von hier glücklicherweise ein wenig anders ist.«
»Ja«, stimmte Hain zu, »auftauen muss man die nicht.«
»Glauben Sie«, wollte Lenz vorsichtig wissen, »dass Sie in deren durchgebratenem Zustand noch etwas Aussagekräftiges finden, Doc?«
Der Mediziner sah ein wenig beleidigt in den Himmel.
»Die drei sind aus medizinischer Sicht gar nicht so furchtbar übel zugerichtet, Herr Kommissar. Außerdem wissen Sie doch, dass auch das letzte Stück Holzkohle noch etwas über seinen Zustand vor der großen Hitze preisgibt. Also, machen Sie sich keine Sorgen, das wird schon.«
»Die sehen irgendwie aus, als seien sie geschrumpft«, ließ Hain seinen Gedanken freien Lauf.
»Ja, das habe ich zunächst auch gedacht«, stimmte Dr. Franz zu, »aber dafür waren sie nicht lange genug im Feuer. Es mag zwar irritierend klingen, aber ich vermute, wir haben es hier mit drei nicht besonders großen Menschen zu tun. Allesamt Männer übrigens. Außerdem bin ich schon jetzt relativ überzeugt davon, dass es sich bei dem einen um eine außereuropäische Person handelt.«
»Woher stammt er denn nach Ihrer Meinung?«, wollte Lenz wissen.
Franz fing an zu grinsen.
»Und ich dachte schon, dass Sie mich heute einmal nicht mit der üblichen Kaffeesatzleserei behelligen würden, Herr Kommissar.«
»Na ja, bei dieser Steilvorlage wäre das ein bisschen viel verlangt, was meinen Sie?«
Nun fing der Arzt laut an zu lachen.
»Ja, jetzt bin ich auch noch selbst schuld, was?«
Er schien an diesem Tag von den üblichen Fragen der Polizisten nicht einmal im Ansatz aus der Fassung zu bringen zu sein.
»Ich dachte, …, weil Sie …«
»Na, nun lassen Sie mal, Herr Lenz. Ich bin heute komischerweise nicht mal genervt von Ihren Fragen.«
Er zog fröhlich die Schultern hoch.
»Keine Ahnung. Vielleicht ist das der Beginn der Altersmilde.«
»Das wäre doch mal was«, erklärte Hain fast euphorisch. »Aber ich will mich lieber nicht zu früh freuen.«
»Gute Idee«, stimmte Franz zu. »Vielleicht sehen die Dinge ja morgen schon wieder ganz anders aus.«
»Und was ist nun mit dem einen Toten?«, wollte Lenz die gute Stimmung des Pathologen ausnutzen. »Woher stammt er, wenn schon nicht aus Europa, nach Ihrer Meinung?«
»Ich vermute, er war Asiate. Von seinem Gesicht konnte man, wie Sie vermutlich selbst gesehen haben, nicht mehr viel erkennen, aber die Physiognomie lässt für mich relativ wenig Zweifel aufkommen.«
»Das gilt aber nur für den einen?«
Dr. Franz nickte.
»Ja. Bei den anderen war ich mir zunächst nicht ganz schlüssig, aber nach genauerem Hinsehen denke ich, dass es Europäer sind. Allerdings sage ich das alles vorbehaltlich der Obduktion, aber das wissen Sie ohnehin. Und jetzt fahre ich besser hinter den dreien her, dann kann ich mich heute noch mit einem von ihnen beschäftigen. Außerdem will ich noch heute Abend mit den notwendigen Vorbereitungen ihrer DNA-Analyse beginnen. Schönen Tag noch, die Herren.«
Damit drehte er sich um und nahm Kurs auf seinen Wagen, der etwa 20
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