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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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wirklich keine Neuigkeit. »Wieder mal? Der wievielte Versuch ist das eigentlich?«
    »Weiß ich nicht mehr, aber diesmal habe ich überhaupt keine Probleme damit.«
    Wer’s glaubt, wird selig! Was hatte sie nicht schon alles probiert? Mentales Training, Akupunktur und NikotinKaugummi, sie hatte es sogar fertig gebracht, sich eins dieser teuren Nikotinpflaster auf die Haut zu kleben, trotzdem zu rauchen und sich dabei auch noch wohl zu fühlen, obwohl das angeblich gar nicht möglich sein sollte. »Bevor ich dir gratuliere, warte ich erst mal ab, wie lange du durchhältst. Welche Methode ist es denn diesmal? Hypnose?«
    »I wo«, sagte sie lachend, »bloß ein Buch. Solltest du auch mal lesen.«
    »Dann schick’s mir doch.«
    »Hol es dir lieber selber ab.« Kurze Pause, dann etwas zögernd: »Ich wollte dich nämlich bitten, ob du … – nein, falsch. Also Hannes und ich wollten fragen, ob du nicht zwei oder drei Tage raufkommen kannst zum Helfen. Wir ersticken in Ware. Der halbe Hof steht schon voll, und vorhin sind wieder acht Euro-Paletten gekommen. Alles Weihnachtsartikel. Die Sachen müssen ausgepackt und ausgezeichnet werden.«
    »Weihnachtsartikel? Jetzt – im August?«
    »Wann denn sonst? Nächsten Monat müssen die Sachen in den Regalen stehen.«
    Als Konsument ist man ja daran gewöhnt, schon im Hochsommer mit Spekulatius und Dominosteinen konfrontiert zu werden, ab September marschieren die Nikoläuse auf, und die ersten bunten Ostereier gibt es kurz nach Neujahr, zunächst noch als ›Frühstückseier‹ deklariert. Da ist es eigentlich logisch, dass man im Großhandel noch ein bisschen früher dran sein muss. »Na gut, ich werde mal sehen, was sich machen lässt.«
    Zeit genug hätte ich und Lust auch. Christbaumkugeln auszupacken stellte ich mir unterhaltsamer vor, als jeden Morgen erst die Strippen von der Wäschespinne abzuwischen und dann abzuwarten, was ich heute draufhängen musste. Wieder Übergardinen oder eine alte Decke, die Rolf ausgebuddelt und für noch verwendungsfähig angesehen hatte? »Du musst sie bloß mal in die Waschmaschine stecken!«
    Mein Ehemann hatte nämlich eine neue Beschäftigung für sich entdeckt. Ruheständler tun sich ja oft ein bisschen schwer mit dem Ruhestand, wenn er denn tatsächlich eingetreten ist. Doch nachdem Rolf feststellen musste, dass alles, was er sich ›für später‹ aufgehoben hatte, überhaupt keinen Spaß mehr macht, sobald man unbegrenzt Zeit dafür hat, war er auf die Suche nach etwas Neuem gegangen und hatte auch tatsächlich was gefunden. Seit Tagen entrümpelte er nämlich das Haus und hatte in der Mansarde damit angefangen. Und zwar nicht in den diversen Schränken, wo sich schon seit Jahren seine alten Skizzenblocks stapelten, Flaschen und Fläschchen mit teilweise schon eingetrocknetem Inhalt, Prospekte, Zeitschriften, zwei Reißbretter und Kilo schwere Ordner – nein, er musste zuerst in die beiden Dachkämmerchen kriechen und sich mit Hallo auf die darin abgestellten Pappkartons stürzen. Die waren noch ein bisschen älter, ihr Inhalt noch ein bisschen staubiger, und am vernünftigsten wäre es gewesen, den ganzen Kram ins Auto zu laden und zur Mülldeponie zu fahren. Vielleicht hätte ich ihn dazu sogar überreden können, wäre nicht Sven ausgerechnet in jenem Augenblick aufgetaucht, als sein Vater ein altes Album mit Zigarettenbildchen ans Tageslicht gezerrt hatte. »Was’n das?«
    »So was haben wir früher gesammelt. Erst die Bilder, und wenn man genügend hatte, kriegte man ein Album dazu mit erklärenden Texten. Die Bilder waren alle nummeriert und mussten nur noch in die leeren Stellen geklebt werden.
    »Wann hast du denn damit angefangen?«, forschte Sven. »Mit dem Sammeln?«
    »Nee, mit’m Rauchen.«
    Rolf nahm seinem Sohn das Album wieder aus der Hand. »Das erste Mal mit vierzehn, aber danach ist mir nicht nur schlecht geworden, ich habe auch noch von meinem Vater rechts und links eins hinter die Löffel gekriegt. Mit siebzehn habe ich es noch mal probiert und bin dabei geblieben. Leider.«
    »Und was machst du jetzt mit den Dingern?« Es waren nämlich noch zwei weitere Alben zum Vorschein gekommen, eins verstaubter als das andere, vor allem »Die Indianerstämme Nordamerikas« hatten schon richtig Patina angesetzt und rochen muffig.
    »Papiercontainer«, entschied Rolf. Das fand Sven auch. »Mach ich nachher. Im Keller stapeln sich sowieso schon wieder sechs Wochen Verbraucherinformationen, die kann ich gleich mit

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