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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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dunkelgrünen Klecks Land inmitten einer unendlichen Wasserwüste sollte ich also ausgesetzt – nein, falsch – abgesetzt werden, konnte zwei Stunden lang Robinson spielen, als Nackedei herumhüpfen, lauthals singen, was ich in Hörweite anderer Ohren niemals tat … weshalb also kam ich mir wenig später so grenzenlos verlassen vor, als das Boot aus meinen Blickfeld verschwand? Ich hatte doch alles, was ich brauchte! Meine Liege samt Luma, den Schirm, eine Kühlbox randvoll mit Getränken, Buch, Brille, sogar Musik, Steffi hatte mir ihren Walkman dagelassen, und trotzdem fühlte ich mich überhaupt nicht wohl. Sogar Uschilein hätte ich jetzt freudig begrüßt.
    Nachdem ich zum vierten Mal auf die Uhr gesehen und festgestellt hatte, dass gerade mal siebzehn Minuten vergangen waren, entschloss ich mich zu einer Insel-Erkundung. Ich setzte sogar die Baseballkappe auf, weil mich hier niemand sehen konnte, denn bisher hatte ich mich strikt geweigert, das Ding zu tragen. Lieber riskierte ich einen Sonnenstich. Die meisten Frauen können sich auf den Kopf setzen, was sie wollen, irgendwie steht es ihnen. Ich gehöre leider nicht dazu, kriege mit jeder Kopfbedeckung einen leicht debilen Touch und sehe mit einer Baseballmütze ausgesprochen dämlich aus, egal, wie herum ich sie aufsetze. Ich hab’s sogar mal mit einem dieser großen Strohhüte versucht, unter denen Sophia Loren immer so fantastisch aussieht (sie ist nur ein halbes Jahr jünger als ich!!!), aber das war auch eine Fehlentscheidung.
    »Trag lieber weiter naturell!«, hatte Steffi empfohlen und sich nur mit Mühe das Lachen verbeißen können.
    »Was meinst du damit?«
    »Haare pur!«
    Die Inselbesichtigung endete bereits nach knapp fünfzig Metern, weil das Mangrovengestrüpp bis ins Wasser reichte und ein Weiterkommen unmöglich machte. Also Kehrtwendung in die andere Richtung, doch da sah es nicht viel besser aus. Querdurch war auch nicht möglich, dort wucherte zwar viel Grünes, allerdings so üppig, dass es zu einem regelrechten Dschungel zusammengewachsen war. Eine Machete hätte ich gebraucht, hatte jedoch nur ein Küchenmesser, mit dem ich nicht mal die beiden Mangos durchschneiden könnte, die man mir für den Fall eines plötzlichen Heißhungers dagelassen hatte.
    Außer Sand und Meer gab es nur noch etwas in rauen Mengen, nämlich Muscheln. Nicht die kleinen flachen, wie man sie haufenweise an Nord- und Ostsee findet, sondern diese riesigen, wie aus Porzellan geschaffenen bunt schillernden Kunstwerke, deren Einfuhr unter hohen Strafen steht. Hier lagen sie einfach so herum, natürlich nicht poliert wie in einschlägigen Geschäften erhältlich, sondern teilweise noch von Kalk verkrustet. Doch nach entsprechender Bearbeitung würden auch sie wunderschön aussehen. Viele waren allerdings beschädigt, angeschlagen und durchlöchert von Sturm und Wellen, aber es gab auch noch eine ganze Menge, die heil geblieben waren. Zwei habe ich mitgenommen, in Badeanzüge gewickelt durch den Zoll geschmuggelt, mir hätte doch kein Beamter geglaubt, dass ich sie am Strand gefunden habe. Einfach so.
    Ich weiß nicht, wie Robinson das jahrelang ausgehalten hat, so mutterseelenallein auf seiner Insel, dabei hatte er nach seiner Rettung nicht mal zu einem Psychiater gemusst. Ich wurde ja schon nach anderthalb Stunden kribbelig und war heilfroh, als nach exakt 109 Minuten das Tauchboot wieder um die Ecke bog. Rein geographisch stimmt das natürlich nicht, eine runde Insel hat keine Ecken, aber wie drückt man es korrekt aus, wenn ein Boot quasi um die Kurve biegt? Jedenfalls war es plötzlich da, warf seinen Anker, und sofort setzte sich wieder eine Karawane in Bewegung, diesmal umgekehrt. Erst wurden ein Klapptisch nebst drei passenden Hockern an Land getragen, gefolgt von einer großen Geschirrkiste, dann kamen ohne Ende Kühlboxen und zum Schluss Thermokannen mit Tee und Kaffee.
    Juan machte sich an die Arbeit, lehnte jede Hilfe ab, erlaubte nicht einmal, dass Hannes die Kronkorken von den Wasserflaschen entfernte, bis der ihn regelrecht zusammenstauchte, und dann tafelten wir so aufwändig wie weiland Großwildjäger in der afrikanischen Steppe, nur mit dem kleinen Unterschied, dass wir statt Abendkleid und Smoking Badehose und Bikini trugen (ich ausnahmsweise auch, als Robinsonine durfte ich das). Nachdem Juan abgelehnt hatte, sich zu uns zu setzen, machten wir erst gar nicht den Versuch, die drei Boys vom Boot zu holen. Sie blieben an Bord und würden später

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