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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Nahrungsmitteln), und ehe man sichs versieht, ist aus dem »bisschen Salat« eine komplette Mahlzeit geworden.
    Heute nicht! Heute würde mich niemand in Versuchung führen!
    Und dann sah ich auf dem Weg zum Frühstück zwei Boys eine Liege zum Boot tragen, ein dritter folgte mit einem zusammengefalteten Sonnenschirm, unterm Arm meine Luftmatratze … die machten tatsächlich Ernst! Nun half nichts mehr, ich musste mit. Obwohl ich keine Lust hatte und mir mindestens zehn Gründe einfielen, weshalb ich mich vor der Fahrt drücken könnte, angefangen von Durchfall (Steffi hatte ihn schon hinter sich) über Sonnenbrand (selbst wenn man schon braun ist, kann man immer noch welchen kriegen, man sieht ihn bloß nicht mehr) bis zu noch nicht genau diagnostizierten Leiden, aus denen sich immerhin noch etwas entwickeln konnte. Doch diese Blöße wollte ich mir nicht geben, also Augen zu und durch, beziehungsweise: Augen auf und erst mal zehn Meter durchs Wasser, dann mit leicht durchnässten Shorts rauf auf den Kahn. Die Leiter erinnerte mich doch sehr an das Metallgestänge, auf dem zu Hause immer der Schornsteinfeger herumklettert, genauso unhandlich und genauso verrostet.
    Eine kleine Karawane näherte sich, vorneweg der Koch, der jedoch eine Berührung mit dem Wasser sorgfältig vermied und vom Strand aus das Verladen des Geschirrs, der Getränke und vor allem der Kühlboxen überwachte.
    »Ich denke, außer uns fährt heute niemand mit?«, wandte sich Hannes an den Tauchguide, der natürlich mit von der Partie sein musste, obwohl er sich um seine beiden Schutzbefohlenen nicht mehr zu kümmern brauchte und es auch meistens nicht tat.
    Es käme niemand mehr, sagte Juan, aber der Koch habe Anweisung gehabt, für ein ausreichendes Picknick zu sorgen.
    »Von dem, was da eben angeschleppt worden ist, wird mindestens ein Dutzend Leute satt, wir sind aber bloß sieben«, murmelte Steffi, »einschließlich der Crew.«
    Juan schüttelte den Kopf. »Die isst was anderes.«
    Nun war es klar: Wir würden alle drei ausgesetzt werden! Bekanntlich gibt man den dazu verurteilten Delinquenten Nahrung für ein paar Tage mit, und wenn die alle ist, werden sie hoffentlich Kokospalmen gefunden und Angeln gelernt haben.
    Die Fahrt war wunderschön. Es gab kaum Dünung, die Sonne stand noch nicht so hoch, wir konnten also ohne Bedenken vorne auf den Planken liegen und uns bescheinen lassen, eine leichte Brise brachte Kühlung, und wenn doch mal eine Welle hochschwappte, empfand ich das als angenehm, obwohl ich es eigentlich hasse, mit kaltem Wasser bespritzt zu werden. Fliegende Fische gab es auch. Diese Bezeichnung ist übrigens falsch, sie fliegen nämlich nicht, sondern springen einfach schräg aus dem Wasser und plumpsen wieder hinein. Einer landete in offenbar selbstmörderischer Absicht im Boot, wurde jedoch von Hannes wieder zurückgeworfen, bevor ihm einer der Boys mit dem Messer zu Leibe rücken konnte. Der war dann auch entsprechend sauer. Fische sind zum Essen da und nicht zum Spielen, basta!
    Wir waren schon an einigen Inseln vorbeigekommen, hatten sie jedoch immer weiträumig passiert. Sie schienen alle unbewohnt zu sein, abgesehen von zwei oder drei Holzhütten direkt am Ufer, Unterschlupf für Fischer bei Unwetter. Nur auf einer herrschte lebhaftes Treiben. Zwei Boote lagen auf dem breiten Strand, Schwimmer tummelten sich im Wasser, weiter draußen sah man lauter kleine Periskope in die Höhe ragen, offenbar ein ergiebiges Gebiet für Schnorchler, Musik klang herüber, und gewinkt wurde natürlich auch.
    »They are tripper«, erläuterte Tauchlehrer Juan und begriff nicht, weshalb ich ihn wohl etwas verdattert ansah. Immerhin bezeichnet diese Vokabel bei uns ein medizinisches Problem, mit dem man nicht unbedingt hausieren geht, außerdem hatte ich nur halb zugehört, lediglich das eine Wort verstanden und dann ganz entsetzt gefragt: »Müssen die hier etwa in Quarantäne?«
    »Das sind Ausflügler«, klärte mich Hannes auf, nachdem er sich endlich beruhigt hatte, »keine Aussätzigen!« Er fing wieder an zu lachen.
    Na schön, man kann sich ja mal irren, dabei hatte ich doch schon in einer der ersten Englischstunden gelernt, dass trip Ausflug hieß, im Gegensatz zu study trip, was so viel wie Lehrgang bedeutet, denn auf einem solchen hatten wir uns seinerzeit befunden zwecks Besichtigung einer Ausstellung, für die unsere amerikanischen Besatzer verantwortlich zeichneten.
    Die übernächste Insel war meine. Auf diesem runden,

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