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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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Fahrer, inzwischen ausgestiegen und mit der oberflächlichen Reinigung seiner Mütze beschäftigt, nickte.
    »Would you help to carry our luggage, please?« Keine Ahnung, ob es hier Kofferkulis gab, wahrscheinlich nicht, aber Hannes würde für männliche Hilfe beim Gepäcktransport dankbar sein.
    Wieder nickte der Fahrer, machte jedoch keine Anstalten, mir zu folgen.
    »Please come with me!«
    Er lächelte freundlich, nickte und lehnte sich wartend an die Motorhaube. Erst als ich ihn unmissverständlich heranwinkte und er sofort kam, ging mir ein Licht auf: Der gute Mann verstand wenig beziehungsweise gar kein Englisch! Na, dann ade Mittagessen, Einkaufstipps und Sightseeingtour mit kundigen Erläuterungen. »Did you understand whatever I said?«, vergewisserte ich mich noch einmal.
    »Yes!«, freute er sich und hielt mir die Tür auf. Er hatte nichts, aber auch gar nichts kapiert!
    Während Steffi mit ergebener Miene auf ihrem Tauchrucksack hockte, die diversen Kleinteile um sich herum verteilt, war Hannes in eine heftige Auseinandersetzung mit einem Mann verwickelt, den ein kleines Schild mit einem unaussprechlichen Namen als Angestellten des Airports auswies. Zwischen ihnen stand mein grüner Koffer. Offenbar war er nass geworden, denn auf seinem Deckel zeichnete sich ein großer dunkler Fleck ab.
    Früher, als die Urlaubsziele noch Nordsee geheißen hatten, Österreich oder allenfalls Italien, also mit Zug oder Auto zu erreichen, hatte ich immer einen schönen schwarzen Hartschalen-Koffer mitgenommen, der so manchen Sturz aus unterschiedlichen Höhen problemlos überstanden, sich aber auch als Campingtisch, Abwehrschild gegen eine wildgewordene Kuh und einmal sogar als Wickelkommode bewährt hatte. Dann kam die erste Flugreise und mit ihr die Gewichtsbeschränkung. Zwanzig Kilo maximal klingt viel, ist es aber nicht, und ganz entschieden zu wenig, wenn der Koffer schon leer vierkommaundetwas Kilo auf die Waage bringt. Also kaufte ich mir einen ganz leichten aus diesem modernen, imprägnierten Spezialstoff. Rolf meinte zwar, das Ding würde nicht mal eine einzige Reise überstehen, doch das stritt ich rundheraus ab. Schließlich sei ja Garantie drauf, sogar fünf Jahre lang. Dass die sich nur auf die Reißverschlüsse bezog, stellte ich erst später fest, aber da hatte man ihn mir sowieso schon geklaut.
    Den schwarzen Hartschalenkoffer habe ich immer noch, da liegt jetzt der ganze Weihnachtsbaumschmuck drin, aber der , leichte Grüne war bereits Nummer drei seiner Gattung; Nummer zwei (gedecktes Grau) hatte sich Sven mal ausgeliehen, und seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen. Und Grün dürfte nach dieser Reise ebenfalls ausgedient haben, denn die vermeintliche Feuchtigkeit entpuppte sich als Öl, und zwar nicht parfümiertes gegen die Sonne, sondern durchdringend stinkendes Maschinenöl. Wie es an den Koffer gekommen war, hatte sich inzwischen ermitteln lassen; aus Platzmangel hatte man ihn in irgendeine Luke vom Flugzeugrumpf geschoben, wo normalerweise kleinere Ersatzteile und eben auch gelegentlich Ölkanister lagern.
    An wen man sich wegen der Regressansprüche wenden müsse, wollte Hannes wissen, hier handele es sich um eindeutiges Verschulden der Fluggesellschaft, also läge ein Versicherungsfall vor, und den möge man doch bitte protokollieren.
    Der Herr mit dem unaussprechlichen Namen bedauerte zutiefst, könne aber leider nichts machen, so etwas käme schon mal vor, eine Entschädigung gäbe es dafür nicht, und ob wir es nicht mal bei der deutschen Fluglinie versuchen wollten, die hätte mehr Geld.
    Ich zog Hannes zur
Seite. »Hör
auf, das bringt doch nichts! Wenn’s die staatliche Fluggesellschaft wäre, hätte ich vielleicht Chancen, aber doch nicht bei diesen Stoppelhopsern! Und überhaupt solltest du deine Nerven jetzt nicht überstrapazieren, denn wenn du gleich erfährst, dass unser Taxifahrer zwar seit mindestens anderthalb Stunden vor der Tür steht« – ich hatte eine Zigarette pro fünfzehn Minuten Wartezeit kalkuliert –, »jedoch der englischen Sprache nicht mächtig ist, dann wirst du …«
    »Waaas?«, tobte er los. »Gibt’s denn jetzt auch hier schon Fremdarbeiter, denen man erst anhand des Stadtplans erklären muss, wo man hin will?«
    »Die Englisch sprechenden Filipinos fahren jetzt Taxi in New York!«, erinnerte ich ihn, und das kann wohl jeder bestätigen, der dort schon mal auf eines dieser knallgelben Autos angewiesen war. »Den Flughafen wird er hoffentlich ohne verbale

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