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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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und hoffnungslos überfüllt, oder die etwas gehobenere Ausführung, also Wartesaal 2. Klasse mit Tischdecken, allerdings von zweifelhafter Sauberkeit, und gerammelt voll.
    »Vielleicht wird’s später ein bisschen leerer, jetzt ist ja Mittagszeit!« Steffi drehte um. Reine Schutzbehauptung, andere Leute denken zehn Minuten nach drei schon wieder an Kaffee und Kuchen! Egal, es war wirklich zu voll, außerdem hatte mein Magen resigniert und rebellierte nicht mehr.
    Draußen war inzwischen ein großes Polizeiaufgebot eingetroffen, Absperrgitter wurden aufgestellt, hinter die alles, was nach Zivilist aussah, zurückgedrängt wurde, und wir mittendrin. Nur hatten wir im Gegensatz zu den übrigen Wartenden keine Ahnung, was eigentlich los war, doch da sich niemand aufzuregen schien, konnte es sich bei diesem Auftrieb wohl kaum um Gefahr für Leib und Leben handeln. Hinter den Gittern herrschte ein Gedränge wie beim Aufmarsch der Kandidaten für die Bambi-Verleihung.
    Nachdem die Zufahrtstraße und der unmittelbare Bereich vor den Eingangstüren geräumt, gefegt und das niedere Volk in gebührender Entfernung zurückgehalten war, konnte das wie auch immer geartete Spektakel beginnen. Zuerst fuhr eine schwarze Limousine vor, der vier bis an die Zähne bewaffnete Männer entstiegen. Sie sahen sich um, bauten sich rechts und links des Eingangs auf, warteten. Dann kam eine wesentlich größere Limousine mit verdunkelten Scheiben, aus der gemächlich ein Mann stieg mit Vollbart, Sonnenbrille, Nadelstreifen-Anzug und dieser weißen Gardine auf dem Kopf, wie sie Beduinen in der Wüste und die auf der Faschingsfete als Scheichs verkleideten Wohlstandsbürger zu tragen pflegen. Ihm folgten drei tiefverschleierte Frauen, die sofort in den Terminal huschten. Der Scheich schritt hinterher, die Türen schlossen sich, die Leibwächter stiegen zurück ins Auto, -und dann war der ganze Spuk auch schon wieder verschwunden. Bis die Gitter abgebaut waren, dauerte es zwar noch ein Weilchen, aber niemand murrte. Wir auch nicht. Bis zum Abflug hatten wir immer noch über vier Stunden Zeit, und hier draußen war’s sowieso viel interessanter als drinnen, denn jetzt ging das Gedränge erst richtig los!
    Wer immer diese VIP-Familie gewesen sein mochte, ihr Erscheinen hatte alles durcheinander gebracht. Fluggäste, die immer noch draußen standen, obwohl sie längst hätten drin sein müssen, stürmten nach vorne und kollidierten mit jenen, die eigentlich schon in ihrer Maschine sitzen sollten und es noch eiliger hatten, die Ticket-Kontrolleure kontrollierten erheblich schneller als noch bei uns, und die am Scanner hatten auch keine Zeit mehr, sich über den Inhalt der Gepäckstücke zu amüsieren.
    Weshalb es für Hoheit, die doch sicher über einen Privatjet verfügte, nicht auch einen privaten Zugang zum Rollfeld gab, also irgendwo außen rum auf Schleichpfaden an der Besenkammer vorbei und der Feuerwehr-Garage, bleibt auch eine der nicht erklärbaren Ungereimtheiten dieses eigenartigen Flugplatzes. »Vielleicht brauchte der Scheich das Bad in der Menge«, überlegte Stefanie, verwarf diesen Gedanken aber sofort wieder. »Dann geht er aber ziemlich sparsam mit dem Wasser um.«
    Schon eine viertel Stunde kann ewig dauern, beim Zahnarzt zum Beispiel, bis die Betäubungsspritze endlich wirkt, oder im Supermarkt, wenn man gerade vor jener Kasse steht, an der die neue Hilfskraft eingelernt wird, aber vier Stunden in einer aufgeheizten, lärmerfüllten Halle auf einem Koffer zu sitzen und darauf zu warten, dass man endlich in den Flieger steigen kann, ohne vorher einen Schreikrampf zu kriegen, erfordert schon eine ganze Menge Selbstbeherrschung. Aus lauter Verzweiflung spielten wir sogar
Ich sehe was, was du nicht siehst,
gaben aber schnell wieder auf, weil die Frau mit der roten Jacke bereits verschwunden war, bevor ich auch nur viermal raten konnte, oder weil sich jemand genau vor den Pfeiler gestellt hatte und Steffi das grüne Schild gar nicht sehen konnte.
    Koffer packen ist auch ein für derartige Situationen geeignetes Spiel, nur bin ich darin nie sehr gut. Wer nimmt aber auch einen zitronenfaltergelben Baumwollnadelkissenaufhänger mit auf Reisen oder Acetylsalecylsäure? Und wenn ich dann – wie immer verloren hatte, musste ich mir von meiner Tochter auch noch sagen lassen, dass ich ja wohl Aspirin kennen würde.
    Nach anderthalb Stunden kannten uns die Männer vor dem Scanner schon recht gut, denn jedes Mal, wenn einer von uns draußen

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