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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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halbe Stunde später die Abschiedszeremonie am Strand: Manager Roy, Doc, drei der vier Kellner, Elena von der Rezeption und Beverly vom Shop, der Tauchguide nebst Gehilfe, der Poolboy und der Beachboy … außer dem Barkeeper Joe, der noch schlafen durfte, waren alle aufmarschiert, mit denen wir ein bisschen Kontakt gehabt hatten. Im letzten Augenblick erschien sogar noch der Koch, dem Hannes schon gestern als Dank für unsere abendlichen Kostproben die so oft bewunderte Mini-Taschenlampe samt Batterien geschenkt hatte. Ein letztes Mal Schuhe in die Hand nehmen, vorsichtig durchs Wasser staken – ist hier eigentlich immer Flut? –, über die Hühnerleiter an Bord, ein letztes Foto von der aufgereihten Belegschaft, dann auf Wiedersehen, winke-winke, goodbye, yes, some time we come back, perhaps next year …
    »Jetzt reicht’ s!« Erleichtert ließ sich Hannes auf die Bank fallen. »Allerdings bin ich mir ziemlich sicher, dass ich nicht noch einmal hierher zurückkommen werde!«
    Das gemütliche Tuckern übers Meer waren die letzten ruhigen sechzig Minuten dieses Tages (die folgende Nacht eingeschlossen, bekanntlich hat ein Tag ja 24 Stunden), obwohl man mit etwas gutem Willen auch noch den Spaziergang über den Holzbohlensteg dazurechnen müsste. Den kannten wir ja schon, und das Gepäck brauchten wir auch noch nicht selber zu schleppen. Unsere Maschine sollte gegen zehn Uhr starten, genauer hatte sich Elena nicht festlegen wollen, aber wenn die nicht käme, sei das nicht schlimm, dann würden wir eben mit der nächsten fliegen, da gehe ja dauernd eine, und überhaupt sollten wir uns keine Sorgen machen, der Taxifahrer müsse sowieso warten. Bis zum Abend seien wir aber ganz bestimmt in Manila.
    Nach unseren Erfahrungen mit philippinischer Zuverlässigkeit (Hannes war immer noch der Meinung, das erwartete Telegramm müsse unterwegs auf der Strecke geblieben sein) hätten wir eigentlich misstrauisch werden müssen, andererseits würde der Flieger nach Frankfurt erst um 20.30 Uhr abheben, also Zeit genug für ein bisschen Sightseeing; auf der Hinreise hatten wir von Manila außer der abendlichen Weihnachtsbeleuchtung und des morgendlichen Verkehrschaos so gut wie nichts gesehen. Deshalb hatten wir schon in Deutschland einen Taxifahrer geordert, der uns zunächst zum Internationalen Flughafen bringen und warten sollte, bis wir das Gepäck zur Aufbewahrung gegeben hatten, um uns dann die Stadt zu zeigen und vielleicht ein paar Tipps zu geben, wo man etwas essen bzw. einkaufen könnte; jede Großstadt hat ihre Shopping-Meile, und Imelda Marcos wird seinerzeit bestimmt nicht wegen jedem Paar Schuhe nach Paris oder London geflogen sein! Nur dort, wo wir vor drei Wochen entlanggefahren waren, hatten wir nichts gefunden, was einem Stadtzentrum auch nur ein bisschen geähnelt hätte.
    Aber so weit waren wir ja noch gar nicht. Wir hatten gerade erst den Spaziergang über den Mangrovensumpf hinter uns gebracht, diesmal ohne Führer, den Weg kannten wir bereits, und als wir das ›Bahnwärterhäuschen‹ erreichten, stand sogar schon der Bus davor. Es war derselbe wie auf der Herfahrt, nur hatte er jetzt auch noch den anderen Kotflügel verloren, dafür war das Seil, mit dem der Reservekanister auf dem Trittbrett festgebunden war, ganz neu.
    Offenbar hatte man auf uns gewartet, denn im spärlichen Schatten verteilt saßen die übrigen Passagiere. Ein paar kannten wir schon, sie waren mit uns angekommen, danach hatten sich jedoch unsere Wege getrennt, die anderen waren Einheimische auf Einkaufstrip. Busuanga ist nämlich auf Grund seines Airports nicht nur Startplatz in die große weite Welt, sondern gleichzeitig eine Art Distrikt-Hauptstadt. Irgendwo am anderen Ende der Insel soll es eine größere Ortschaft geben mit ein paar Geschäften und sogar einer Kneipe.
    Wie üblich kamen die Koffer wieder aufs Dach, auch die zwei Pappkartons mit den lebenden Hühnern und das Fahrrad ohne Räder, gefolgt von den jugendlichen GepäckBewachern, dann durften wir Touristen einsteigen und nach uns die einheimischen Passagiere. Erst hatte ich befürchtet, hier würde mal wieder die Zwei-Klassen-Gesellschaft praktiziert, doch wenig später wurde mir klar, dass wir auf den vorderen Plätzen dank nicht mehr vorhandener Fensterscheiben den Staub aus erster Hand kriegten, während die Einheimischen, mit diesen Vehikeln und vor allem den Sandpiste bestens vertraut, die hinteren Sitze vorgezogen hatten.
    Auch die schlimmste Fahrt geht mal zu Ende!

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