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Menschenskinder

Menschenskinder

Titel: Menschenskinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Evelyn Sanders
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ich auch jedes Mal, wobei es keine Rolle spielt, dass ich diese typischen Liebesromane nicht mag und auch für Tiergeschichten nicht allzu viel übrig habe; sie stehen aber auf der Bestseller-Liste, also müssen sie zwangsläufig gut sein! Wenn ich alle ›für später mal‹ zurückgestellten Bücher lesen wollte, müsste ich einen mindestens dreimonatigen Urlaub auf einer einsamen Insel verbringen, sonst schaffe ich das nie!
    Doch dann kam die Zeit, als die Mädchen nicht mehr nur finanziert werden mussten, sondern sich – zumindest teilweise – selbst finanzierten. Ausgenommen Stefanie, die stand schon auf eigenen Beinen, auch wenn sie immer noch ein bisschen wackelten. Es hatte ja eine Weile gedauert, bis sie sich endlich für einen Beruf entscheiden konnte, aber genau dann lernte sie Hannes kennen und stieg in seine Firma ein.
    Die Zwillinge studierten. Später, nachdem sie ihr Staatsexamen in der Tasche hatten, erwähnte Nicki mal ganz nebenbei: »Eine Zeit lang waren das einzig Regelmäßige in unserem Leben nur die Tage, an denen wir bei Horten gejobbt haben!« Dafür kannten sie die Neckarwiesen besser als die Hörsäle der Uni, was die schon häufig geäußerte Behauptung, in Deutschland seien die Studienzeiten zu lang, mal wieder bestätigt.
    Egal, die Mädchen verdienten ihr eigenes Geld, behielten sogar welches übrig, nur wer auf die Idee mit den Städtereisen gekommen war, ließ sich hinterher nicht mehr feststellen. Jedenfalls bekam ich zum Geburtstag einen Drei-TageAufenthalt in München, weil ich mal geäußert hatte, von dieser Stadt nicht mehr zu kennen als das Hotel und die Buchhandlung, in der ich eine Lesung gehabt hatte. Und weil so ein Kurztrip allein ja keinen Spaß macht, würden mich meine Töchter begleiten. Das Vierbettzimmer (?) mit Dusche in einer Pension nahe des Stachus sei bereits gebucht und angezahlt, ein festes Programm habe man allerdings noch nicht, da wolle man sich ganz nach mir richten.
    Ich war richtig gerührt, und es machte mir auch gar nichts aus, dass das ganze Unternehmen eine ziemlich teure Angelegenheit wurde, denn die ›Spesen‹ habe natürlich ich getragen, einschließlich Benzin und zweimal täglich Essengehen. Das Vierbettzimmer hatte gestimmt und die Dusche, nur stand sie etwas irritierend im Zimmer gleich neben dem Waschbecken. Aber günstig lag die Pension wirklich, und bei McDonalds kriegt man ja auch noch was abends um elf. Dieser Ausflug in die große weite Welt – wir leben nun mal in der schwäbischen Provinz, für uns ist ein Ort, in dem man sogar nachts jederzeit ein Taxi bekommt, Inbegriff des Großstadtlebens – hatte nicht nur mir, sondern offenbar auch den Mädchen so gut gefallen, dass ich im nächsten Jahr einen neuen Gutschein bekam, diesmal für Nürnberg, da waren sie nämlich auch noch nicht gewesen. Allerdings sind dreißig Grad im Schatten nicht unbedingt die richtige Temperatur für Sightseeing und Kopfsteinpflaster, aber die Kirschen, auf dem Markt gekauft und gleich aus der Tüte gefuttert, haben großartig geschmeckt. Die Lebkuchen nicht ganz so gut, weil wir sie erst stundenlang durch die Hitze getragen und später im Hotel kaum mehr auseinandergekriegt haben. Aus nahe liegenden Gründen kann man sie in Nürnberg auch im Hochsommer kaufen, der Winter bekommt ihnen aber besser!
    Meine stille Hoffnung, das nächste Mal sei vielleicht Hamburg dran, erfüllte sich nicht, stattdessen bekam ich zum Geburtstag eine äußerst komfortable Gartenliege mit extra dicker Auflage und einem Tischchen, das an die Armlehne gehängt werden konnte. »Darauf kannst du künftig alles ablegen, was du sonst auf den Rasen schmeißt, also Buch, Brille, Knochen [1] und so weiter«, sagte Katja und demonstrierte das auch sofort, indem sie meine erst halbgeleerte Kaffeetasse auf das Tischchen stellte. Das neigte sich sofort zur Seite, prompt begann die Tasse zu rutschen und zerschellte schließlich auf den Terrassenfliesen.
    »Tut mir Leid«, meinte Katja nur, »das war wohl angewandte Physik sechste Klasse, Thema ›Die schiefe Ebene‹.«
    Da ich nicht gewillt war, vor Benutzung dieses Tisches jedes Mal sein Gleichgewicht anhand einer Wasserwaage zu ermitteln, verzichtete ich auf die vermeintliche Bequemlichkeit und deponierte meine Utensilien weiterhin rund um die Liege auf dem Boden. Da passiert es schon mal, dass man Proteine im Glas hat oder eine Ameise im Ohr, weil die gerade auf dem Telefonhörer spazieren geht, wenn es klingelt, doch daran sind

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