Menschenskinder
Silber poliert, meist von einer ältlichen Tante, die bereits vorher angereist ist, nur habe ich weder das eine noch die andere – und der oft zu kleinen Küche, in der bei drei Personen schon eine zu viel ist.
Ganz klar, bei derartigen Anlässen ist man in einem Restaurant besser aufgehoben, es muss ja nicht gleich eine Burg sein! Aber einen Polterabend zieht man doch eigentlich zu Hause durch, oder doch nicht? Na gut, der von Steffi und Hannes hatte auch nicht gerade im kleinen Kreis stattgefunden, aber die haben schließlich ein Geschäft und Kunden, die ›den Hannes schon als Schulbub gekannt‹ hatten, und außerdem den großen Parkplatz vor der Halle, auf dem das ganze Spektakel abgelaufen war.
Andererseits hatte ich überhaupt nur wenige Hochzeiten mitgemacht, war also kein Experte auf diesem Gebiet. Höchstens als Kind, Omi hatte nämlich einen großen Bekanntenkreis gehabt und ich ein gutes Gedächtnis! Deshalb hatte sie das jeweilige Brautpaar auch immer mit endlosen Versen bedichtet, während ich das spätere Produkt ihrer nächtlichen Eingebungen (sie hatte tatsächlich immer Block und Bleistift auf dem Nachttisch liegen gehabt!) irgendwann zwischen Kaffee und Abendessen vortragen musste. Anschließend hatte ich das Poem, von Omi in Sütterlinschrift auf Büttenpapier festgehalten, mit genau eingetrichterten Worten zu überreichen. Kein Wunder also, wenn ich Hochzeiten ausgesprochen lästig fand und schon in zartem Kindesalter beschlossen hatte, niemals zu heiraten.
Vielleicht hatte sich deshalb meine eigene lediglich in dem so oft zitierten ›engsten Familienkreis‹ abgespielt und ist auch nicht weiter erwähnenswert, wenn man davon absieht, dass ich mir meinen Brautstrauß selber aus dem Blumengeschäft abholen musste. Auf einen Polterabend hatten wir verzichtet, und bei Sascha hatte es auch keinen gegeben. In England kennt man das nicht, da muss der Bräutigam am Vorabend der Hochzeit mit seinen Freunden Abschied vom Junggesellenleben feiern, was in meinen Augen ein idiotischer Brauch ist. Entweder hat der arme Kerl weitgehend nüchtern zu bleiben, was jedoch der englischen Tradition widerspricht, oder er steht den nächsten Tag nur mit Alka Selzer und den meist rezeptpflichtigen Zuwendungen eines verständnisvollen Apothekers durch.
Es gibt Ereignisse im Leben, die man weder beeinflussen noch nachträglich korrigieren kann, und dazu gehört der eigene Geburtstag. Meiner fiel genau in die Planungszeit für den Polterabend, was das Vergnügungs-Komitee plötzlich vor ein neues Problem stellte. Statt vor der noch immer nicht ausdiskutierten Überlegung, ob Bier, Wein und Alkoholfreies ausreichen würde, oder nicht doch ein paar Flaschen Konzentriertes angebracht seien, stand die Familie nunmehr vor der Frage: Was schenken wir Määm zum Geburtstag?
Müßig zu erwähnen, dass Määm schon seit zwei Jahrzehnten beteuert, gar nichts haben zu wollen, weil sie wunschlos glücklich sei (was natürlich nicht stimmt, sie möchte immer noch liebend gerne eine Weltreise machen oder wenigstens eine achtwöchige Kreuzfahrt durch Südsee und Karibik), aber das nützt nichts, ein Geschenk muss her, egal was!
Nun gibt es ja diese ungemein nützlichen Dinge, die man nicht hat, weil man sie auch gar nicht braucht oder allenfalls mal bei der Gartenparty vermisst, wenn man das Eis für die Drinks mühselig mit dem Hammer zerkleinern muss.
»Rainer hat so’n elektrischen Zerhacker, damit geht das in ein paar Sekunden«, informierte mich Katja.
»Schön für ihn, hiermit geht’s aber auch.« Dann schlug ich wieder zu, traf das Brett nicht genau in der Mitte, es sprang hoch, und die Eisstückchen flogen mir um die Ohren. Zum nächsten Geburtstag bekam ich einen chromblitzenden Mixer, der nicht nur Eis zerkleinern, sondern auch Nüsse und Blockschokolade zerhacken und, wenn man nicht aufpasst, ein Schaschlik-Stäbchen atomisieren kann. Da dieses Gerät nicht nur groß und schwer, sondern auch unhandlich ist, steht es jetzt im Keller, während ich in der Küche weiterhin meinen kleinen Kompakt-Robot benutze, in dem ich die klein gehackte Petersilie hinterher auch wiederfinde.
Im nächsten Jahr war’s der ›Heiße Stein‹, auch so eine Modeerscheinung, von der längst kein Mensch mehr spricht, und natürlich besitze ich einen Tischgrill, sehr dekorativ und für eine kleine Familie auch durchaus praktisch, jedoch ungeeignet, wenn sieben bis elf Personen am Tisch sitzen und Hunger haben.
Ach ja, Bücher bekomme
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