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Menschensoehne

Menschensoehne

Titel: Menschensoehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
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es steht fest, dass keineswegs alle eure Versuchskaninchen tot sind, denn ich bin noch am Leben, und ich war in der Klasse. Kristján Einarsson. Du erinnerst dich vielleicht an den Namen?«
    Kiddi Kolke stand jetzt direkt vor Erik Faxell und versetzte ihm mit dem Ellbogen unvermittelt einen so heftigen Stoß vor die Brust, dass der in die Knie sackte und nach Luft schnappte. Erst nach einer geraumen Weile kam er wieder zu Atem.
    »Die Kassetten, hinter denen du her warst, die sind in unseren Händen«, fuhr Kiddi Kolke fort. »Wir haben uns angehört, wie Halldór die ganze Geschichte erzählt hat. Die Polizei hatte auch einen Zeugen in Gewahrsam, dessen Aussage Halldórs Bericht auf den Kassetten stützt. Du kannst dich bestimmt an Sigmar erinnern, der war nämlich auch in der Klasse. Und jetzt bin ich wieder aufgetaucht, und ich würde sagen, dass ich ebenfalls ein ziemlich guter Zeuge bin. Deswegen ist es jetzt bald um dich und deinen Freund Sævar Kreutz geschehen.«
    »Habt ihr euch die Kassetten angehört?«, fragte Erik, als er sich wieder gefangen hatte.
    »Bist du etwa schwerhörig?«, sagte Kiddi Kolke.
    »Und?«
    »Halldór hat alles ausgekotzt. Er sagt, dass ihr ihn gezwungen habt, den Jungen in unserer Klasse andersartige Lebertranpillen zu geben. Er hat uns gedopt, damit ihr nicht herausposaunt, dass er andersrum war und sich für kleine Jungs interessierte.«
    »Wird Sævar Kreutz erwähnt?«
    »Deutlich genug, schätze ich«, sagte Kiddi Kolke.
    »Und die Polizei hat die Kassetten?«
    »Ja.«
    »Was wollt ihr dann von mir?«, fragte Erik und gab sich geschlagen. »Und wer bist du eigentlich?«, wandte er sich Pálmi zu.
    »Mein Bruder war in dieser Klasse.«
    »Und du bist dieser Kristján. Jetzt soll wohl vollendet werden, womit du vor vielen Jahren angefangen hast? Uns ist es also nicht gelungen, dir genügend Angst zu machen. Du bist wieder da.« Erik hatte begriffen, um was es ging. Ihm war klar geworden, dass er jetzt, da die Polizei Halldórs Kassetten in den Händen hatte, nicht mehr verhindern konnte, dass Sævar Kreutz vernommen würde. Er könnte vermutlich im ersten Anlauf die Polizei zunächst noch einmal hinhalten und anschließend sofort das Land verlassen. Aber diese beiden hier waren ein ganz anderes Kaliber. Das waren keine diskreten Polizisten, sondern Männer, die nach Rache dürsteten und dafür sorgen würden, dass Sævar und er vor Gericht gestellt und verurteilt würden. Erik versuchte, Zeit zu gewinnen, um mit irgendwelchen Schachzügen Sævar Kreutz eine Warnung zukommen zu lassen. Und dann waren da noch die Koreaner, die wahrscheinlich gerade gelandet waren und am Abend einen Termin bei Sævar Kreutz hatten. Was war in dieser Situation zu tun? Mit den beiden konnte er es nicht aufnehmen, deswegen beschloss er, keinen Widerstand zu leisten. Im Grunde genommen hatten sie immer mit so etwas rechnen müssen. Niemand konnte eine Sache wie diese auf Dauer geheim halten, schon gar nicht in Island. Die Frage war nur, wie viel sie wussten oder zu wissen glaubten, und wie viel man noch vor ihnen geheim halten konnte. Sie schienen nur wegen der Schulexperimente in Aufruhr zu sein, das war immerhin ein Hoffnungsschimmer.
    »Halldór hat schon vor langer Zeit damit gedroht, von diesem Experiment mit den Lebertranpillen zu erzählen«, sagte er, um Zeit zu gewinnen. »Wir sind überhaupt nicht darauf eingegangen, denn wegen seiner eigenen Vergangenheit hatte er viel zu viel Angst davor, uns anzuzeigen. Keiner von uns ist frei von Fehlern.«
    Kiddi Kolke und Pálmi warfen sich Blicke zu.
    »Was kann ich für euch tun? Gewaltanwendung ist nicht erforderlich«, erklärte er, stand auf und hielt sich die Hände vor die Brust.
    »Wir möchten, dass du uns mit Sævar Kreutz zusammenbringst.«
    »Sævar ist nicht im Lande, das ist leider nicht möglich.« Auf gut Glück versuchte er es mit einer Lüge.
    Kiddi Kolke ging wieder auf ihn zu, und jetzt wich Erik zurück und stieß gegen den schönen Glasschrank mit den Porzellanfigürchen. Es gab einen scharfen Knall, und die Scheibe bekam einen Sprung.
    »Komm uns nicht mit so was«, sagte Kiddi Kolke. »Seit zwei Wochen habe ich sein Haus beschattet und beobachtet, wie du in der amerikanischen Limousine zum Tor reinund rausgefahren bist, und ich habe gesehen, wie er dich in Empfang genommen hat, zuletzt gestern, er hat dich sogar bis zum Auto begleitet. Wir haben einen ganz simplen Plan. Du sagst, dass du Sævar dringend sprechen musst. Du kannst

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