Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Menschensoehne

Menschensoehne

Titel: Menschensoehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaldur Indridason
Vom Netzwerk:
Hamburg befand sich die Hauptniederlassung des Ingenieurbüros, das das Gebäude geplant hatte. Erst nach einigem Hin und Her wurden die Zeichnungen herausgerückt. Man hatte vergessen, sie nach Baufertigstellung zu vernichten, wie der Auftraggeber verlangt hatte. Die deutschen Kollegen hatten blitzschnell auf das Ersuchen der isländischen Kriminalpolizei reagiert.
    Auf den Plänen war zu erkennen, dass sich unter dem Wohngebäude ein Kellergeschoss befand, in das zwei Aufzüge hinunterführten. Aus den Importunterlagen des Pharmaunternehmens Fentiaz ging hervor, dass in den vergangenen Jahren etliches an Apparaten und Chemikalien nach Island eingeführt worden, aber nie in den Verkauf gelangt war. Bei der Vernehmung gab der geschäftsführende Direktor zu, dass all diese Sachen an die private Adresse von Sævar Kreutz, dem Besitzer des Unternehmens, geliefert worden seien. Gefragt, ob er wüsste, wozu sie verwendet würden, gab er zur Antwort, dass er keine Ahnung hätte. Absender war der Pharmakonzern Kreutz in Deutschland. Einiges davon hatte der Geschäftsführer mit eigenen Augen gesehen, aber anderes war ihm nie zu Gesicht gekommen, und es war ihm untersagt, darüber zu sprechen.
    Erlendur und Sigurður Óli war nahe gelegt worden, bei diesem Besuch mit äußerster Diskretion vorzugehen und keinerlei Aufmerksamkeit zu erregen. Dies fiel ihnen nicht schwer, denn sie kamen im nachmittäglichen Stoßverkehr nur im Schneckentempo vorwärts. Jetzt schneite es wieder heftig, und die Autos krochen in einer endlosen Schlange durch das Schneetreiben. Sie saßen im Auto, ohne ein Wort zu sagen, und beobachteten den Stau, bis Erlendur beschloss, in einer Sache, die ihn schon eine Weile beschäftigte, reinen Tisch zu machen. Er hatte sich bisher nicht dazu aufraffen können, darüber zu reden, sondern es stattdessen immer vor sich hergeschoben. Wie so manch andere Unannehmlichkeit, die er im Lauf seines Lebens zu verdrängen versucht hatte. Es war keine besonders günstige Gelegenheit, denn sie waren beide ziemlich müde nach einem anstrengenden Arbeitstag und wenig Schlaf, zudem war es finster, sie steckten im Stau und waren unterwegs zu einem Mann, den sie mit Samthandschuhen anzufassen hatten. Andererseits gab es kaum einen geeigneteren Zeitpunkt für einen Streit, als wenn einem die Galle überlief, dachte Erlendur. Die Autoheizung schien im Kampf gegen die Feuchtigkeit den Kürzeren zu ziehen, und die Scheiben waren beschlagen. »Wirst du deinem Freund bei der Zeitung von unserem Höflichkeitsbesuch bei Sævar Kreutz erzählen?«, fragte er schließlich abrupt und seufzte tief.
    »Was für einem Freund? Wovon redest du eigentlich?«, fragte Sigurður Óli verblüfft. Auf einen Angriff aus dieser Richtung, an diesem Ort, zu dieser Stunde, war er gänzlich unvorbereitet.
    »Ich meine deinen Freund bei der Zeitung, der als Erster über Halldór und die Kinder Bescheid wusste. Ich habe damit gedroht, dass ich denjenigen, der etwas an die Presse durchsickern lässt, schassen würde. Mit anderen Worten, du kannst dich so langsam nach einer anderen Arbeit umschauen.«
    Sigurður Óli kapitulierte. Er hatte die Angelegenheit fast vergessen, aber jetzt hatte Erlendur, stur wie er war, wieder davon angefangen. Er kam nicht zur Ruhe, bis er der Wahrheit auf die Spur gekommen war, den Fall gelöst hatte. Dann endlich fand er seinen Seelenfrieden wieder. Sigurður Óli war davon ausgegangen, dass man, indem man bestimmte Informationen an die Presse weitergab, im Gegenzug an Informationen herankäme, für die man sonst Wochen brauchen würde. Es hatte sich ja auch herausgestellt, dass die Berichterstattung in der Presse, obwohl sie wie gewöhnlich übertrieben und irreführend gewesen war, sie auf die Spur von Halldór gebracht hatte und …
    »Die Sache ist einfach die«, fuhr Erlendur fort, »dass es zwischen uns einen gewissen Vertrauensbruch gibt, von dem ich liebend gern verschont geblieben wäre, verstehst du?«
    »Moment mal, willst du damit sagen, dass ich morgen nicht zur Arbeit zu erscheinen brauche?«
    »Diesen Fall kannst du zu Ende bearbeiten.«
    »Du kannst diesen verdammten Fall selber zu Ende bearbeiten«, sagte Sigurður Óli, der in Rage geriet. »Klar, ich hab was durchsickern lassen, aber das hat uns in der Sache weitergebracht, auch wenn du es nicht zugeben willst. Und wie zum Kuckuck nochmal hast du das rausgekriegt? Diese verdammten Journalisten!« Sigurður Óli war laut geworden.
    »Auch ich habe schon

Weitere Kostenlose Bücher