Menschliche Einzelteile (German Edition)
Frankfurter
Szene Waffen und Munition. Außerdem bringt er noch einen Typen
aus Frankfurt mit, der Erfahrung mit solchen Raubüberfällen
hat. Ich kenne den Typen zwar nicht, aber der Schinken bürgt
für ihn. Von einem Kumpel bei der Stadtverwaltung habe ich
Blaupausen von Vieths Haus bekommen. Jetzt kenne ich mich da drin
wahrscheinlich besser aus als der alte Vieth selbst. Wir müssen
also nur reingehen, ihm die Kanonen unter die Nase halten, die Kohle
einraffen und wieder abhauen.“
Berthold
machte eine Pause und schaute in die Runde.
„ Also
was ist? Seid Ihr dabei?“
Lange
Zeit herrschte Schweigen.
Dann
sagte Remo: „Also, ich weiß nicht. Ich meine …
klar, wir haben darüber geredet und wir wollen dem Alten gerne
eins auswischen und so. Aber da gleich mir richtigen Kanonen
anrücken und den Typen beklauen, das ist schon ganz schön
hart. Dafür können die uns richtig drankriegen.“
„ Außerdem
wissen wir gar nicht, ob da überhaupt etwas zu holen ist“,
sagte Detlev. „Am Ende kommen wir da hin und der hat nur
Kreditkarten und so.“
Berthold
schüttelte den Kopf. „Alles Quatsch. Ich habe gehört,
es sei immer eine ordentliche Menge Bargeld im Haus. Ich habe da so
meine Kontakte bei der Bank. Die Jungs vom Schalter kommen
schließlich auch ab und zu hierher und trinken einen zu viel.
Abgesehen davon ist das alles doch ein Kinderspiel. Der alte Sack
reißt vielleicht ganz gerne mal die Schnauze auf, doch wenn
ein paar Maskierte mit Knarren vor ihm stehen, dann macht der gar
nix mehr.“
Wieder
herrschte einige Sekunden lang Stille.
Dann
sagte Remo: „Trotzdem, ich weiß nicht.“
Und
Ewald knallte seine flache Hand auf die Theke. „Ach Mist, ich
bin dabei. Wir reißen dem alten Arsch mal so richtig den …
äh.“ Die bevorstehende Wortwiederholung brachte ihn aus
dem Rhythmus.
„ Genau“,
half ihm Berthold aus. „Wir lassen dem Typen ordentlich die
Hosen runter. Und dann machen wir von der Kohle so richtig einen
drauf.“
Wieder
kehrte Stille ein.
Remo
zauderte noch immer. Klar, Spaß haben und ein paar Idioten auf
die Fratze ballern – da war er immer dabei. Doch mit Kanonen
bei jemanden anzurücken und dem auch noch die Kohle zu klauen,
das ging schon ziemlich weit über den Bockmist hinaus, den er
bis jetzt verzapft hatte. Dafür konnte man richtig lange in den
Knast wandern.
Andererseits
wäre ein bisschen Extrakohle auch nicht das Schlechteste
gewesen. Beruflich sah es für Remo nicht gerade toll aus. Er
musste schon heftig kämpfen, um die Miete für seine Bude
zusammen zu bekommen. Dabei hauste er schon in einem dieser
Wohnsilos, die im Rahmen eines sozialen Wohnungsbauprojekts am
Stadtrand entstanden waren. Dabei war er anfangs ganz stolz gewesen,
als er aus der Plattenbausiedlung in der ehemaligen DDR abgehauen
und hierher gekommen war. Aber dann hatte diese vermaledeite
Spielothek aufgemacht und alles war den Bach runter gegangen.
Und
dann hatte er sich auch noch Geld bei den Russen geliehen. Damit
hatte er in der Spielothek groß abräumen wollen. War aber
nix daraus geworden. Die Russen würden ihm wegen dieser
Geschichte bald aufs Dach steigen. Und die verhandelten nicht lange,
sondern montierten gleich irgendwelche Körperteile ab oder
knickten Gliedmaßen an Stellen, an denen die Natur keine
Gelenke vorgesehen hatte.
Hätte
Remo mit dem Begriff „Dilemma“ etwas anfangen können,
so hätte er in diesem Augenblick seine Lage mit einem Wort
beschreiben können. So sagte er sich einfach, er stecke in der
Scheiße und wolle weder das eine noch das andere. Das verstand
er selbst recht gut.
Und
dann tat Berthold etwas, das Remo vollkommen aus dem Konzept
brachte: Berthold schnappte sich drei der guten Whiskygläser
aus dem Regal und baute sie vor Remo, Ewald und Detlev auf. Dann
nahm er – oh, welch ein arabisches Wunder! - die Whiskyflasche
aus dem Regal. Nicht die „Woodcracker“-Pissbrühe
aus dem Supermarkt, sondern den 12 Jahre alten „Ye olde
Moods“.
Berthold
füllte die drei Gläser. Dabei ließ er sich nicht
lumpen. Dann verkorkte er die Flasche wieder und stellte sie in das
Regal zurück, so vorsichtig, als hantiere er mit Nitroglyzerin.
Anschließend kramte er unter der Theke einen Aschenbecher
hervor und stellte diesen vor Heino ab.
Dann
setzte er sich wieder auf seinen Barhocker und schaute jeden
einzelnen der Männer an. „Also, Leute, wie sieht es nun
aus? Wir hatten das alles besprochen und wir waren uns einig. Ziehen
wir das Ding nun durch
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