Menschliche Einzelteile (German Edition)
„Nein, das ist keine Option. Die Handgranate ist
nicht für diese Suppenkasper da drin bestimmt. Die hebe ich mir
für Mad Max persönlich auf. Nein, wir machen das ganz
anders: Ich gehe nach unten und rufe vom Wohnzimmer aus diesen
Litzinger an. Der soll eine Tränengasgranate in das
Arbeitszimmer pumpen. Damit räuchern wir die Bande aus. Sie
bleiben hier oben. Sobald die Granate durch das Fenster segelt,
setzen sie Ihre ABC-Schutzmaske auf. Dann gehen sie da rein und
schießen den Sauhaufen zusammen. Ich schnappe mir unterdessen
Mad Max. Und dann müssen wir uns noch überlegen, wie wir
den Lieben Gott wieder deaktiviert bekommen, sonst sitzen wir hier
drin fest. Aber darüber mache ich mir Gedanken, wenn das hier
vorbei ist. Also, bleiben sie wachsam und schießen sie auf
alles, was sich da drin bewegt.“
Drache
wartete nicht auf eine Antwort, sondern verschwand sofort nach
unten.
55. Der Weihnachtsmann ist da
Während
Drache die vordere Treppe hinab schlich, stürmte der Eisenonkel
die Hintertreppe hinauf. Eine Mischung aus Verachtung und
Herablassung trieb ihn dabei vorwärts. Als er oben dann
zunächst in einem Zwischenraum zwischen einem Badezimmer und
einem Gästezimmer landete, gesellte sich auch noch Frustration
hinzu. Schließlich hatte Wotan Vieth damit gerechnet, sofort
die beiden Rohre der Schwiegermutter mitten in das Gesicht
irgendeines Untermenschen abfeuern zu können, sobald er hier
oben eintraf.
Als
er überlegte, ob er sich nach rechts oder nach links wenden
sollte, ertönte von links das Geratter von Automatikwaffen.
Nun, damit blieb ihm diese Entscheidung wenigstens erspart. Er hätte
sich ohnehin für die falsche Richtung entschieden, denn er wäre
aus Prinzip nach rechts losmarschiert. Rechts war immer gut!
Doch
nun ging er nach links. Dort warf er einen Blick durch die
Türöffnung. Aha, ein Treppenvorraum. Und auf der gegenüber
liegenden Seite kauerte ein Polizist in voller Sturmausrüstung
und schoss aus seiner Dienstpistole in das Zimmer zur Linken. Von
dort wurde das Feuer heftig erwidert. Dann rief jemand mit
sächsischem Dialekt aus dem Zimmer: „Ei verbibbsch, ich
hab' keine Munition mehr!“
Der
Polizist schob ein neues Magazin in seine Waffe und brachte sich
wieder in Feuerposition. Doch statt weiter zu schießen,
brüllte der Mann plötzlich los: „He, sie! Stehen
bleiben! Oh verdammt!“ Der Polizist wandte sich der Treppe zu
und rief nach unten: „Chef! He, Chef! Da will noch einer durch
das Fenster abhauen. Den können sie in der Garage abfangen.
Chef?“
Und
dann entdeckte der Polizist Wotan Vieth. Er hob die Hand und deutete
auf den Banker.
„ Und
sie … äh, wer sind sie denn überhaupt?“
Onkel
Wotan hob die Schwiegermutter an und dachte sich einen kernigen
Spruch aus. Doch bevor er dem Polizisten eine Reihe derber Worte
entgegen schleudern konnte, gefolgt von einer doppelten Portion
Schrot, bellte im Zimmer zur Linken eine schwere Flinte los.
Es
machte „Pfiüüh!“, als der ausgestreckte
Zeigefinger des Sturmpolizisten davon flog. Der Polizist sagte:
„Ups!“
Der
Lachkrampf erwischte Wotan Vieth völlig überraschend. Für
einen Augenblick verschwanden Ärger und Frustration beinahe
vollständig und wurden von Gelächter abgelöst. Die
aufgerissenen Augen des Polizisten, die aus dieser Sturmhaube hervor
linsten – das sah einfach zum Brüllen dämlich aus!
Der
Polizist schüttelte seine Hand und sagte: „Aua!“ Es
klang etwa so aufgeregt, als kommentiere er die Übertragung
eines Schachturniers auf einem öffentlich-rechtlichen
Fernsehsender.
Onkel
Wotan krümmte sich vor Lachen. Er konnte einfach nicht anders.
Nur mit Mühe gelang es ihm, die Flinte anzuheben und nicht
allzu sehr zu zittern.
„ Junger
Mann, das nenne ich mal einen gelungenen Gag.“
Die
Schwiegermutter ging mit einem Doppelschlag los und beförderte
den Polizisten rückwärts außer Sicht. Was immer sich
in der Sturmhaube befunden hatte – die Schwiegermutter hatte
es püriert.
Die
Lachtränen kullerten noch immer aus seinen Augen, als Onkel
Wotan die Schwiegermutter in der Mitte knickte und sie von hinten
lud.
„ Ups
– aua“, äffte er den Polizisten nach. „Einfach
köstlich. Was für ein Witzbold. Also wirklich!“
Gerade,
als er die Flinte wieder verschloss, tauchte in der Tür zur
Linken ein Mann auf. Auch wenn er nun keine Maske mehr trug –
Wotan Vieth erkannte ihn auf den ersten Blick. Er gehörte zu
dieser Bande, die ihn in seinem Haus überfallen
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