Menschliche Einzelteile (German Edition)
Chirurg.
Sie können sowas doch, oder nicht? Bitte, helfen Sie dem
Berthold.“ Jessy hob eine Glock 17. „Wenn sie ihm nicht
helfen, dann knalle ich sie ab!“
Remo
schaute auf, sah die Waffe, sprang auf die Füße,
schnappte die Glock und fauchte Jessy an: „Ja verdammt
nochmal, wie bist du denn an die ran gekommen?“
„ Die
lag im Auto. Die hatte der Berthold verloren. Da habe ich sie mir
genommen.“
„ Ach
so.“ Remo schaute die Glock an. Er wirkte gedankenverloren.
Dann gab er Jessy die Waffe zurück. „Viel kannste damit
ja nicht falsch machen. Aber pass bloß auf!“
„ Könnten
wir jetzt mal wieder zur Sache kommen?“, fragte Ewald. „Also
los, Doc. Du kümmerst dich jetzt um unseren Kumpel. Und wenn du
dabei Scheiße baust, dann bist du dran, ist das klar?“
Der
Doktor schaute Ewald an, als wolle er ihn jeden Augenblick
auffressen. Dabei zerrte er das kleine Mädchen am Handgelenk in
die Höhe, als wolle er sie als Wurfgeschoss benutzen. Er sagte:
„Was glaubt Ihr eigentlich, was …“
„ Schatz!“
Alle
fuhren herum. Diejenigen, die eine Waffe trugen, nahmen die Dame des
Hauses ins Visier, die noch immer mit erhobenen Händen neben
der Tür stand. Offenbar hatte niemand mehr an die Gute gedacht
– bis auf Sören. Seine Gedanken waren beinahe pausenlos
um die Troika Jessy – Dame des Hauses – Tochter des
Hauses gekreist.
Nun
marschierte Frau Doktor von Brechtow zu ihrem Mann und legte dabei
trotz ihrer noch immer erhobenen Hände eine Anmut an den Tag,
die Sören dahinschmelzen ließ.
„ Schatz“,
säuselte sie, „warum wollen wir den Leuten nicht helfen?“
Herr
Doktor von Brechtow schaute Frau Doktor von Brechtow mit einem
Fragezeichen im Gesicht an. „Was?“
Sie
schenkte ihm ein Lächeln. „Aber das ist doch dein Beruf,
Schatz. Mit dem Messer andere Leute aufschneiden. Das machst du doch
so gerne.“ Nun zwinkerte sie dem Burschen auch noch zu.
„Außerdem haben wir als Ärzte doch geschworen,
Menschen in Not zu helfen.“
Nun
hellte sich die Miene des Burschen auf. „Ach so! Als Ärzte.
Ja, stimmt.“
Aha.
Also doch der Herr Doktor von Brechtow und kein Supersoldat. Aber
trotzdem: Als Chirurgen konnte sich Sören dieses Ungetüm
von einem Menschen ganz und gar nicht vorstellen.
„ Nun
gut“, sagte Herr Doktor von Brechtow. „Meine Frau hat
Recht. Ich muss Ihnen helfen. Das ist meine Pflicht als Arzt.
Deswegen schlage ich vor, wir begeben uns zunächst ins
Wohnzimmer und überlegen, wie wir am Besten vorgehen.“
Der
Schinken und der Typ aus Frankfurt folgten dem Wink des Doktors. Sie
schleppten Berthold in den Treppenvorraum und bogen dann durch eine
Doppelflügeltür nach rechts ab. Ewald und Remo folgten und
trieben Herrn und Frau Doktor von Brechtow vor sich her. Die Tochter
musste nicht angetrieben werden – der Doktor zerrte sie hinter
sich her wie einen ungezogenen Hund.
Kurz
bevor der Doktor im Wohnzimmer verschwand, rief der Buddha: „Ey,
Doc, wo ist denn hier das Klo?“
Der
Doktor blickte zurück. Für einen Augenblick - das hätte
Sören schwören können - stand Ratlosigkeit in den
Augen des Arztes. Doch bevor Herr Doktor von Brechtow etwas sagen
konnte, schaltete sich Detlev ein: „Das ist da links, in
diesem Flur. Das weiß ich noch von der Montage damals. Ich
musste mal und habe aus Versehen in das Bidet gekackt. Daraufhin hat
mich der Elektriker Hintermayer gefeuert. Und die von der Zeitarbeit
auch.“
„ Ist
ja gut!“ Ewald verlor offenbar die Geduld. Wieder einmal. „Der
findet das schon.“
„ Yo“,
meinte der Buddha, während er aus der Diele trottete. „Ich
finde das schon. Also, wenn ihr mich sucht: Ich gehe mal einen
dübeln.“
9. Pädagogische Maßnahme
Sören
konnte nicht mehr tun, als sich permanent umschauen. Im
Treppenvorraum führten auf der linken Seite eine Treppe nach
oben und eine Treppe nach unten - Letztgenannte vermutlich in den
Keller. Geradeaus ging es durch eine normale Tür in die Küche
– Sören sah das Aufblitzen von Küchenarmaturen,
Töpfen und Pfannen. Dann wurde er von Detlev nach rechts
geschoben, durch die Doppelflügeltür in das Wohnzimmer.
Dort
blieb ihm erneut die Klappe offen stehen – zumindest empfand
er es so. Tatsächlich stand seine Klappe schon von dem
Augenblick an sperrangelweit offen, als er die Dame des Hauses zum
ersten Mal erblickt hatte.
Dieses
Wohnzimmer musste so groß sein wie ein Fußballplatz!
Rechts prangte eine Sitzgarnitur. Helles Leder, schweres Holz. Das
Zeug
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