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Menschliche Kommunikation

Menschliche Kommunikation

Titel: Menschliche Kommunikation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Watzlawick
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Frage, ob er im Sinne des vorhergehenden Abschnitts als ein formales System betrachtet werden kann, vermutlich nicht beantwortbar ist, ist seine Suche nach einem Lebenssinn der Versuch einer Formalisierung. In diesem Sinn, glauben wir, sind gewisse Ergebnisse der Beweistheorie (besonders auf dem Gebiet der Selbstrückbezüglichkeit und der Unentscheidbarkeit) für die Paradoxie der menschlichen Existenz gültig. Dies ist aber keineswegs unsere Entdeckung; vielmehr hat Wittgenstein bereits dreizehn Jahre, bevor Gödel sein brillantes Theorem vorlegte, diese Paradoxie in philosophischen Begriffen definiert, nämlich in seinen Logisch philosophischen Abhandlungen [163]6. Wohl nirgends wurde die Paradoxie der Existenz klarer aufgezeigt, und nirgends dürfte dem Mystischen eine würdigere Stellung als der diese Paradoxie transzendierende Schritt zuerkannt worden sein.
    Wittgenstein zeigt, dass wir nur dann etwas über die Welt in ihrer Gesamtheit wissen könnten, wenn es uns möglich wäre, aus ihr hinauszutreten; wäre dies aber möglich, so wäre diese Welt nicht mehr die ganze Welt. Unsere Logik weiß aber nichts vom «Draußen»:

    Die Logik erfüllt die Welt; die Grenzen der Welt sind auch ihre Grenzen.
Wir können also in der Logik nicht sagen: Das und das gibt es in der Welt,
jenes nicht.
    Das würde nämlich scheinbar voraussetzen, dass wir gewisse Möglichkeiten ausschließen, und dies kann nicht der Fall sein, da sonst die Logik
über die Grenzen der Welt hinausmüsste; wenn sie nämlich diese Grenzen auch von der anderen Seite betrachten könnte.
    Was wir nicht denken können, das können wir nicht denken; wir können
also nicht sagen, was wir nicht denken können [163, S. 148 ff.].
    Die Welt ist also zugleich begrenzt und unbegrenzt; sie ist unbegrenzt, eben weil es nichts draußen gibt, das zusammen mit dem
Innen eine Grenze bilden könnte. Wenn dem aber so ist, so folgt
«die Welt und das Leben sind Eins. Ich bin meine Welt» (S. 150).
Subjekt und Welt sind dann nicht länger Entitäten, deren Beziehungsfunktion in der einen oder anderen Form durch das Hilfszeitwort haben bedingt ist (dass das eine das andere hat, es enthält
oder beinhaltet ist), sondern durch das existenzielle sein: «Das
Subjekt gehört nicht zur Welt, sondern es ist eine Grenze der
Welt» (S. 150).
    Innerhalb dieses Rahmens können sinnvolle Fragen gestellt
und beantwortet werden: «Wenn sich eine Frage überhaupt stellen lässt, so kann sie auch beantwortet werden» (S. 186). Doch
«die Lösung des Rätsels des Lebens in Raum und Zeit liegt außerhalb von Raum und Zeit» (S. 184). Denn wie nun hinreichend
klar sein sollte, kann nichts innerhalb eines Rahmens etwas über
den Rahmen aussagen oder auch nur fragen. Die Lösung liegt also
nicht im Finden einer Antwort auf das Rätsel der Existenz, sondern in der Erkenntnis, dass es das Rätsel nicht gibt. Das ist das
Wesen der einzigartigen, fast Zen-buddhistischen Schlusssätze
der Abhandlung:
    Zu einer Antwort, die man nicht aussprechen kann, kann man auch die
Frage nicht aussprechen.
    Das Rätsel gibt es nicht ...
    Wir fühlen, dass, selbst wenn alle möglichen wissenschaftlichen Fragen
beantwortet sind, unsere Lebensprobleme noch gar nicht berührt sind. Freilich bleibt dann eben keine Frage mehr; und eben dies ist die
Antwort.

    Die Lösung des Problems des Lebens merkt man am Verschwinden dieses Problems.
    (Ist das nicht der Grund, warum Menschen, denen der Sinn des Lebens
nach langen Zweifeln klar wurde, warum diese dann nicht sagen konnten, worin dieser Sinn bestand?)
    Es gibt allerdings Unaussprechliches. Dies zeigt sich, es ist das Mystische ...
    Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen (S. 186 ff.).

     

1. Albee, Edward: Wer hat Angst vor Virginia Woolf? Fischer Bücherei, Frankfurt a. M., 1963.
    2. Artiss, Kenneth L. (Herausgeber): The Symptom as Communication in Schizophrenia. Grüne & Stratton, New York, 1959.
    3. Asch, Solomon E.: «Studies of Independence and Submission to
Group Pressures», Psychological Monographs 70, Nr. 416.
    4. Ashby, W. Ross: Design for a Brain. John Wiley & Sons, New York,
1954.
    5. Ashby, W. Ross: An Introduction to Cybernetics. Chapman & Hall,
Ltd., London, 1956.
    6. Bateson, Gregory: «Culture Contact and Schismogenesis», Man
35, 178 (1935).
    7. Bateson, Gregory: «Social Flanning and the Concept of in Relation to the Democratic Way of Life», Science, Philosophy and Religion, Zweites

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