Menschliche Kommunikation
Medium dieser Manifestationen ist die menschliche Kommunikation.
Wir werden in der Folge dieselbe Dreiteilung auf das Gebiet
der menschlichen Kommunikation übertragen, die Morris [104] und nach ihm Carnap [30, S. 9] für das Studium der Semiotik (der
allgemeinen Lehre von den Zeichen und Sprachen) vorgeschlagen haben, nämlich Syntaktik, Semantik und Pragmatik. Auf die
menschliche Kommunikation angewendet, ist das erste dieser
drei Gebiete das Anliegen des Informationstheoretikers, der sich
mit Problemen der Nachrichtenübermittlung (Code, Kanälen,
Kapazität, Rauschen, Redundanz und anderen statistischen
Eigenschaften der Sprache usw.) zu befassen hat. Diese Probleme
sind vor allem syntaktischer Natur und haben praktisch nichts
mit der Bedeutung der verwendeten Symbole zu tun. Bedeutung
ist vielmehr das Hauptanliegen der Semantik. Während es durchaus möglich ist, Symbolserien mit syntaktischer Genauigkeit zu
übermitteln, so würden sie doch sinnlos bleiben, wenn Sender
und Empfänger sich nicht im Voraus über ihre Bedeutung geeinigt hätten. In diesem Sinn setzt jede Nachricht ein semantisches
Übereinkommen voraus. Schließlich beeinflusst jede Kommunikation das Verhalten aller Teilnehmer, und dies ist ihr pragmatischer Aspekt. Theoretisch ist somit eine klare begriffliche Trennung der drei Gebiete möglich; praktisch jedoch sind sie natürlich
wechselseitig voneinander abhängig. Wie George aufzeigt, ist es
«in vieler Hinsicht zutreffend, zu sagen, die Syntax entspreche
der mathematischen Logik, die Semantik der Philosophie oder
der Wissenschaftslehre und die Pragmatik der Psychologie, doch
sind diese Gebiete nicht klar voneinander abgrenzbar» [51, S. 41].
Insofern wird das vorliegende Buch alle drei genannten
Gebiete berühren, obwohl es hauptsächlich die Pragmatik, d.h.
die verhaltensmäßigen Wirkungen der Kommunikation, zum
Thema hat. In diesem Zusammenhang sei von Anfang an darauf
verwiesen, dass wir die beiden Begriffe Kommunikation und Verhalten hier als praktisch gleichbedeutend verwenden. Denn das
Material der Pragmatik sind nicht nur Worte, ihre Konfigurationen und ihre Bedeutungen - also die Daten der Syntaktik und der
Semantik -, sondern auch alle nichtverbalen Begleiterscheinungen, die sogenannte Körpersprache inbegriffen. Und schließlich
ist die die kommunikativen Abläufe mitbestimmende Rolle des Kontextes, also der «Umwelt» jeder Kommunikation, in Betracht
zu ziehen. In dieser pragmatischen Sicht ist demnach nicht nur
die Sprache, sondern alles Verhalten Kommunikation, und jede
Kommunikation - selbst die kommunikativen Aspekte jedes
Kontextes - beeinflusst das Verhalten (vgl. Abschnitt 2.2 und 3.2).
Dies aber bedeutet, dass wir uns nicht nur im Allgemeinen Sinn der Pragmatik mit der Wirkung einer Kommunikationshandlung auf den Empfänger (den Perzipienten) dieser Handlung beschränken, sondern dass wir die damit untrennbar verbundene Wirkung der Reaktion des Perzipienten auf den Sender mitberücksichtigen müssen. Wir ziehen es also vor, weniger Gewicht auf die traditionellen Sender-Zeichen- und Zeichen-EmpfängerRelationen zu legen, sondern vielmehr die zwischenmenschliche Sender-Empfänger-Beziehung auf der Basis der Kommunikation zu unserem Anliegen zu machen.
So aufgefasst, gründet sich die Pragmatik auf die beobachtbaren Wechselwirkungen menschlicher Beziehungen im weitesten Sinn und ist damit der traditionellen Psychologie viel weniger verwandt als der Mathematik, die sich ja von allen Disziplinen am unmittelbarsten mit den Beziehungen zwischen und nicht der Natur von Entitäten befasst. Die Psychologie hat in ihrer langen Geschichte stets einen starken Hang zur monadischen Auffassung vom Menschen gezeigt und daher zur Reifikation (Verdinglichung) dessen, was sich nun mehr und mehr als komplexe Strukturen' von Beziehungen und Wechselwirkungen erweist.
Die Verwandtschaft unserer Hypothesen mit der Mathematik
soll aufgezeigt werden, wo immer sie zutreffend erscheint. Dies
soll den Leser ohne besondere Kenntnisse der Mathematik aber
nicht entmutigen, denn er wird weder vor Formeln noch vor
andere mathematische Symbole gestellt. Obwohl menschliches
Verhalten vielleicht eines Tages seinen adäquaten Ausdruck in
mathematischer Formelsprache finden mag, ist es nicht unsere
Absicht (und schon gar nicht unsere Kompetenz), eine solche
Quantifizierung auch nur zu versuchen. Wir werden uns auf
gewisse Gebiete der Mathematik nur dann beziehen,
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