Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)
Consolamentum wird euch erhöhen.«
Er rief die Namen auf, und sie erfuhren die nächste Offenbarung.
Susanna sah das Bild, hörte den Ton und fühlte sich leicht, fast schwebend. Sie wurde fortgetragen von einer Welle überströmender Gnade.
Eine neue Erinnerung! Lea fühlte sich beflügelt. Anscheinend lockerte sich die unsägliche Blockade ihrer Erinnerung; die Frage, wie und warum Susanna van der Neer gestorben war, konnte möglicherweise schon in naher Zukunft beantwortet werden. Jenes Rätsel, das Lea seit Monaten begleitet hatte wie ein grauer Schatten, würde sich auflösen, und vor allem würde sie die Macht über ihre Gedanken wiedererlangen. So musste sich Ali Baba vor dem Berg Sesam gefühlt haben, als er den richtigen Zauberspruch ausgesprochen und der Berg sich geöffnet hatte.
Die Uhr in der Diele zeigte 14 Uhr 38. Meine Güte! Ihr Telefonat mit dem Kommissar hatte über eine halbe Stunde gedauert! Hoffentlich hatte der keinen strengen Vorgesetzten, der sich über endlose Telefonate mit einer Psychiaterin aufregte, die Zeugin, Betroffene und Sachverständige in einem war. Lea hatte große Lust, Sören an ihrer optimistischen Stimmung teilnehmen zu lassen, und beschloss, ihn in der Klinik anzurufen.
»Moment bitte, Ihr Mann ist fast fertig mit der Operation, so in fünfzehn Minuten«, sagte die OP-Schwester. »Soll ich ihm etwas ausrichten?«
Besser nicht, dachte Lea, ich kann meinem Mann im OP unmöglich ausrichten lassen, dass seine hypnotisierte Frau sich jetzt zunehmend an Details erinnert. So sagte sie nur: »Nein, vielen Dank, ich melde mich später noch mal.«
Leicht und wie beflügelt ging Susanna den Gang en t lang und erreichte die Tür, die zum Park führte. Sie hatte es gewagt! Sie hatte sich losgesagt und empfand jetzt Unbeschwer t heit anstelle von niederdrückender Belastung.
Ja, sie war sich diesmal sicher, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Kein Zögern und Zaudern mehr, kein Grübeln und auch nicht das Suchen nach anderen, die ihr dabei helfen sollten.
»Ich habe mich entschieden«, sie flüsterte den Satz, während sie die Tür nach draußen öffnete.
Der Himmel war nahezu schwarz, die Dämmerung war der Nacht gewichen. Susanna zog ihre Jacke um die Schultern und blickte nach oben.
Sie war enttäuscht. Licht am Himmel hätte sie erwartet, ein Meer von Sternen, das Universum, unendlich weit und hell. Aber die dunkle Wolkendecke blieb verschlossen.
So stand sie eine Weile auf dem Weg.
Plötzlich knirschte der Kies unter den langsamen Schritten einer Person, die hinter ihr den Park betreten hatte.
Erschrocken drehte sie sich um und stand ihr gegenüber.
Das strenge Gesicht wurde durch das Licht einer Parklaterne zur Hälfte beleuchtet, wobei es in eine helle und eine dunkle Seite zerfiel. Eine venezianische Maske, starr und unwirklich. Die Augen jedoch wirkten auf irritierende Weise intensiv und lebendig. Kalter Hass lag in ihnen und glühende Wut.
Verwirrt stand Susanna auf dem Weg, sie fand weder Worte noch einen klaren Gedanken. Doch plötzlich bedrängte sie die Erkenntnis, sie sah ihren Lebensweg vom Anfang bis zu diesem Augenblick vor sich, und es brach aus ihr heraus:
»Du hast mich immer gehasst!«
Der Hass, den sie körperlich spürte, den sie mit ihren Augen sah, dessen Flüstern ihr Ohr vernahm, er war die Antwort auf das Warum. Der Hass einer Frau war die Ursache von Verführung, Ausbeutung und Zerstörung. Und jetzt formten sich die Worte wie von selbst in ihrem trockenen Mund.
»Du, du warst dabei, als dieser Albtraum begann, was willst du jetzt? Was hast du hier zu suchen, jetzt, wo ich den Ausweg sehe?«
Vergessen waren die Leichtigkeit und das Glücksgefühl, die sie noch wenige Minuten zuvor durchströmt hatten. Augenblicklich verstand sie das Fehlen der Sterne am Himmel. Wie hatte sie nur daran glauben können, mit der Vergangenheit sei einfach abzuschließen? Sie wollte die Begegnung ungeschehen machen, hoffte, dass sie nicht wirklich war. Mit der Hand fuhr sie sich über die Augen – vielleicht verschwand das Bild.
»Dich gehasst?« Leise, schneidend sprach sie diese Worte aus. »Du hast schon immer zu viel Aufhebens um deine Person gemacht! Ich wollte dir nur noch einmal in die Augen schauen, Prinzessin.«
Sie wandte sich um.
Susanna blieb auf dem Kiesweg stehen, rief »Warte!«, lief der anderen hinterher. »Jetzt warte doch!«
Schließlich drehte sich Ellen erbost um: »Ja, was noch, Susanna?«
»In all den vergangenen Jahren
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