Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)
Nachforschungen stellte sich heraus, dass es sich wie bei Frau van der Neer um ein gestohlenes Telefon handelte. So weit sind die Kollegen bislang mit ihren Ermittlungen gekommen.«
»Und das bedeutet?«, fragte Lea gespannt.
»Nun, zunächst lässt sich hier ein Muster erkennen.«
»Gibt es Informationen, dass diese Madeleine mit dem ISG oder einem ähnlichen Institut Verbindungen hatte?«, spann Lea den Faden weiter.
»Die gibt es. Die Kollegen haben in den Bankauszügen Überweisungen an das ISG gefunden. Gebucht unter dem Stichwort ›Kursgebühr‹. Die letzte einige Tage vor ihrem Tod.«
»Unglaublich!« Leas Gedanken wirbelten wild durcheinander. Hatte sie am Ende vielleicht nur Glück gehabt, als sie das ISG lebend verließ? Quatsch! Die meisten der anderen Kursteilnehmer waren ja auch noch am Leben.
Durch das Telefon hörte Lea, wie Frau Kurz schluckte, und den Klang einer abgestellten Tasse. Die Kriminalbeamtin räusperte sich. »Aber das Bedeutsamste ist die Übereinstimmung ihres Todestages mit einem Datum auf dem USB-Stick, den Sie uns überlassen haben. Diesem Datum zugeordnet sind die Initialen MD mit dem Buchstaben B für Belgien. Des Weiteren fanden wir SN für Susanna van der Neer aus Deutschland und die Initialen der Engländerin mit GB für Great Britain. Wer auch immer die Dateien zusammengestellt hat, er kannte die Namen und die Todestage dieser Personen. Und es waren immer nur Frauen, soweit wir das überprüfen konnten.«
Frauen sind nun mal die bevorzugten Opfer, dachte Lea, sagte aber: »Und jetzt?«
»Wir haben einiges, was aus Sicht eines Staatsanwaltes relevant sein könnte«, antwortete Sandra Kurz, »Kommissar Bender ist mit unserem hessischen Kollegen zum ISG gefahren, um Herrn Schäfer und seinen Mitarbeiterinnen Fragen zu Frau Desault zu stellen. Der Verbleib von Frau Schlüter ist ebenfalls noch nicht geklärt. Vielleicht hat Herr Schäfer – immerhin ist er der Arbeitgeber – inzwischen etwas gehört. Einen anderen Kollegen haben wir noch einmal zur Wohnung von Frau Schlüter geschickt, da die bisherigen Fahndungsmaßnahmen noch nicht zum Erfolg geführt haben.«
»Also rechnet Frau Schlüter vielleicht doch damit, dass nach ihr gesucht wird, oder?«
»Es sieht fast danach aus. Die entscheidende Frage ist nur: Vor wem versteckt sie sich?«
Lea versuchte, ihre Informationen zu ordnen. »Diese Zahlen auf dem USB-Stick, die aussehen wie Geldsummen – sind die irgendwo in den Überweisungsbelegen von Frau van der Neer aufgetaucht? Vielleicht handelt es sich um Kursgebühren?«
»Nein, da gibt es keine Übereinstimmung. Die Summen sind mit der Größenordnung von über 100000 Euro so hoch, dass wir davon ausgehen müssen, dass es hier um den Betrag der jeweiligen Hinterlassenschaft handelt. Das wird auch gerade noch anhand der Testamente und Kontoeingänge geprüft.«
»Und was hat eigentlich Cleo Hollmann zu dem Anruf aus dem ISG gesagt?«
»Sie hat vehement bestritten, dass solch ein Telefonat stattgefunden hat, aber die Überprüfung läuft noch«, sagte Frau Kurz. »Gerade diejenigen, die etwas zu verbergen haben, schreien am lautesten, dass sie auf gar keinen Fall etwas mit dem Verbrechen zu tun haben, während für die Unschuldigen eine Täterschaft in Gedanken meist so weit entfernt ist, dass sie sich bei Entschuldigungen oder Alibis überhaupt keine Mühe geben.«
So genau hatte Lea sich die Denkweise der Polizei noch nicht vor Augen geführt. Im Büro von Sandra Kurz wurde es unruhig, Lea hörte mehrere Stimmen im Hintergrund, das Öffnen und Schließen einer Tür. Wobei diese dem Geräusch nach zu urteilen eher zugeschmissen als geschlossen wurde.
»Frau Johannsen, wir hören voneinander. Ich muss jetzt los.«
»Ja dann, auf Wiederhören«, murmelte Lea, überrascht vom plötzlichen Ende des Gesprächs. Was nur hatte sie vergessen zu fragen?
Zweiundzwanzigstes Kapitel
Sie packte in ihrem Zimmer Kleidungsstücke und Kosmetika in die schwarze Reisetasche und überprüfte im Schrank, ob sie nichts vergessen hatte. Sie öffnete die Zimmertür und spähte auf den Gang. Die Abendmeditationen hatten bereits begonnen. Aus einem Raum, der auf der gegenüberliegenden Seite des Gebäudes lag, hörte sie Gesänge. Sie schlüpfte hinaus und zog leise die Tür hinter sich zu. Nachdem sie den Seitenausgang zum Park erreicht hatte, machte sie einen großen Bogen, um nicht von den Lichtkegeln erfasst zu werden. Ihr Schritt beschleunigte sich. Sie lief am Rand des
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