Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)
spontaner Impuls.«
»Diese unüberlegte Handlung hätte mich um Haaresbreite zum Witwer gemacht!«, brach es aus Sören heraus.
Unbeirrt fuhr Lea fort: »Der Name von Frau van der Neer erschien in einer Datei zur Mitgliederverwaltung. Mit Name, Anschrift, gebuchten Kursen und auch den Rechnungsdaten. Ich fand den Zeitpunkt ihres Todes, den 10. Oktober letzten Jahres.«
»Der Todeszeitpunkt ist öffentlich bekannt geworden, einige Zeitungen haben darüber berichtet«, sagte Frau Kurz.
Lea sah Kommissar Bender an. Sie wusste, dass die nächste Information der Schlüssel sein würde, mit dem sich die Tür öffnen ließ. »Die Datei wurde am 9. Oktober zuletzt aktualisiert, also am Tag vor dem Tod Susanna van der Neers. Am Tag zuvor!«
Die Personen im Raum schienen die Luft anzuhalten.
»Bingo!« Hauptkommissar Franz Bender sprang in ungewohnter Erregung auf. »Jetzt haben wir sie am Haken!« Mit einer Handbewegung bedeutete er seiner Assistentin, ihm zu folgen. Zu Sören, Frau von Helmstetten und Lea sagte er: »Bitte gehen Sie systematisch, Schritt für Schritt, den Aufenthalt im ISG und den weiteren Verlauf durch. Frau Kurz und ich werden uns die Aufnahme später ansehen.« An Sandra Kurz gewandt, setzte er hinzu: »Wir dürfen keine Zeit verlieren, die werden vermuten, dass wir auf etwas Belastendes gestoßen sind oder stoßen werden, und das belastende Material beiseiteschaffen.«
Kurz hatte ihre Jacke schon übergestreift und nach den Schlüsseln des Dienstwagens gegriffen, meinte aber noch: »Der Abruf des posthypnotischen Befehls bei Frau Johannsen sollte wohl verhindern, dass sie sich genau an dieses Detail erinnert.«
Franz Bender hatte nun seine Jacke ebenfalls angezogen. »Ich bin gespannt, welche Erklärung Marcion dafür findet!«
»Wahrscheinlich hat er ›in die Zukunft geblickt‹«, sagte Frau Kurz, die schon im Türrahmen stand.
»Trommeln Sie das MEK und die hessischen Kollegen zusammen, das komplette Aufgebot. – Und Münnig, übernehmen Sie!«, hörten die Zurückgebliebenen Franz Bender noch draußen vor der Tür sagen.
Plötzlich schien das riesige Zimmer leer. Derselbe junge Kriminalassistent, der die Kamera zu Beginn der Befragung bedient hatte, kam herein und stellte sich vor. »Münnig, Martin Münnig.«
Man merkte ihm an, dass es sich um den ersten bedeutsamen Auftrag in seiner noch jungen Polizeikarriere handelte, denn seine Stimme zitterte vernehmlich, als er Lea um die Fortsetzung ihres Berichts bat.
»MEK«, fragte jedoch Sören, bevor Lea weitererzählen konnte, »was ist das denn?«
»Mobiles Einsatzkommando, wird für Razzien und andere Einsätze benötigt, bei denen man mit gewaltsamen Auseinandersetzungen rechnen muss.« Es war nicht Münnig, der das erklärte, sondern Lea.
»Ah«, bedankte sich Sören für die Auskunft. Ihm war das lexikalische Hobby seiner Ehefrau vertraut, und er wunderte sich diesbezüglich über nichts mehr. Wahrscheinlich hätte er sie mitten in der Nacht wecken können, um nach der südostasiatischen Mangroven-Nachtbaum-Natter zu fragen, und sie hätte ihm noch im Halbschlaf einen Vortrag über diese Giftschlage präsentiert.
»Verzeihen Sie, Frau Johannsen, würden Sie mit Ihrem Bericht fortfahren?« Herr Münnig lenkte höflich zurück zu ihrer Aufgabe.
»In Ordnung, entschuldigen Sie.« Lea riss sich zusammen und schob ihr Bedürfnis beiseite, einfach aufzustehen, hinauszuspazieren, immer weiter zu laufen bis zum Rhein – und nie wieder zu diesem Thema zurückzukehren. Stattdessen schilderte sie nach und nach die Ereignisse, die sich nach ihrer Entdeckung der Daten auf dem Monitor des ISG-Büros abgespielt hatten. Zunächst fiel ihr jedoch noch ein weiteres Detail ein. »Es war in der Datei noch von einem Auftrag die Rede. Ein Männername stand in der Spalte beim Namen von Frau van der Neer, dahinter oder davor, das weiß ich nicht mehr genau, jedenfalls war es kein deutscher Name.« Lea versuchte, die Bildschirmseite vor ihrem geistigen Auge zu rekonstruieren. »›Abruf‹, ›Thierry‹ stand dort, nein, es war ein Datum und dann ›Abruf Thierry‹.«
»Bist du dir mit dem Namen sicher?«, fragte Sören, der durch die Umstände langsam, aber sicher die Betrachtungsweise eines Kriminalisten annahm.
»Ja, der Name fiel mir auf, weil er mich an einen Surflehrer in Frankreich erinnerte«, sagte Lea bestimmt und setzte hinzu: »am Atlantik.«
»Surflehrer? Am Atlantik? Davon weiß ich ja gar nichts!«, wandte Sören ein, »aber das
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