Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)
immer noch den Geschmack einer gerade zerkauten Kaffeebohne im Mund hatte.
»Das tut er immer«, Sandra Kurz grinste, »auch in den Stunden nach Mitternacht. Aber gut, kommen wir wieder zu der Frage, warum man einen solchen Aufwand betrieben hat, um Ihre Erinnerung an die Geschehnisse im ISG auszuschalten. Das wäre das eine. Und wir müssen klären, welche Bedeutung das Frauenzentrum mit der Leiterin Cleo Hollmann für diesen Fall hat, und auch diese Frau Faradiz, die Frau van der Neer am Genfer See und später in Frankfurt getroffen hat.«
Franz Bender stand auf und ging zu einer Tafel, die in einer Ecke des Raumes stand. Dann wandte er sich an Lea: »Fangen wir mit der ersten Frage an. Warum der Aufwand an Hypnose während Ihres Aufenthaltes im ISG? Ihre Erinnerungen an die Ereignisse sind weitestgehend vollständig?«
Lea nickte: »Ich habe zwar noch nicht die Gewissheit, dass mir sämtliche Ereignisse lückenlos und in der richtigen Reihenfolge wieder eingefallen sind – es herrscht noch leichtes Chaos –, aber wenn ich mich an diesen blockierten Befehl erinnere, warum nicht auch an den Rest?«
Konstanze von Helmstetten schaltete sich ein. »Ich denke auch, dass alle Erinnerungen wieder abrufbar sind.«
»Wieso eigentlich?«, wollte Kommissar Bender nun doch wissen.
»Weil wir unglaubliches Glück hatten«, klärte ihn Frau von Helmstetten auf. »Gestern auf der Autobahn war Frau Johannsen in genau dem Trancezustand, in dem der posthypnotische Befehl ausgeführt werden sollte. Glücklicherweise kommt man in diesem Moment ganz leicht auf die hypnotische Befehlsebene, die ursprünglich für den Befehl erforderlich gewesen war. Und dadurch hat man die Möglichkeit, direkt den ursprünglichen Befehl aufzuheben. Das gilt in gleicher Weise für das Verbot, sich an die Hypnosesitzungen zu erinnern. Es ist ein seltener und wirklich glücklicher Zufall.«
Sehr, sehr glücklich, sonst wäre ich jetzt tot, dachte Lea, und ein zweiter Gedanke drängte sich ihr auf: Ob Cleo davon wusste? Während sie noch darüber nachdachte, welche Antwort auf diese Frage ihr sympathischer wäre, hörte sie ihren Namen. »Frau Johannsen?«
»Ja, entschuldigen Sie, ich war in Gedanken«, antwortete sie Sandra Kurz.
»Wir sollten jetzt darangehen, die Details Ihres Aufenthaltes im ISG durchzusprechen. Sie müssen, es kann gar nicht anders sein, auf etwas Kompromittierendes gestoßen sein. Ich schlage vor, wir machen wieder einen Videomitschnitt, einverstanden?«
»Ja, kein Problem, das ist mir recht.«
Lea setzte sich gerade auf den Stuhl und zog den rechten Schuh wieder an, den sie sich in der Zwischenzeit vom Fuß gestreift hatte. Sie musste sich konzentrieren, sie musste den Schlüssel zu allem finden!
Der Kriminalassistent, den Frau Kurz hinzubeordert und mit der Aufzeichnung beauftragt hatte, machte die Digitalkamera auf dem Stativ startklar und gab Kommissar Bender ein Zeichen. »Alles klar, läuft.«
»Vielen Dank, Martin«, sagte Bender.
Meine Güte, ist der jung, er sieht nicht viel älter aus als Jonas, dachte Lea, als er das Zimmer wieder verließ. Ob er sich die Berufswahl gut überlegt hatte?
Ausnahmsweise wurde Konstanze von Helmstetten in diesem Fall mit der Befragung beauftragt, nachdem Bender Uhrzeit, anwesende Personen und Anlass der Befragung protokolliert hatte.
»Schildern Sie uns zunächst die Ereignisse, nachdem Sie sich von Ihrer Freundin vor dem Eingang des ISG getrennt hatten«, begann sie.
Lea berichtete von ihrer ersten Begegnung mit Marcion, dass man ihr den Mantel abgenommen hatte, in dem sich ihr Handy befunden hatte, von der jungen Frau im Büro und der Aufnahme ihrer Personalien. Die junge Frau, deren Name Dana Schlüter war. Sie erzählte von den erfundenen Problemen, die sie angegeben hatte, um keinen Verdacht zu erregen, und davon, dass sie ihre Verbindung zu Cleo Hollmann als Beweis ihrer Glaubwürdigkeit hatte einsetzen wollen.
Niemand unterbrach sie. Lea spürte allgemeine Unruhe, als sie sich in ihrer Erinnerung dem entscheidenden Puzzlestück näherte. Sie gönnte sich Pausen, um sich möglichst an jedes Detail zu erinnern.
»Schließen Sie die Augen«, riet ihr Frau von Helmstetten, »das erleichtert die Konzentration auf die Einzelheiten.«
Lea befolgte den Rat und sprach langsam weiter. »Ich habe in den PC von dieser Dana den Namen von Frau van der Neer eingegeben, nachdem eine andere Frau sie aus dem Zimmer befohlen hatte. Ich habe mir nichts dabei gedacht, es war ein
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