Mephistos Erben: Kriminalroman (German Edition)
eindeutig geröteter Schnupfennase und einem karierten Schal um den Hals vor einer Tasse Tee; das Aroma von Melisse und Pfefferminze erfüllte den Raum. Sandra Kurz, die im Vergleich zu ihrem Chef provozierend gesund wirkte, hatte keine Heilkräuter nötig und hielt eine dampfende Tasse Kaffee in der Hand, auf die Bender nicht ohne Begehrlichkeit schielte. Heute funkelten unzählige pink- und violettfarbene Glitzersteinchen am Ohrläppchen der jungen Kommissarin, und Lea fiel ein lilafarbener Lidschatten auf, der die braunen Augen noch intensiver strahlen ließ.
»Gut, dass Sie kommen konnten.« Kommissar Bender erhob sich etwas von seinem Bürodrehstuhl und bedeutete ihr, dass er aufs Händeschütteln verzichte. »Ich will Sie nicht anstecken.« Er zeigte auf einen der leeren Stühle neben dem Schreibtisch.
Frau Kurz sortierte mit raschen Handbewegungen einen größeren Stapel Papiere.
»Also, Frau Johannsen, es gibt Neuigkeiten«, eröffnete sie das Gespräch und suchte weiter, während sie sprach. »Wir haben gestern Abend noch Ihre Videoaussage durchgesehen, und der Kollege Münnig hat für uns das Wichtigste in Stichworten zusammengefasst. Darauf komme ich später noch.« Sandra Kurz klopfte mit dem Kugelschreiber auf den Papierstapel und blickte auf. »Wie Sie wissen, sind wir gestern mit einem großen Team zum ISG nach Falkenstein gefahren. Wir kamen gegen 13 Uhr dort an und trafen weder Herrn Schäfer noch die Frau an, von der Sie im Zusammenhang mit der Injektion gesprochen haben. Wir gehen davon aus, dass es sich um Frau Ellen Langsdorf handelt, Mädchenname Jabowski, stellvertretende Geschäftsführerin des ISG.«
»Dann war es wirklich diese Ellen Jabowski«, sagte Lea, »von der Herr van der Neer mir erzählt hat?«
»Davon gehen wir aus.« Frau Kurz berichtete weiter, so dass Lea keine Zeit fand, sich über die Jahrzehnte überspannende Verbindung Ellen Jabowskis, jetzt Langsdorf, und Susanna van der Neers weitere Gedanken zu machen. »Seine privaten Räume im ISG sahen aus, als habe Herr Schäfer in aller Eile seine Koffer gepackt. Einige Kleiderbügel im Schank waren leer, die Toilettenartikel im Badezimmer verschwunden, ebenso der Laptop und offensichtlich ein Aktenordner, worauf eine entsprechende Lücke im Regal hindeutete. Nach Aussage einer Frau … Moment, … sie heißt …«, Sandra Kurz hatte wohl eine Namensliste angefertigt, die sie jetzt überflog, »… Ariane Krüger, hat Herr Schäfer gestern Vormittag gegen 9 Uhr das Gebäude des ISG verlassen, ohne jemanden über sein Ziel oder seine Rückkehr zu informieren.«
Kommissar Bender schaltete sich ein. »Wir nehmen an, dass er versucht, aus Deutschland auszureisen. Die Flughäfen und Bahnhöfe werden entsprechend überwacht. Die Konten des ISG haben wir vorsorglich über einen richterlichen Beschluss sperren lassen, und die Personenfahndung über Europol und Interpol läuft. Es ist natürlich möglich, dass er unter falschem Namen versucht, das Land zu verlassen.«
Frau Kurz nahm das nächste Blatt vom Stapel und schaute kurz auf den Bildschirm des PCs. »Gestern Nachmittag gegen 16 Uhr 45 konnten wir Frau Langsdorf in polizeilichen Gewahrsam nehmen, als sie mit einem Taxi von ihrer Wohnung in Bad Homburg zum Frankfurter Flughafen fahren wollte. Die Dame war wenig begeistert über die Änderung ihrer Reiseroute. Sie hatte Online-Tickets für einen Lufthansa-Flug nach Buenos Aires in der Handtasche. Die Penthousewohnung, die sie in Bad Homburg bewohnt, ist außerordentlich luxuriös ausgestattet, sie muss als stellvertretende Geschäftsführerin des ISG ein fürstliches Gehalt bezogen haben. Wir werden sehen, was sich dort sicherstellen lässt. Den Durchsuchungsbeschluss hat der zuständige Ermittlungsrichter bereits unterschrieben.«
»Hat sie irgendwas zu den Vorfällen im ISG gesagt oder über meinen Aufenthalt dort?«, fragte Lea gespannt.
»Nein, sie verweigert die Aussage«, antwortete Kurz. »Der Anwalt, der innerhalb von dreißig Minuten herbeigeeilt ist, hat ihr dies wahrscheinlich empfohlen. Wir haben lediglich die Angaben zu ihrer offiziellen Tätigkeit.«
Lea überlegte, ob ihre Aussage zu der Injektion in den Räumen des ISG bei Gericht verwendbar war, wenn sie wahrheitsgemäß von der posthypnotischen Amnesie berichten würde und von den Umständen, die dazu geführt hatten, dass ihr die Ereignisse wieder eingefallen waren.
Sandra Kurz klang zuversichtlich, als sie fortfuhr: »Wir haben eine weitere
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