Merani und die Schlange unter dem Meer
war auch nicht meine Absicht. Das haben diejenigen getan, die mich als Befehlshaber abgesetzt und einen Mordanschlag auf mich verübt haben. Hätte dieses weiße Spitzohr … äh, ich meine … hätte Hekendialondilan mich nicht aus dem Wasser geholt, wäre ich wegen meiner schweren Verletzungen auf den Grund des Meeres gesunken und ertrunken. Selbst versteinern konnte ich mich nicht mehr.«
»Von diesen Verletzungen merkt man dir aber nichts mehr an«, antwortete Mera, die ihm kein Wort glaubte.
Tharon lächelte nachsichtig. »Das verdanke ich Eurer Tochter, Herrin! Sie hat mich geheilt. Man merkt ihr an, von wem sie ihre Fähigkeiten geerbt und wer sie ausgebildet hat.«
»Merani hat das getan?« Ein strafender Blick Meras traf das Mädchen. Dann aber sagte die Magierkaiserin sich, dass ihre Tochter richtig gehandelt hatte. Selbst ein Feind besaß das Recht, wie ein Mensch behandelt zu werden.
»Ich bin nicht euer Feind«, erklärte Tharon, der Meras letzten Gedanken empfangen hatte. »Wenn man es genau nimmt, sind wir sogar Verbündete. Wir haben beide denselben Gegner, nämlich die Magier vom Schwertorden. Sie haben nicht nur mich verraten, sondern auch die violette Magierin Sirrin in Stasis versetzt und zum Sterben ins Meer geworfen. Dank unseres wackeren Regandhor konnte sie gerettet werden. Allerdings wird es noch ein wenig dauern, bis ich den Zauber, der sie getroffen hat, lösen kann. Mit Sirrin zusammen besäßen wir gute Chancen, mit den Schwertmagiern fertig zu werden!«
»Du erwartest doch nicht, dass ich dir das abkaufe! Zuerst wirstdu mir ein paar Fragen beantworten müssen – und wehe, deine Antworten gefallen mir nicht!«
Die Drohung beeindruckte Tharon wenig. Immerhin war es ihm sogar gelungen, das kleine weiße Spitzohr zu überzeugen. Um wie viel leichter würde es bei dieser Frau sein, die anders als Hekendialondilan gelernt hatte, Verantwortung zu tragen. Wenn sie nicht wollte, dass ihre Inselwelt unterging, musste sie sich mit ihm verbünden. In diesem Sinne begann er seinen Vortrag und berichtete zuerst von den Schäden im Violetten Land, bis er dann auf das zu sprechen kam, was Merani und er hier in der Tiefe entdeckt hatten.
11
Leutnant Burlikk bemühte sich, dasselbe ausdruckslose Gesicht aufzusetzen, das die anderen Gurrims seines Regiments zeigten. Auch Wuzz, sein alter Unteroffizier, und sein Freund Tarr taten so, als wären sie nur noch stumpfsinnige Befehlsempfänger. Dabei waren sie die einzigen Gurrims ihres Trupps, die nicht unter Beeinflussung standen. Alle anderen waren von dem Beeinflussungsartefakt des Adepten, der sich wie üblich bei der Nachhut aufhielt, gefügig gemacht worden. Burlikks linke Hand wanderte unwillkürlich zu seiner Brust. Dort unter seinem Harnisch steckte jenes Schutzartefakt, das verhinderte, dass er ebenfalls der Beeinflussung zum Opfer fiel. Leider hatte er nur drei dieser Geräte aus einer Waffenkammer des Schiffes stehlen können, und das auch nur, weil er in der Lage gewesen war, den entsprechenden magischen Schlüssel einzusetzen. Bei einem Gurrim war diese Fähigkeit sehr ungewöhnlich, und er dankte im Stillen seinem früheren Gurrimkommandanten, dass dieser ihm auch diese Fähigkeit beigebracht hatte.
Burlikk ärgerte sich, weil er nicht jeden seiner Männer mit einem solchen Artefakt hatte ausrüsten können, denn nun musste er hilflos zusehen, wie die Krieger blindlings vorwärtsmarschierten, als würden sie von unsichtbaren Fäden gezogen. Bald würden sie auf jene Landsleute treffen, die sich hier angesiedelt hatten. Es war eine Schande, nein, sogar ein Verbrechen, dass die Schwertmagier Gurrims zwangen, gegen ihresgleichen zu kämpfen. Solch ein Vorgehen wurde von den Gesetzen des Schwarzen Landes ausdrücklich untersagt. Doch Gynrarr und seine Leute kümmerten sich auch sonst nicht um die Regeln und behandelten die Gurrims wie Vieh.
Während Burlikks Zorn auf seine Anführer stieg, versetzte Tarr ihm einen Stoß. »Wie machen wir es?«
Burlikk bemerkte die Nervosität seines Freundes. Alle drei hatten sie einiges aufgeladen, was nicht zum normalen Marschgepäck gehörte, darunter auch einige starke Sprengartefakte, die Burlikk aus dem Magazin auf »Giringars Hammer« hatte mitgehen lassen. Schutzartefakte, mit denen er weitere Kameraden vor der Beeinflussung hätte schützen können, wären ihm lieber gewesen. Doch von denen hatte es in jenem Raum nur diese drei gegeben, und in die anderen, sorgfältiger gesicherten
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