Merani und die Schlange unter dem Meer
regungslos, als sei er an die Klippen geschmiedet worden.
Vor sich erblickte Argo eine ziemlich große flache Insel, die ihmseltsam vertraut vorkam. Er rieb sich über die Stirn und starrte Mera an, die sich, zitternd vor Schwäche, aufrichtete und sich gegen den Rest des Klüverbaums lehnte.
»Ich glaube, wir sind auf Reodhendhors Insel gelandet!« Obwohl Argo es eher zu sich selbst sagte, verstand Mera ihn.
»Du meinst deine Insel! Schließlich bist du hier aus dem Kristall geschlüpft.«
Argo verzog abwehrend das Gesicht. Natürlich hatte sie recht, aber es war auch die Insel, auf der Argutano gestorben war. Nein, nicht gestorben, korrigierte er sich. Der große Arghan war mit schwarzer Kriegsmagie vergiftet worden, hatte aber noch dafür sorgen können, dass er in eine neue Existenz überging.
»Wir müssen das Schiff verlassen, Prinzgemahl. Der Rumpf steht schon zur Hälfte unter Wasser.« Die Kapitänin war an seine Seite getreten und zerrte ihn am Ärmel. Gleichzeitig betrachtete sie die Strecke, die sie von der Insel trennte, mit Sorge. Immer wieder rollten Brecher über die Klippen und rasten mit hoher Geschwindigkeit durch die Bucht.
»Wenn wir da durchmüssen, werden etliche von uns gegen die Klippen geschleudert«, setzte sie verzweifelt hinzu.
»Bergt die Verwundeten und bringt alle hierher. He, du da! Hilf der Magierkaiserin. Sie hat all ihre Kraft aufgewandt, uns über den Klippenring zu heben, und ist nun so schwach wie ein Säugling. Aber ohne ihre Hilfe wären wir jetzt alle tot!« Dann drehte Argo sich um und hielt nach der Öffnung jener Höhle Ausschau, in der Mera, Kip, Girdhan, Careela, eine junge Runi und er selbst vor über sechsunddreißig Jahren Schutz gesucht hatten. Da bekam er die Magie verschiedener Lebewesen in die Nase und schüttelte verwundert den Kopf.
»Hier sind schon Leute gestrandet«, sagte er zu Mera.
»Hoffentlich keine Feinde!«, antwortete sie kaum verständlich. »In meinem jetzigen Zustand könnte ich mit meiner Magie nicht einmal einen Zahnstocher aufheben.«
»Keine Angst! Ich bin ja noch da, und wie es aussieht, werde ich jetzt dringend gebraucht.«
Argo streifte seine Kleidung ab. Da er in seiner zweiten Gestalt zu groß für das Schiff war, sprang er über Bord, verwandelte sich dabei in einen Arghan und lehnte sich mit der Flanke gegen das Wrack. Mit weit hallender Stimme gab er seine Befehle. »Die, die noch laufen können, klettern auf meinen Rücken und halten sich fest! Die Verletzten aber legt vorher in das Beiboot. Ich werde es an Land ziehen.«
Mera ließ sich von einer der Frauen an Bord auf den Rücken des Arghan helfen. »Wir sollten in der Höhle Zuflucht suchen, die uns damals schon vor den Stürmen geschützt hat. Dort hinten braut sich der nächste Sturm zusammen, und es ist niemand mehr in der Nähe, der ihn von uns fernhalten kann!«
Nun bemerkte auch Argo, dass die magische Ballung verschwunden war. »Kannst du mir erklären, was das für ein Ding gewesen ist, das uns hierhergebracht hat?«, fragte er.
Mera schüttelte den Kopf. »Ich habe nicht die geringste Ahnung. Aber es war stärker als alles, was ich je wahrgenommen habe, und ich wette den Feuerthron gegen einen Holzschemel, dass dieses Wesen etwas mit den magischen Stürmen zu tun hat.«
»Dann müsste das Ding uns doch feindlich gesinnt sein. Wieso hat es uns dann geholfen?«
»Keine Ahnung, es hat uns auf alle Fälle hierhergebracht. Und mein Gefühl sagt mir, dass das eine gute Entscheidung war. Aber jetzt komm, sonst erwischt uns dieser gelbe Sturm dort drüben. Dir tut er ja nicht viel, aber ich glaube nicht, dass deine Leute in gelbem Feuer gebraten werden möchten!«
»Liebe Mera, wenn ich etwas an dir schätze, so ist es dein köstlicher Humor. Und ihr da hinten, bewegt eure Hintern! Oder glaubt ihr, ich will ewig hier herumliegen?«
Auf Argos Ausruf hin beeilten sich seine Leute. Einige von ihnen kannten ihn bereits in dieser Gestalt, und es machte ihnennichts aus, ihn als fünfmannslanges Ungeheuer mit einem Riesenmaul voller scharfer Zähne zu sehen. Ihr Beispiel brachte auch die anderen dazu, auf Argo zu klettern. Als alle von Bord waren, klopfte ihm die Kapitänin auf die Schulter. »Wir sind fertig, Prinzgemahl. Allerdings weiß ich nicht, ob es hier einen Ort gibt, an dem wir uns vor diesem elenden gelben Sturm verbergen können.«
Argo gab keine Antwort, sondern setzte sich in Bewegung. Selbst er hatte Probleme, sich gegen die heftigen Brecher und
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