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Merani und die Schlange unter dem Meer

Merani und die Schlange unter dem Meer

Titel: Merani und die Schlange unter dem Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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solltet essen, Herrin. Als Belohnung gibt es hinterher Gefrorenes.«
    »Mama hat mir den Nachtisch für diese Woche gestrichen!«, antwortete Merani brummig.
    »Ich konnte jemand in der Küche davon überzeugen, dass eine Portion Gefrorenes Euren Nerven guttäte, Herrin.«
    Merani starrte ihre Zofe verblüfft an. »Du hast geflunkert, Qulka? Das bin ich gar nicht von dir gewöhnt.«
    »Es war nur eine Feststellung. Eure Laune bessert sich jedes Mal, wenn es Nachtisch gibt.«
    »Qulka, du bist ein Schatz! Zur Belohnung bekommst du die Hälfte der Portion.« Merani fühlte sich jetzt doch wieder besser und zwinkerte ihrer Zofe zu.
    Diese hob abwehrend die Hand. »Das geht doch nicht! Außerdem ist es nur eine sehr kleine Portion!«
    »Die reicht für uns beide. Komm, teil das Gefrorene. Ich werde mich besser fühlen, wenn du eine kleine Belohnung für deine Treue erhältst.«
    Dagegen konnte auch Qulka nichts sagen. Als sie jedoch die Eisportion aufteilte, zweigte sie sich nur ein winziges Stück ab und lud den überwiegenden Rest auf den Teller ihrer Herrin.
    In Augenblicken wie diesem ärgerte Merani sich über ihre Zofe, die nicht begreifen wollte, dass das Leben nicht nur aus Vorschriften bestand. Mit einer energischen Geste packte sie den Löffel, klatschte Qulka gut die Hälfte des Gefrorenen auf den Teller und funkelte sie zornig an. »Iss!«
    »Aber das ist doch Euer Nachtisch, Erhabene.«
    »Den du für mich erschwindelt hast.« Bei dem Gedanken schwand Meranis Ärger, und sie kicherte leise. Vor einem Jahr hätte Qulka so etwas noch nicht gemacht, sondern die Befehle der Kaiserin wortwörtlich ausgeführt.
    »Wie es aussieht, besteht noch Hoffnung für dich«, stellte sie fest und begann zu essen.
    Sie war noch nicht fertig, als die Tür geöffnet wurde und ihre Mutter hereinkam. Magierkaiserin Mera sah noch, wie die beiden Mädchen die Teller unter dem Tisch verschwinden ließen, und schüttelte den Kopf. »Ihr könnt ruhig weiteressen. Das Gefrorene taut sonst auf und läuft über den Tellerrand.«
    »Du bist also nicht mehr böse auf mich?«, fragte Merani.
    »Böse? Nein! Nur enttäuscht, weil du nur deinen eigenen Launen gefolgt bist, anstatt Rücksicht auf die angespannte Lage zu nehmen, in der wir uns befinden. Deinetwegen haben dein Vater und ich jenen Zaubersturm nicht richtig beherrschen können, und so hat er die Insel der duftenden Hölzer verwüstet. Es wird viele Jahrzehnte dauern, bis dort neue Bäume gewachsen sind, die man fällen und zu schönen Dingen verarbeiten kann. Wäre der Sturmjedoch über eine der bewohnten Inseln hinweggezogen, wären Tausende umgekommen.«
    Für so schlimm hatte Merani die Situation nicht gehalten. Sie senkte beschämt den Kopf und starrte auf den Teller mit dem restlichen Gefrorenen, das ihr auf einmal nicht mehr schmecken wollte. »Es tut mir leid, Mama.«
    »Ich weiß doch, dass du es nicht extra getan hast. Aber du stellst mir keine Experimente mehr an, die dich oder jemand anderes gefährden könnten, verstanden?«
    »Ich wollte wirklich niemand in Gefahr bringen. Ich …« Merani brach ab, weil ihr die Tränen kamen.
    Ihre Mutter strich ihr über das Haar. »Natürlich wolltest du es nicht. Aber du bist nun einmal keine ausgebildete Hexe. Nimm dir ein Beispiel an Careedhal. Er ist ebenfalls sehr begabt, aber er tut nichts Unvernünftiges.«
    »Mir ging es doch nur um diesen seltsamen Kristall. Ich habe gespürt, dass mehr dahinterstecken muss, und wollte dies erkunden«, wandte Merani ein.
    Die Magierkaiserin setzte eine abwehrende Miene auf. »Du weißt, dass du alle Kristalle, die du findest, zuerst Yanga, deinem Vater oder mir zeigen musst, bevor du sie selbst untersuchst. Es gibt viele Zauberdinge auf unseren Inseln, und die meisten von ihnen sind gefährlich. Schreib dir das hinter die Ohren! Es würde mir leid tun, dich wegschicken zu müssen, doch wenn es nicht anders geht, kommst du nach Girdania, um unter Fürstin Girdhalas Obhut zu lernen, eine gute Hexe zu werden.«
    »Nein, nicht zur Tante!«, rief Merani erschrocken. Die Schwester ihres Vaters war eine schroffe Frau und würde sie einem unerbittlichen Drill unterziehen.
    »Du hast es selbst in der Hand, das zu verhindern. Jetzt pass aber auf! Dein Gefrorenes ist zerlaufen und wird gleich heruntertropfen.« Die Magierkaiserin hielt kurz die Hand über den Teller.
    Merani fühlte, wie eisige Kälte von ihren Fingern ausging unddas verflüssigte Eis zu Buchstaben erstarren ließ, die zusammen einen

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