Merani und die Schlange unter dem Meer
Kopf, und er fand es noch unerfreulicher, dass sie vielleicht sogar recht hatten.
Die violette Magierin führte ihn durch Gärten, in denen keine Blume mehr blühte, in den inneren Teil des Palastes, der teilweise in den Berg hineingebaut worden war und daher dem magischen Sturm am besten widerstanden hatte. Ein mächtiges Tor wurde geöffnet, und Tharon trat in eine Halle, deren Boden, Decken und Wände in leuchtendem Violett strahlten, so dass es aussah, als würden sie über ein violettes Feuer schreiten.
Im nächsten Augenblick sah Tharon sich der Herrin der Südlichen Inseln gegenüber. Die Lin’Velura war ein ganzes Stück kleiner als er und zierlich. Ihre Kleidung bestand aus einem bestickten Rock und einer Art Bluse mit halben Ärmeln. Den Kopf trug sie frei, und sie ließ ihre langen violetten Haare ungehindert überihre Schultern fallen. Das Gesicht der Frau wirkte dreieckig, besaß aber ein sanft gerundetes Kinn und wurde von großen, violett glühenden Augen beherrscht, die ihm einen fremdartigen Ausdruck verliehen.
Es handelte sich um die erste Lin, die Tharon mit eigenen Augen sah, und er verbeugte sich tief vor ihr. »Ich danke Euch, dass Ihr mich empfangt, Herrin.«
»Mir wurde mitgeteilt, dass du kommen würdest. Von den Magiern auf deinem Schiff hätte ich niemanden auf die Insel gelassen. Du hingegen hast auch Wurzeln in meinem Volk.«
»Das ist nichts, was mir im Schwarzen Land weiterhelfen würde«, antwortete Tharon mit einem verlegenen Lächeln.
»Deine Herkunft hilft dir mehr, als du denkst!«, antwortete die Lin’Velura schroff und klatschte dann in die Hände.
»Die Stürme haben zwar fast alle meine Inseln zerstört, dennoch vermag ich Gäste würdig zu empfangen. Setzt euch!«
Im nächsten Augenblick standen ein reich gedeckter Tisch mit mehreren Stühlen vor Tharon und dem Gurrim. Der Duft der dampfenden Schüsseln versprach einen exotischen Gaumenschmaus, und in den violetten Pokalen funkelte dunkelroter Wein.
Während Tharon sich setzte, zögerte sein Begleiter. Die Lin’Velura musterte ihn nachsichtig lächelnd. »Die Einladung gilt auch für dich.« Sie nahm Platz, und die violette Dame, die die Gäste hierhergeführt hatte, setzte sich neben sie. Zwei Stühle blieben jedoch frei. Tharon nahm an, dass einer davon für die Magierin gedacht war, die ihn begleiten sollte.
Da ihn der Ursprung und die Auswirkungen der Stürme am meisten interessierten, wollte er die Rede darauf bringen. Seine Gastgeberin hob jedoch die Hand. »Du solltest beim Essen keine schweren Gedanken wälzen. Das belastet nur den Magen. Wir werden später über alles reden. Jetzt greift zu.«
»Das ist aber eine sehr bestimmende Dame«, raunte der Gurrim Tharon zu.
»Sie ist eine Lin, eine der großen Damen des Violetten Landes. Im Rang kommt sie etwa den Gefährten Giringars wie Alabrer, Betarran und Caludis gleich.«
Sein Begleiter schrumpfte förmlich, denn für so hochrangig hatte er die Dame doch nicht gehalten. Auf Tharons Befehl hin nahm er einen Pokal zur Hand, setzte an und trank diesen in einem Zug leer. Dann schnalzte er anerkennend mit der Zunge und entschuldigte sich fast noch im selben Augenblick dafür. »Verzeiht, hohe Dame, ich … Aber der Wein ist einfach gut!«
»Es freut mich, dass er dir schmeckt. Und wie ist es mit dir, Tharon?«
Dieser probierte nun ebenfalls und nickte anerkennend. »Ausgezeichnet! So einen guten Tropfen habe ich lange nicht mehr getrunken.«
»Du kannst ein Fässchen davon mitnehmen. Sirrin wird einem Schluck davon ebenfalls nicht abgeneigt sein«, sagte die Lin’Velura.
Sirrin heißt also die Frau, die mich begleiten soll, fuhr es Tharon durch den Kopf. Er versuchte sich zu erinnern, ob er den Namen schon einmal gehört hatte, aber das war nicht der Fall. Das ärgerte ihn, denn er hatte gehofft, das Violette Land würde ihm eine hochrangige Magierin zur Seite stellen.
Seine Gastgeberin schien seine Gedanken wahrzunehmen, denn sie lächelte nachsichtig. »Ich schätze, du und Sirrin, ihr werdet gut zusammenarbeiten. Übrigens wird sie ihre Schülerin und eine junge Mar-Kriegerin mitnehmen. Du kannst dich auf alle drei verlassen.«
»Danke!« Diesem Wort zum Trotz war Tharon nicht gerade erfreut, mit einer einfachen Magierin und einem so kleinen Gefolge vorliebnehmen zu müssen.
»Da ist sie übrigens!« Die Bemerkung der Lin’Velura brachte den Magier dazu, aufzusehen.
Gerade betrat eine Frau den Saal, die selbst für eine Langlebigenoch sehr jung
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