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Mercy Thompson 01 - Ruf des Mondes-retail

Titel: Mercy Thompson 01 - Ruf des Mondes-retail Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Briggs
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vergessen, wie schwierig es war, etwas vor Werwölfen zu verbergen.
    »Gute Nacht, Mercy«, sagte er.
    Dann war er weg, und das Zimmer fühlte sich leerer an. Ich muss morgen Früh sofort hier verschwinden, dachte ich, als ich zuhörte, wie der Schnee unter seinen Schuhen knirschte.
    Ich war gerade damit beschäftigt, Seite vierzehn zum dritten Mal in dieser Nacht zu lesen, als jemand an die Tür klopfte »Ich bringe das Abendessen«, sagte eine angenehme Tenorstimme.
    Ich legte das Buch hin und öffnete die Tür.
    Ein junger Mann mit hellbraunem Haar und unauffälligem Gesicht in einem dunkelblauen Winterpullover brachte ein Plastiktablett mit zwei eingepackten Sandwiches und zwei Styroporbechern mit heißer Schokolade. Vielleicht lag es am Essen, aber mir fiel auf, dass Bran tatsächlich sehr nach einem typischen Lieferanten aussah, wenn er es darauf anlegte. Er blieb gerne unauffällig.
    Er lächelte, als ich in der Tür stehen blieb. »Charles sagt, Adam kommt wieder in Ordnung, und Samuel hat sich zum Narren gemacht.«
    »Samuel hat sich entschuldigt«, sagte ich, trat schließlich zurück und ließ ihn herein.
    In der Kochnische gab es einen Zwei-Platten-Kocher, einen
winzigen Kühlschrank und einen kleinen Resopaltisch mit zwei Stühlen. Bran warf einen Mantel, den er über den Arm gelegt hatte, aufs Bett, stellte das Tablett auf den Tisch und rückte alles zurecht, bis sich auf jeder Seite ein Sandwich und ein Becher befanden.
    »Charles hat auch gesagt, du hättest keinen Mantel, also habe ich dir einen gebracht. Ich dachte auch, dass du vielleicht gerne etwas zu essen hättest. Wenn du satt bist, können wir besprechen, was wir im Hinblick auf deinen Alpha und seine verschwundene Tochter unternehmen sollen.«
    Er setzte sich nach rechts und bedeutete mir, die linke Seite zu nehmen. Ich ließ mich ebenfalls nieder, und erst dann wurde mir klar, dass ich den ganzen Tag über noch nichts gegessen hatte. Ich hatte keinen Hunger gespürt und war auch jetzt immer noch nicht wirklich hungrig.
    Wie versprochen sagte er nichts, während ich aß und trank. Das Sandwich schmeckte nach Kühlschrank, aber im Kakao gab es Marshmallows und echte Vanille.
    Er selbst aß schneller als ich, wartete aber geduldig, bis ich fertig war. Das Sandwich war eine dieser riesigen Brotstangen, von denen man im Notfall eine ganze Woche leben konnte. Ich verspeiste einen Teil davon und wickelte den Rest wieder in die Plastikfolie ein, in der er es gebracht hatte. Bran hatte sein Brot bereits vollkommen niedergemacht, aber Werwölfe brauchen auch viel Nahrung.
    Meine Pflegemutter hatte oft gesagt: »Lass einen Werwolf nie hungern, oder er könnte dich zum Essen einladen.« Danach hatte sie ihrem Mann immer den Kopf getätschelt, auch wenn er gerade in Menschengestalt war.
    Ich weiß nicht, wieso ich gerade jetzt daran denken musste oder warum der Gedanke mir Tränen in die Augen trieb. Meine Pflegeeltern waren beide seit beinahe siebzehn Jahren
tot. Sie war gestorben, als sie versuchte, zum Werwolf zu werden, weil sie, wie sie mir sagte, jedes Jahr älter wurde und er nicht. Erheblich weniger Frauen werden zu Werwölfen, weil sie die Verwandlung einfach nicht so gut überleben. Mein Pflegevater starb einen Monat danach, vor Kummer. Ich war damals vierzehn Jahre alt gewesen.
    Ich trank einen Schluck Kakao und wartete darauf, dass Bran zu reden begann.
    Er seufzte tief und lehnte sich mit dem Stuhl zurück, sodass er auf zwei Beinen balancierte und seine Füße in der Luft baumelten.
    »Tu das nicht«, sagte ich.
    Er zog eine Braue hoch. »Was?«
    »Die Leute machen so etwas nicht – es sei denn, es sind Jungen im Teenageralter, die vor ihren Freundinnen verstecken wollen, wie nervös sie sind.«
    Abrupt setzte er die beiden Stuhlbeine wieder auf den Boden. »Danke.« Bran wirkte gerne so menschlich wie möglich, aber seine Dankbarkeit hatte eine gewisse Schärfe an sich. Ich trank schnell noch einen Schluck Kakao, damit er nicht sehen konnte, wie mich das amüsierte.
    Er stützte die Ellbogen auf den Tisch und faltete die Hände. »Was hast du jetzt vor, Mercy?«
    »Wie meinst du das?«
    »Adam ist in Sicherheit, und sein Körper wird heilen. Wir werden herausfinden, wie dein junger Freund umgebracht wurde. Was hast du vor?«
    Bran kann wirklich angsteinflößend sein. Er ist ein wenig telepathisch begabt – jedenfalls wird er das behaupten, wenn man fragt. Angeblich kann er mit jedem Werwolf, den er kennt, von Geist zu Geist sprechen.

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