Mercy Thompson 04 - Zeit der Jäger-retail-ok
unser Rudel«, sagte ich zu ihr und senkte kurz den Kopf. »Ihr Verlust wäre für lange Monate eine Wunde gewesen. Eure Heilung ist ein wertvolles und wunderbares Geschenk.«
Mary Jo keuchte und Paul vergaß, dass er wütend auf mich war. Er hatte kein besonderes Verhältnis zu ihr, oder sie zu ihm. Sie stand auf einen sehr netten Wolf namens Henry, und Paul war mit einer Menschenfrau verheiratet, die ich nie getroffen hatte. Aber Mary Jo war Rudel.
Ich hätte mich ebenfalls zu ihr umgedreht, aber die Frau aus dem Feenvolk hielt meinen Blick fest. Ihre dünnen Lippen verzogen sich zu einem kalten Lächeln. »Das ist diejenige, richtig?«
»Ja«, stimmte Onkel Mike vorsichtig zu. Er war normalerweise ein Freund. Seine Vorsicht verriet mir zwei Dinge. Diese Frau könnte mich verletzen, und Onkel Mike hatte nicht das Gefühl, sie aufhalten zu können, selbst hier in der Bar, dem Zentrum seiner Macht.
Sie musterte mich von oben bis unten mit dem Blick eines erfahrenen Kochs auf dem Wochenmarkt, der Tomaten nach Druckstellen untersucht. »Ich dachte mir schon, dass es nicht noch einen Kojoten geben würde, der so unüberlegt auf einen Schnee-Elfen klettert. Du schuldest mir hierfür nichts, Grüner Mann.«
Ich hatte schon früher gehört, wie Onkel Mike Grüner Mann genannt wurde. Ich war mir immer noch nicht sicher, was genau es bedeutete.
Und als die Frau ihre langen Finger ausstreckte und mich berührte, machte ich mir eigentlich nur noch Sorgen um mein eigenes Fell.
»Ich habe es nicht für dich getan, Kojote. Weißt du, wie viel Chaos du angerichtet hast? Die Morrigan sagt, das wäre deine Gabe. Tollkühn, schnell und das Glück auf ihrer Seite, genau wie Coyote selbst. Aber dieser alte Gauner stirbt in seinen Abenteuern – doch du wirst nicht fähig sein, dich mit dem kommenden Morgen wieder zusammenzusetzen.«
Ich sagte nichts. Ich hatte sie einfach für eine weitere Angehörige des Tri-Cities-Feenvolks gehalten, (überwiegend) Bewohner von Feenland, dem Feenvolk-Reservat ein Stück außerhalb von Walla Walla, erbaut, um entweder uns vor dem Feenvolk oder das Feenvolk vor uns anderen zu beschützen. Ihre Heilung von Mary Jo hatte mir einen Hinweis gegeben – magische Heilung ist keine häufige Gabe im Feenvolk.
Onkel Mikes Vorsicht sagte mir, dass sie furchterregend mächtig war.
»Wir werden uns zu einem späteren Zeitpunkt unterhalten, Grüner Mann.« Sie schaute wieder zu mir. »Wer bist du, kleiner Kojote, dass du bei den Mächtigen solche
Bestürzung auslösen kannst? Du hast unsere Gesetze gebrochen, doch deine Missachtung unserer Regeln war zu unserem größten Vorteil. Siebold Adelbertsmiter ist unschuldig und all der Ärger wurde von Menschen verursacht. Du musst bestraft werden – und belohnt.«
Sie lachte, als wäre ich ziemlich amüsant. »Betrachte dich als belohnt.«
Das Licht, das weiter um ihre Beine herumgewirbelt war, bewegte sich unruhig und verdunkelte sich, bis es einen dunklen Steinkreis von fast einem Meter Durchmesser, mit einer Dicke von fünfzehn Zentimetern, bildete. Er verfestigte sich unter ihren Füßen und hob sie ein Stück an, als wäre er Aladins Teppich. Die Seiten bogen sich nach oben und formten einen Teller – und die Erinnerung an eine alte Geschichte lieferte den Rest. Kein Teller, sondern ein Mörser – ein riesiger Mörser.
Und dann war sie weg. Nicht auf die Art und Weise, wie Stefan einfach verschwand, sondern nur so schnell, dass meine Augen ihr nicht folgen konnten. Ich hatte schon einmal einen vom Feenvolk durch feste Materie fliegen sehen, also war ich nicht überrascht, als sie es tat. Was gut war, weil ich gerade schon eine schreckliche Überraschung gehabt hatte. Ich brauchte keine weitere.
Die erste Regel über das Feenvolk ist, dass man ihre Aufmerksamkeit lieber nicht erregt – aber niemand sagt einem, was man tun soll, wenn es schon passiert ist.
»Ich dachte, die Baba Yaga wäre eine Hexe«, meinte ich dumpf zu Onkel Mike. Wer sonst würde in einem riesigen Mörser herumfliegen?
»Hexen sind nicht unsterblich«, erläuterte er. »Natürlich ist sie keine Hexe.«
Baba Yaga steht im Mittelpunkt von Geschichten aus ungefähr einem Dutzend osteuropäischer Geschichten. In den meisten davon ist sie nicht der Held. Sie frisst Kinder.
Ich schaute kurz zu Adam, aber er war immer noch auf Mary Jo konzentriert. Sie zitterte wie jemand am Rande der Unterkühlung, aber anscheinend war sie am Leben.
»Was ist mit der Tasche?«, fragte ich.
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