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Meridian - Flüsternde Seelen

Meridian - Flüsternde Seelen

Titel: Meridian - Flüsternde Seelen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amber Kizer
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Tische damit abzudecken.
    »Er hat sich davongeschlichen, um sich mit Juliet zu treffen, ohne mir etwas zu sagen.«
    »Aha, ich verstehe.« Rumi zog eine Augenbraue hoch, als glaubte er mir nicht, dass das der einzige Grund für meine Aufgebrachtheit war.
    »Und er will einfach nicht …« Ich klappte den Mund zu, peinlich berührt, weil ich beinahe das intimste Detail unserer Beziehung ausgeplaudert hätte.
    Rumis Stand war aus rustikalem Schmiedeeisen gefertigt und etwa so groß wie ein geräumiges Schlafzimmer. Weiße, auf dem Gestell drapierte Tüllvorhänge gaben der Konstruktion etwas Magisches, Mysteriöses und Anmutiges. Echte Kerzen und solche mit LED -Lichtern zierten die gläsernen Kerzenständer. Ein beeindruckender Kerzenleuchter aus klarem Glas überragte mich sogar. Links von uns nahm das Lager der französischen Soldaten und Siedler allmählich Gestalt an.
    Als ich in Tens’ Richtung schaute, nickte er, machte aber keine Anstalten, die Bühne zu verlassen.
    Ich war Rumi für sein Schweigen dankbar. Er ließ mich in Ruhe und fragte mich nicht mehr über unsere Beziehung aus. Wie ich allerdings beim Arbeiten bald bemerkte, lag das nicht daran, dass er mich nicht in meiner gedrückten Stimmung stören wollte.
    Als ich ihn schließlich ansah, stellte ich fest, dass er blass war und niedergeschlagen wirkte. »Fehlt dir etwas?«, erkundigte ich mich.
    »Lass uns die Plastikplane anbringen. Dann sind wir fertig.« Er räusperte sich.
    »Einverstanden, aber zuerst musst du mir erzählen, was du hast. Bitte. Dann verrate ich dir auch mehr über den Streit«, flehte ich in dem Versuch, an seine Neugier zu appellieren.
    »Gib nichts preis, was du später bereuen könntest, nur um einem alten Mann eine Freude zu machen und ihm das Gefühl zu geben, gebraucht zu werden. Tens wird das gar nicht gefallen.«
    Ich nickte. »Rumi, ich weiß, dass wir … ich … nicht sehr offen zu dir war.« Ich berührte ihn am Unterarm, damit er mich ansah. »Aber du, deine Geschichten und die Vergangenheit deiner Familie haben mir viel über mich selbst und vielleicht auch meine Zukunft verraten. Dafür bin ich dir wirklich dankbar.«
    Tränen traten ihm in die Augen, aber er lächelte mich an. »Ich habe mir immer eine Tochter gewünscht, weißt du? Es hat nicht sollen sein, aber du würdest dich prima eignen. Heute bin ich traurig. Es ist der Todestag meiner Ma. Jedes Jahr um diese Zeit bedauere ich, dass ich das Fest nicht mehr gemeinsam mit ihr erleben kann. Sie hat es geliebt und sich immer als Glühwürmchen verkleidet. Mit flatternden Flügeln und einem Hinterteil, das dank der modernen Technik geleuchtet hat.« Sein leises Auflachen endete mit einem Schniefen.
    »Als Glühwürmchen?« Eine seltsame Vorstellung. »Das hätte ich gern gesehen!«
    Er nickte. »Du wirst abends hier ganzen Schwärmen begegnen. Sie meinte, dass Glühwürmchen die Seelen der Verstorbenen auf die Erde zurückbringen, damit sie nach uns sehen können. Das Blinken sei das Zwinkern der Seelen. Stundenlang saß sie auf der Veranda und beobachtete bei Dämmerung, wie sie aus den Büschen kamen. Sie war durch und durch eine Sommerträumerin.«
    Die Insekten schienen Magie pur zu sein. »Ich kann es kaum erwarten.«
    Inzwischen hatte er die Plastikplane mit Schnüren befestigt. »Für die echten ist es noch zu früh. Noch längst nicht warm genug. Also wirst du sie nur in Form von Kunstobjekten oder Kostümen zu Gesicht bekommen. Aber vielleicht bist du im Sommer ja noch hier.«
    »Vielleicht.« Ich bezweifelte es. Schließlich konnte ich nicht einmal über den heutigen Tag hinausdenken, geschweige denn wissen, was unsere nächste Station sein würde.
    »Hast du dir schon überlegt, wie wir deine Waffenschwester retten können?«
    Nein, in letzter Zeit war ich zu sehr mit meiner rasenden Eifersucht beschäftigt gewesen, um ihr helfen zu wollen. »Äh … mir ist noch nichts eingefallen.«
    »Könnten wir sie nicht einfach entführen?« Obwohl Rumi sich zu einem Lächeln zwang, war klar, dass er es ernst meinte.
    »Das ist wahrscheinlich gesetzlich verboten und würde deshalb unserer Sache nur schaden.« Und wenn die Aternocti ihre Hände im Spiel hatten, würde es vermutlich auch gar nicht funktionieren.
    »Da könntest du recht haben. Aber ich glaube, wir sollten es Nelli erzählen.«
    »Äh …«, stammelte ich. Es waren bereits zu viele Leute eingeweiht.
    Ohne auf mein Herumgedruckse zu achten, trat er zurück, um unser Werk zu begutachten.

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